Afghanistan, Iran, Nordkorea: immer gut für eine Einmischung
Nachdem am 23. Juni der 33., 34. und 35. Bundeswehrsoldat in Afghanistan zu Tode gekommen sind (hinzu kommen drei tote deutsche Polizisten), streiten sich die 'Volksparteien' (und mit ihnen im Bunde die entsprechenden Medien) darum, ob es sich dort um einen 'Krieg' handelt (Struck/SPD) und folglich diese Soldaten 'gefallen' (?) sind oder um 'Kampfhandlungen' (Jung/CDU), in deren Verlauf sie Opfer eines 'Unfalls' bei der 'Verbrechensbekämpfung' wurden. Egal, worauf sich die beiden Seiten eventuell einigen, sie machen auf alle Fälle weiter mit dieser schärfsten Form staatlicher Einmischung in einen anderen Staat (zum historischen Hintergrund der deutschen Aktivitäten dort siehe "Was hat Deutschland eigentlich mit Afghanistan zu schaffen?").
Da Einmischung dieser Art - besonders mit einer wachsenden Anzahl von Toten - jedoch bei der deutschen Bevölkerung sehr unpopulär ist, ist es eminent wichtig, ihr einen positiven Anstrich zu geben, der natürlich abhängig ist von Zeit und Land; so kommen z.B. 'Verteidigung der deutschen
Wirtschaftsinteressen' oder 'Weltrevolution' nicht mehr infrage. Gut kommt hingegen heutzutage an, sich für seine Umwelt zu interessieren und 'Verantwortung' zu übernehmen (weswegen die Schröders, Fischers, Merkels und Steinmeiers das gern auf ihre Fahnen schreiben): Verantwortung für die Sicherheit Deutschlands (Afghanistan), für Menschenrechte und das demokratische Recht auf freie Wahlen (Iran), für den Weltfrieden (Iran, Nordkorea). Sogar an den menschlichen Anstand der "deutschen Mehrheit (?), in deren Namen (?) diese meist jungen Menschen ihr Leben lassen", wird appelliert, wenn Der Tagesspiegel vom 25.6.2009 auf Seite 1 Dauergrabpflege auf Staatskosten fordert: also Verantwortung für die Toten statt für ihr Leben.
Gleichzeitig gehört es unbedingt dazu, den Gegner herabzusetzen, indem man ihn - eher pathetisch - Schurkenstaat (rogue state), Achse des Bösen (axis of evil) oder - eher juristisch-nüchtern - Terroristen, Verbrecher, Kriminellen nennt - wobei man sich selbst als Teil der gern beschworenen
'Staatengemeinschaft' sieht.
Das Problem dabei ist, daß es zwar vieles auf der Welt (einschließlich im eigenen Land) gibt, was nach Solidarität und Eingreifen geradezu schreit, daß aber Politiker und Staaten dabei gänzlich ungeeignete Bündnispartner oder gar Anführer sind, da sie nun einmal machtpolitische Ziele und Rücksichten im Sinn haben. Das kann man immer wieder gut erkennen, wenn sie (und ihre Helfer in den Medien) vergleichbare Sachverhalte je nach Interessenlage unterschiedlich behandeln: z.B. Wahlfälschung (Bush jun. Florida 2000 vs. Iran 2009) oder Atomwaffen (Indien, Pakistan, Israel vs. Iran, Nordkorea, ganz zu schweigen davon, daß die größten Atomwaffenbesitzer, also die USA, Rußland, Großbritannien, Frankreich und China, dabei gänzlich unerwähnt bleiben).
(Fortsetzung: Korea: immer gut für eine Einmischung - Teil 2)
MichaelR
Michael R. - Gastautoren, Gesellschaft, Politik - 28. Juni 2009 - 17:30
Tags: afghanistan/bundeswehr/kampfhandlung/krieg/verbrechensbekämpfung
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