George Grosz braucht ein Museum
Bröhan-Museum zeigt Vielseitigkeit des KünstlersFast ein Vierteljahrhundert ist es her, daß Berlin einem seiner größten Künstler eine große Sonderausstellung widmete: George Grosz. Die jüngste Würdigung des Schaffens von George Grosz verantwortet das Bröhan-Museum, eigentlich spezialisiert auf den Jugendstil, mit dem sich George Grosz nur in seinen frühen Schaffensjahren auseinandergesetzt hatte. Um so mehr wird auch Dank dieser neuen Sonderausstellung deutlich, daß George Grosz in seiner Wahlheimat eine dauerhafte Bleibe braucht, denn zweifellos gehört er zu den bedeutendsten Künstlern, die diese Stadt in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts hervorgebracht hat.
Foto: Wecker
Das Bröhan-Museum krönt mit der Ausstellung „George Grosz in Berlin“ sein politisch orientiertes Ausstellungsprogramm, womit der Novemberrevolution vor 100 Jahren gedacht wird. Mit George Grosz wird „einer der bedeutendsten politisch-satirischen Künstler der Weimarer Republik gewürdigt. Er war von der Reaktion so gefürchtet, daß bereits Zeitschriften mit seinen frühesten Arbeiten verboten wurden. 1928 steht er wegen „Beleidigung der Reichswehr“, „Angriffs auf die öffentliche Moral“ und „Gotteslästerung“ vor Gericht. Als die Nazis an die Macht kommen, ist er bereits in den USA. Diesem Umstand verdankt er wahrscheinlich sein Leben. Mit Äxten stürmen die Totschläger der SA am Tag nach der Machtergreifung seine Wohnung in der Trautenaustraße und sein Atelier in der Nassauischen Straße. Die Nazis bürgern George Grosz aus, 285 seiner in öffentlichen Sammlungen befindlichen Werke werden beschlagnahmt und zum großen Teil vernichtet. Die Rückführung seiner in dieser Zeit verschollenen und gehandelten Arbeiten bildet eine der Schwierigkeiten beim Aufbau des angestrebten Grosz-Museums.
Foto: Wecker
Die Ausstellung im Bröhan-Museum wird von dem Grosz-Kenner und Verwalter seines künstlerischen Nachlasses Ralph Jentsch, Museumsdirektor Dr. Tobias Hoffmann und von Inga Remmers kuratiert, die mit ihrem ersten öffentlichen Auftrtt gleich ein Ausrufezeichen in der Kunstszene setzt. Die Ausstellung präsentiert über 200 Werke aus Berliner Museen, Privatsammlungen, dem Kunsthandel und aus dem Nachlaß, die größtenteils sonst nicht öffentlich zugänglich sind. Ein Vorzug dieser Ausstellung ist, daß die Vielseitigkeit von George Grosz gezeigt wird. Er wird hier auch als Landschaftsmaler, Dadaist, Fotograf, als Kostüm- und Bühnenbildner, Marionettengestalter, Plakatkünstler, als Flaneur, Comiczeichner und als Vorreiter der Pop-Art vorgestellt.
Foto: Wecker
Direktor Dr. Tobias Hoffmann will mit dieser Ausstellung den Gründungsprozeß für ein künftiges George-Grosz-Museum in dessen Wahlheimat Berlin unterstützen, wohin er wenige Monate vor seinem Tod 1959 aus dem US-Exil zurückgekehrt ist. Er bezog eine Wohnung am Savignyplatz Nr. 5.
Das künftige Museum soll von einem noch zu gründenden „Freundeskreis George Grosz“, getragen werden, führte anläßlich der Ausstellungseröffnung Initiator Ralph Jentsch aus. Für das Museum hat Ralph Jentsch über Jahrzehnte „weit über 100 000 Dokumente und Fotografien gesammelt.
Gemälde: Cain or Hitler in Hell. 1944.
Repro: Wecker
Auch zu dieser Ausstellung bietet das Bröhan-Museum wieder ein umfangreiches Begleitprogramm. Dazu gehöre Angebote für Schulklassen, denen kostenlos Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt wird. (Tel. 326 906 25). Jeden 1. Mittwoch des Monats ist der Eintritt wie auch die Teilnahme an der Führung um 16 Uhr frei. Jeden Sonntag gibt es um 15 Uhr Führungen durch die Ausstellung.Weitere Informationen über Konzerte, Familiensonntage, Workshops und die Druckwerkstatt gibt es im Internet unter: www.broehan-museum.de/aktuelles/george-grosz-in-berlin. Das Museum in der Schloßstraße 1a ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr und an allen Feiertagen geöffnet. Der Eintritt beträgt 8, ermäßigt 5 Euro.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 20. Oktober 2018 - 00:24
Tags: ausstellung/fotografie/malerei/museum
zwei Kommentare
Kein Trackback
Trackback link:
Eine verdienstvolle Ausstellung, auch weil sie George Grosz’ Schaffen über die ganze Zeitspanne von seiner Jugend bis zum Ende der 1950er Jahre zeigt.
Aber andererseits auch eine Ausstellung, die die typischen Mängel heutiger Ausstellungen hat, die für die einen oder anderen Besucher beeinträchtigend wirken:
- die (erfreulich häufigen) Beschreibungen von Bildern sind oft schlecht lesbar, weil im Hinblick auf das vielfach vorherrschende Halbdunkel nicht kräftig genug gedruckt
- andererseits fehlt wiederholt eine Erläuterung, so daß man sich z.B. zwar "mitfreuen" kann, daß "Wir sind nun Minister" (1924), aber nicht weiß, welcher Partei sie zugehörten
- besonders bei den Zyklen muß der Betrachter abzählen, auf das wievielte Bild sich die Erläuterung bezieht, statt daß am Rahmen der Bilder die betreffenden Nummern verzeichnet sind, was aber offenbar aus ausstellungsdogmatischen Gründen nicht geht ("stört den Kunstgenuß")
- fremdsprachige Titel und Unterschriften bleiben fast durchgehend unübersetzt.
Es ist schade, daß auch hier diese für so viele Ausstellungen typischen Beeinträchtigungen wiederholt werden, statt darauf abzuzielen, den Betrachtern den Zugang zu den Werken bestmöglich zu ebnen.