Eine Idee verändert das Leben
100 Jahre Bauhaus im Bröhan-MuseumVor 100 Jahren wurde von Walter Gropius in Weimar eine Kunstschule gegründet, deren Name „Bauhaus“ zur Legende werden sollte. Der Schule lag der Gedanke zugrunde, Kunst und Handwerk bei der Gestaltung von Gebrauchsgegenständen zusammenzuführen. Die sogenannten angewandten Künste sollten den Alltag für jedermann verschönern.
Von der Gestaltung des Lebensraumes in den Städten, in den Gebäuden, auf den Straßen, der Arbeits- und Erholungswelt, bei Tisch und im Bett sollte der gesamte Alltag funktional und ästhetisch gestaltet werden. Mittels der industriellen Fertigung und einfacher Konstruktion sollten die Produkte zugleich billig angeboten werden können, so daß es sich jeder leisten kann. Arbeiterwohnsiedlungen wie Siemensstadt oder Jungfernheide, die unter Beteiligung des Architekten Walter Gropius nach diesen Gedanken entwickelt wurden, gehören noch heute zu den begehrtesten Wohnlagen.
Dieser für ganze soziale Schichten durch Ästhetik errungene Gewinn an Lebensqualität wird im Jubiläumsjahr des Bauhauses mit zahlreichen Veranstaltungen im In- und Ausland gewürdigt. Allein das Eröffnungsfestival der bundesweiten Feierlichkeiten in der Akademie der Künste verzeichnete in den ersten fünf Tagen 5000 Besucher. Deutschlandweit wird der 100. Geburtstag des Bauhauses mit 180 größeren Veranstaltungen gewürdigt. Zu den Einrichtungen, die in Berlin den Auftakt geben, gehört das Bröhan-Museum mit seiner Ausstellung „Von Arts and Crafts zum Bauhaus. Kunst und Design – eine neue Einheit!“
Spielzeugschubkarre 1920 von dem Bauhauskünstler Gerrit Rietveld gestaltet.
Foto: Wecker
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im Hintergrund ist eine Anrichte von 1900 zu sehen.
Foto: Wecker
von Heinrich-Siegfried Bormann in den Büros Einzug.
Foto: Wecker
Kunstgeschichtlich ordnet sich der Gegenstand dieses Museums für Jugendstil vor dem Bauhaus ein. Entsprechend nutzt es seine Kompetenz, um die entscheidenden Entwicklungsschritte, die zum Bauhaus führten, darzustellen: „von Arts and Crafts in England über die Glasgow-School, dem Wiener Jugendstil, den Deutschen Werkbund, die holländische Gruppe De Stijl bis zum Weimarer und Dessauer Bauhaus.“ Für dieses Vorhaben kann das Museum auf eine gediegene eigene Sammlung und exzellente Exponate zurückgreifen, die teils in dieser Ausstellung erstmals zu sehen sind.
Zu solchen herausragenden Exponaten gehört aus einer Privatsammlung ein von Edward William Godwin 1867 geschaffenes Buffet. Über 50 Jahre vor dem Bauhaus nimmt es mit seiner geometrischen Struktur, dem rein auf die Funktion ausgerichteten Aufbau und dem erkennbaren Konstruktionsprinzip wesentliche Elemente vorweg. Dies ist jedoch weniger sozial-ästhetischen Überlegungen geschuldet als vielmehr einer japanischen Modewelle, nachdem sich dieses fernöstliche Land auf imperialen Druck Großbritanniens dem Westen gegenüber öffnete. An Japan erinnern die glatten gedunkelten Oberflächen, die geometrische Silhouette und das Wechselspiel von offenen und geschlossenen Flächen. Dieses Buffet stand im Wohnzimmer des Gestalters, wo er gemeinsam mit der Schauspielerin Ellen Terry lebte, die als eine der ersten Britinnen einen Kimono trug. In dieser Abteilung findet sich auch Godwins Bücherschrank von 1871, der möglicherweise zum ersten Mal ausgestellt wird.
Foto: Wecker
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Auf eine andere Inspirationsquelle des Bauhauses verweist der ebenfalls in dieser Abteilung ausgestellte Hochzeitsschrank von Arthur William Blomfield, der um 1862 entstanden ist. Hier ist es die Rückbesinnung auf das Mittelalter, woraus die Arts and Crafts Bewgung ihre Leitidee der Wiedervereinigung von Kunst und Handwerk ableitete. Vorbild war die gotische Kathedrale, die als Gesamtkunstwerk verstanden wurde, als ein Ineinandergehen aller Künste von der Architektur bis zur Tischlerei.
Auf diese „Kathedrale der Zukunft“ griff Walter Gropius wieder zurück, nicht indem er Kunst mit Handwerk, sondern mit der industriellen Fertigung verbinden wollte. Das führte ihn zur Auffassung von der „totalen Architektur“, die der Bauhauskünstler Laszlo Moholy-Nagy zu einer Synthese aller Lebensmomente in einem umfassenden Gesamtwerk Leben weiterführte. Das Großartige an der Ausstellung im Bröhan-Museum ist, daß die einzelnen Entwicklungsschritte und auch deren Gegenströmungen Abteilung für Abteilung anschaulich nachvollziehbar werden.
Leider soll diese Ausstellung nur bis zum 5. Mai in der Schloßstraße 1a zu sehen sein. Sie ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr und an allen Feiertagen geöffnet. Der Eintritt beträgt 8, ermäßigt 5 Euro. Jeden 1. Mittwoch des Monats ist der Eintritt frei. Zur Ausstellung wird wieder ein umfangreiches Begleitprogramm geboten, das im Internet eingesehen werden kann. Dazu gehören unter anderem kostenlose Führungen, Familiensonntage, Workshops und Programme für Schulen. Informationen zu diesen Angeboten gibt es im Internet unter: www.broehan-museum.de.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Kunst und Kultur - 29. Januar 2019 - 00:24
Tags: ausstellung/design/gestaltung/museum
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