Wiedereröffnung des Berggruenmuseums: Haus ohne Geschichte
Am Wochenende standen die Berliner Schlange vor einem Haus, welches den Begriff für hochwertige moderne Kunst der Neuzeit in Charlottenburg repräsentiert.
Aber was wissen die Kunstinteressierten über die Nutzung des Hauses von der Zeit vor der Zeit, als es von den Staatlichen Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz an den jüdischen Sammler Heinz Berggruen übergeben wurde? Auf der Website des Museums wird die ursprüngliche Nutzung der westlichen und östlichen Stülergebäude völlig übergangen, die Website des Bezirksamts erwähnt die Nutzung als Offizierskasernen der Gardes du Corps.
Nach dem 1. Weltkrieg zerfiel das Deutsche Kaiserreich, und es war kein Platz mehr für Preußens Herrlichkeit, und zu dieser gehörte auch die Armee, und damit entbehrte Charlottenburg auch der Gardes du Corps.
Nun scheint in der Erinnerung des Bezirkes zwischen Kaiserreich und BRD nichts anderes als Leerstand existiert zu haben. Dem war aber nicht so: 1927 - in der Weimarer Republik - zog ein Polizeiinstitut in das verlassene Gebäude des heutigen Bröhan-Museums. Die wissenschaftliche Erforschung des "Bösen" durch kriminaltechnische Forschung war in den Ursprüngen. Hier sollte der Nachwuchs geschult werden, Führungskader auserlesen werden.
Dies weilte aber nicht lange. Denn mit der Machtergreifung der Nazis wurde das Polizeiinstitut der Gestapo zugeordnet, ehe es 1937 zur Führerschule der Sicherheitspolizei (Sipo) und des Sichheitsdienstes (SD) als Teil des Reichsicherheitshauptamtes SS umgewandelt wurde. Walter Zirpins, bekannt durch seine Ermittlungen im Reichstagsbrandprozeß, wirkte hier.
Erstmals bekannt wurde das Institut als zentrale Ausbildungsstätte im Reichssicherheitshauptamt (Leiter Heydrich) als Amt IB unter Erwin Schulz und Rudolf Hotzel und für seine Kommissarlehrgänge, deren Teilnehmer hinter der Ostfront in den Einsatzgruppen in der Bekämpfung "jüdischer und bolchewistischer Minderheiten" berühmt wurden.
Sie nannten sich "Charlottenburger", weil 33 von 47 Leitungskadern nach 1945 aus diesen Lehrgängen kamen und das BKA der BRD bis in die Sechziger fest in ihrer Hand hatten. Dieter Schenk war es, der als erster - als Mitarbeiter des BKA - sich der Geschichte der "Charlottenburger" widmete und auch im ehemaligen Heimatmuseum vor ca. 5 Jahren referierte.
Mit der Wiedereröffnung des Museums Berggruen ist es Zeit, in Zusammenarbeit mit der Stiftung Staatlicher Museen Preußischer Kulturbesitz, dem Kulturstaatssekretär André Schmitz, dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf und dem Polizeipräsidenten Berlin in den nächsten Monaten eine weitere "Berliner Geschichtsmeile" vor den Museumsgebäuden in der Schloßstraße - im Andenken an dieses dunkle Kapitel deutscher Polizeigeschichte - aufzustellen. Ein Begleitprogramm ist vorgesehen.
Joachim Neu - Gastautoren, Geschichte - 22. März 2013 - 21:30
Tags: bka/dieter_schenk/schloßstraße
vier Kommentare
Nr. 2, neu, 21.04.2013 - 19:01 Es tut sich was: Frage der Verordneten Rouhani (Grüne) in der März-BVV: Wiedereröffnung des Berggruen-Museums – zeitgleiche Errichtung der Stele zur Erinnerung an die Nutzungsgeschichte der Stüler-Bauten gescheitert Ich frage das Bezirksamt: 1. Inwieweit hat das Bezirksamt die Absicht der Stiftung Preußischer Kulturbesitz unterstützt, am Gebäudekomplex Schloßstr. 1 durch eine zweisprachige Stele nach dem Konzept der Berliner Geschichtsmeile an die ehemalige „Führungsschule der Sicherheitspolizei und des SD“ zu erinnern? 2. Woran ist die durch BVV-Beschluss (DS 0313/4) angestrebte Errichtung der Stele im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung des Museums Berggruen gescheitert? Sehr geehrte Frau Bezirksverordnetenvorsteherin, die Mündliche Anfrage beantworte ich im Namen des Bezirksamtes wie folgt: Zu 1 und 2: Das Bezirksamt unterstützt das Begehren der BVV, eine Stele vor dem Gebäudekomplex Schloß str. 1 zu errichten. Dazu hat das Bezirksamt Kontakt mit der Senatskanzlei-Kulturelle Angelegenheiten- (Skzl.) und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPKB) aufgenommen. Alle drei Seiten haben sich auf folgende Vorgehensweise verständigt. Die SPKB finanziert die Stele, die Skzl. erarbeitet das Konzept und gibt die Stele in Auftrag. Das Bezirksamt sorgt für die Genehmigung und ist Sondernutzer i. s. d. Berliner Straßengesetzes. Darüber hinaus verpflichtet sich das Bezirksamt zur baulichen Unterhaltung der Stele. Diese Klärungen und Vorbereitungen benötigen einige Zeit, Qualität der Planung ging vor Schnelligkeit. Die Aufstellung wird im Sommer erfolgen, ein geeignetes Datum könnte der Vorabend des 20. Juli 2013 sein. Mit freundlichen Grüßen Klaus-Dieter Gröhler Drucksache – 0563/4 (9. Mündliche Anfrage) http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w.. Kommentar im Kommentar: Nicht nur,daß Gröhler mal – wie so oft – nicht auf die fragen eingeht, so suggeriert er noch, daß die initiative von der bvv und dem bezirk ausgegangen sei.Dem ist aber nicht so, sondern es kam aus der bürgerschaft heraus. Er scheint auch nicht zu verstehen, dass es sich hier um einen ort der “Täterschaft” und nicht des “Widerstandes” handelt, sonst wäre er nicht mit dem – und dann noch in den sommerferien – terminvorschlag des konservativen Aufstandes vom “20.Juli” gekommen. Hier noch ein Lit.vorschlag: http://www.bpb.de/presse/157507/die-deut.. |
Nr. 4, neu, 24.04.2013 - 16:56 die braunen wurzeln des BKA führen nach Charlottenburg: http://m.faz.net/aktuell/politik/inland/.. |
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Einige Fundsachen
Ein Foto von damals im Tagesspiegel:
http://www.tagesspiegel.de/mediacenter/f..
Weitere Presseartikel
Süddeutsche vom 25.06.2012:
http://www.sueddeutsche.de/politik/bunde..
taz vom 07.04.2011
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artik..