Straßen und Plätze: Der Schwarze Graben im heutigen Straßennetz
Den Schwarzen oder Haupt-Graben in Wilmersdorf, Schöneberg und Charlottenburg gibt es zwar seit Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr, aber sein Verlauf hatte Einfluß auf die Stadtplanung und ist daher auch heute noch erkennbar an verschiedenen Grünzügen und Straßenverläufen.
Im Internet werden jeweils nur kürzere Abschnitte des Schwarzen Grabens dargestellt. (1) Daher dienen im folgenden vorwiegend historische Pläne als Grundlage, um seinen Verlauf im heutigen Stadtbild aufzuzeigen.
Darstellung in Karten und Plänen
Die Karte von 1680 zeigt den Bach „Schwarzer Graben“ von seinem damaligen Ursprung nordwestlich des Botanischen Gartens (Kleistpark (2)) bis zur Einmündung in die Spree kurz oberhalb der Schloßbrücke, wobei er auf dem Weg dorthin das sumpfige Hopfenbruch durchfloß, den Kurfürstendamm am Priesterweg (Leibnizstraße) unterquerte und den Abfluß des Lietzensees aufnahm.
Der Plan von 1800 stellt den im 18. Jahrhundert künstlich geschaffenen südlichen Grabenteil (hier namenlos) vom Wilmersdorfer See bis zum Botanischen Garten dar. Mit diesem Vorflutgraben wurde das sumpfige Fenn zwischen Wilmersdorf und Schöneberg entwässert und Regenwasser abgeführt. Der Graben lief unmittelbar hinter dem Dorf Schöneberg entlang, parallel zur Hauptstraße, und bog nach Unterquerung der Akazienstraße nach Norden ab, direkt auf den (ehemaligen) Bach zu. Gleichzeitig war dieser nach Osten verlängert und insgesamt zu einem Abflußgraben (auch für das grabenabwärts liegende Hopfenbruch) ausgebaut worden und wurde jetzt als „Haupt-Graben“ bezeichnet.
Der Plan von 1860 von „Berlin und Umgegend“ zeigt,
daß 60 Jahre später keine nennenswerten Veränderungen stattgefunden
haben. Der Graben trägt jetzt in seinem Oberlauf den Namen „Großes
Fenn“.
Im
Schöneberger Teil des Hobrechtplans
von 1862 ist zu erkennen, wie der Graben nach
seinem Knick Richtung Norden die Straße 13 (Grunewaldstaße) unterquert
und dann schräg von der einen auf die andere Seite der Straße 12 zieht.
(3) Allerdings ist dieser Teil der Straße 12 nicht so realisiert worden,
stattdessen wurde auf dem später zugeschütteten Graben die Gleditschstraße angelegt. (4)
Im
Charlottenburger Teil des Hobrechtplans (hier mit Überlagerung der
Stadtbahn ab 1882) läßt sich anhand des Straßennetzes der Verlauf des
Schwarzen Grabens gut nachvollziehen. Noch ist die Giesebrechtstraße (die nach 1893
anstelle des Grabens angelegt wurde: siehe unteren roten Pfeil) nicht
einmal geplant, wohingegen die Planungen rund um den „Stuttgarter Platz“
später nicht in der vorgesehenen Weise umgesetzt wurden.
1880
wurde der gesamte Schwarze Graben auf Schöneberger Gebiet zwischen
Mühlenstraße (Dominicustraße) und Kaiserallee (Bundesallee) unterirdisch verlegt (5), und in den Jahren
zwischen 1887 und 1889 folgte Charlottenburg, so daß schließlich vom
Wilmersdorfer See bis zur Einmündung des Lietzenseeabflusses an der
Scharrenstraße (Schustehrusstraße) der Graben
zugeschüttet war. Das Stück zwischen Scharrenstraße und Spree bestand
noch in den 1890er Jahren, wie hier zu sehen ist:
„Umgebung von Berlin“, Bibliographisches Institut Leipzig, 1894. Erst der
„Pharus
Plan Berlin“ von 1906 zeigt – nach der
Verrohrung des Lietzenseeabflusses bis zur Spree – an dessen Stelle
Hebbel- und Lohmeyerstraße.
Der Schwarze Graben im heutigen Stadtbild
In
folgenden Grünanlagen und Straßen läßt sich also der Schwarze Graben
heutzutage wiederfinden: Volkspark Wilmersdorf – Rudolph-Wilde-Park –
Heinrich-Lassen-Park – Gleditschstraße – Winterfeldtstraße –
Viktoria-Luise-Platz – Regensburger Straße – Pariser Straße –
Giesebrechtstraße – Ostende des Stuttgarter Platzes –
Kaiser-Friedrich-Straße – Lohmeyerstraße. Noch bis in die heutige Zeit
wirken der Schwarze Graben und sein Zufluß vom Lietzensee nach, wie
gelegentliche Schäden an Häusern zeigen, die auf dem sumpfigen
Untergrund gebaut wurden, z.B. am Heinrich-Lassen-Park (6) und im
„Nassen
Dreieck“.
MichaelR
Herzlichen Dank an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Umwelt für die Überlassung der Karte 5 und an das Schöneberger Archiv
für seine freundliche Unterstützung.
Literatur:
Fred
Niedobitek, Die Entwicklung der Stadthygiene und Gesundheitspflege in
Schöneberg im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Zeittafel zum Bau
der Kanalisation in Schöneberg (Archiv Schöneberg: SG 280)
Helmut Winz, Es war in Schöneberg. Aus 700 Jahren Schöneberger Geschichte, 1964 (Archiv Schöneberg SG 129b)
Bildquellen:
Karte 1: Schwarzer Graben zwischen Botanischem Garten und Spree, um 1680 (Zeichnung nach
Fischer/Eckler/Scholtze, Erzählungen aus der Geschichte Charlottenburgs,
1987)
Wikipedia:
Karte 2: Altes Gebiet von Wilmersdorf bei Berlin mit Grunewaldseenkette (Ausschnitt), 1800
Karte 3 (Ausschnitt): "Berlin Karte" Stahlstich 1860
Karte 4 (Ausschnitt): "Übersichtskarte des Bebauungsplanes der Umgebungen Berlins." 1862
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt:
Karte 5: "Bereich des Stuttgarter Platzes im Jahr 1862 mit Überlagerung des späteren Stadtbahnverlaufes (ab 1882)"
Copyright: Landesarchiv Berlin und Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
Württembergische Straße 6
10707 Berlin
(1) Darunter: Wilmersdorfer See – Rudolph-Wilde-Park – Regensburger und Pariser Straße – Kurfürstendamm, Kurfürstendammgesellschaft – Stuttgarter Platz und Kaiser-Friedrich-Straße – Zillestraße – Schustehrusstraße. Die einzige Gesamtdarstellung befindet sich hier (Teil I).
(2) Die heutigen Namen sind kursiv gesetzt.
(3) Deren nördlicher Abschnitt wurde zusammen mit der Straße 14 zum Winterfeldtplatz, flankiert von Golzstraße und Gleditschstraße.
(4) Vgl. Bebauungsplan der Umgebungen Berlins, 1:4000, Abteilung IV, revidirt im Jahre 1887 (Archiv Schöneberg)
(5) Es handelte sich um eine Tonrohrleitung von 50-60 cm Ø, die den zum Abwasser- und Fäkalienkanal mutierten Graben aufnahm. „In Charlottenburg ergaben sich völlig unhaltbare Zustände, denn hier ging der Schwarze Graben noch offen durch das Gelände.“ Erst durch einen Vertrag von Wilmersdorf, Friedenau und Schöneberg mit Charlottenburg aus dem Jahr 1888 über den Bau einer Kanalisation, in die die Abwässer eingeleitet werden sollten, „erhielt Charlottenburg die Berechtigung, den Schwarzen Graben zu beseitigen“. (Winz, S. 120 und Niedobitek, S. 1; siehe auch den Abschnitt „Der Schwarze Graben“)
MichaelR - Gastautoren, Geschichte - 11. Januar 2015 - 18:42
Tags: graben/kanalisation/plätze/stadtgeschichte/straßen/sumpf
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