Vier Geliebte in einer Person
Deutsche Oper zeigt „Hoffmanns Erzählungen“Wenn solch ein Jurist dann auch noch literarisch inspiriert und selbst jenen Sünden verfallen ist, kann der Dichter selbst zur literarischen Figur werden. Jaques Offenbach machte den Schriftsteller E. T. A. Hoffmann zum Helden seiner Oper „Hoffmanns Erzählungen“. In der Weinschenke „Lutter und Wegner“ am Gendarmenmarkt, wo sich E. T. A. Hoffmann tatsächlich gern aufgehalten hat, läßt der Komponist den preußischen Staatsdiener und Dichter plaudern.
Drei seiner verwegenen, erotischen und mysteriösen Geschichten wollte Offenbach in den Mittelpunkt einer Rahmenhandlung um den Dichter stellen, doch leider ist das Libretto dieser Oper nicht mehr fertig geworden. Immerhin hinterließ Offenbach soviel musikalisches Material, das es unbedingt zu Gehör gebracht werden sollte. So setzten die künstlerischen Erben die vorhandenen Szenen in unterschiedlichen Varianten und Szenenfolgen zusammen und ergänzten diese. Getragen von den Melodien gehört „Hoffmanns Erzählungen“ dennoch zu den beliebtesten Opern im internationalen Repertoire.
Foto: Wecker
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Mit dem französischen Regisseur Laurent Pelly ist diese Oper unter ihrem Originaltitel „Les Contes D’Hoffmann“ wieder nach Berlin zurückgekehrt, wo sie am 1. Dezember, sieben Monate vor dem 200. Geburtstag des Komponisten, Premiere hatte. Wie viele andere Regisseure ist auch er der Überzeugung, daß seine Version den ursprünglichen Intentionen Offenbachs nahekomme. Immerhin erzählt er eine schlüssige Geschichte, die sich an die zur Uraufführung an der Pariser Opera-comique gespielte Fassung anlehnt. Etliche Rezitative wurden darin zu Gunsten von Sprechpartien aufgelöst, was dem Erzählfluß gut bekomme. Seine Inszenierung wurde schon in anderer Besetzung erfolgreich in San Francisco und Lyon gezeigt. Dem dürften die Sänger der Deutschen Oper nicht nachstehen.
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Hoffmann ist auch in dieser Inszenierung der dramatische Bühnenheld, der sich immer wieder mit seinem künstlerischen Anspruch auseinandersetzt und dabei von Dämonen gequält wird, aber die eigentlich die Handlung vorantreibende Figur ist die Muse. Sie provoziert und treibt ihn schließlich in die tragischen Situationen und Vorfälle, die Hoffmann ins Unglück stürzen. Hoffmann wird von dem schwedischen Tenor Daniel Johansson dargestellt. Er überzeugte bereits in dieser Rolle bei den Bregenzer Festspielen. Nachdem er sich auf den großen skandinavischen Bühnen in zahlreichen Rollen in die Herzen des Publikums gespielt hatte, wurde er dem Berliner Publikum als Don Jose in „Carmen“ bekannt. Die Muse und der Hoffmannbegleiter Nicklausse wird von der Us-amerikanischen Mezzosopranistin Irene Roberts gespielt. In dieser Rolle gab sie an der San Francisco Opera ihr Debüt und errang sie an der Palm Beach Opera Erfolge. Auch sie gewann in der Titelpartie von „Carmen“ und als Urbain in Les Huguenots die Herzen der Berliner. Gleich vier Rollen ganz unterschiedlicher Art verkörpert in dieser Inszenierung Cristina Pasaroiu. Gemeinsam ist den Rollen, daß es sich jeweils um Geliebte Hoffmanns handelt. Sie spielt die Sängerin Stella, deren Allüren Hoffmann nicht aus dem Sinn gehen, die mechanische Puppe Olympia, eine Rolle die Cristina Pasaroiu auf Rollschuhen absolviert und sie hoch über der Bühne schweben läßt, sie spielt die in den Tod gertiebene Sängerin Antonia und schließlich die Kurtisane Giulietta, die mit der berühmten Barcarole Hoffmann um den Verstand bringt. „Ich glaube, ich habe noch nie zuvor eine so negative Rolle gespielt“, sagt Cristina Pasaroiu.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 05. Dezember 2018 - 00:12
Tags: gesang/konzert/oper
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