Langer Aufstieg und kurzes Ende des „Ökokiezes“
Basisdaten
Er machte um 2008/09 mit der Untersuchung „Prima Klima am Klausenerplatz“ seine ersten Schritte.
Seine Hoch-Zeit begann er nach 6jährigem Hin und Her im August 2014 mit der Einsetzung eines „Klimaschutzmanagements“.
Er endete ziemlich still am 6. Juli 2017 abseits seines Viertels im makrobiotischen Lokal Natural‘Mente, in Anwesenheit von 2 Dutzend Teilnehmern – Bezirksstadtrat und andere Bezirksbeamten, Vorsitzender und einzelne Mitglieder des lokalen Vereins „Kiezbündnis“ sowie einige geladene Gäste aus entfernteren BIs – bei Power-Point-Präsentation und anschließendem Empfang.
Er kostete nachweislich 212.511,69 € (siehe Fußnote) – nicht eingerechnet die stets verschwiegenen Personalkosten im Umweltamt und anderswo für →die Vorbereitung des Antrags auf Förderung des „Klimaschutzkonzepts“ sowie →des Antrags auf Förderung des „Klimaschutzmanagements“, für →die Bearbeitung der verschiedenen „Nachforderungen“ des Projektträgers und →der Bewerbungen um die Stelle des Klimaschutzmanagers. Also bald an ¼ Mio. € öffentlicher Gelder.
Die drei zentralen Punkte des „Ökokiez“-Projektes
„Senkung der CO2-Emissionen“ Er basierte auf einem Klimaschutzprogramm, in dessen „Mittelpunkt … ein Paket von Maßnahmen [steht], die zur Senkung der CO2-Emissionen beitragen“ (Umweltamt) – ein Programm, das ausgerechnet in einem ½ km² großen Viertel unseres Bezirks ausgeführt wurde, das bereits im Jahr 2008 den Zielvorstellungen des Senats für CO2-Emissionen im Jahr 2030 voll entsprach, während andere Teile des Bezirks aus rein sachlichen Gründen solch ein Programm (bzw. entsprechende politische Aktivitäten) wesentlich notwendiger brauchten und brauchen.*
Wurde dieser Hauptzweck erreicht? Laut scheidendem Klimaschutzmanager ist das „schwer zu ermitteln“ (Telefonat 31.5.2017). Verständlich, daß es da den Stadtrat (Grünpartei) bis heute nicht drängt, pflichtgemäß der Öffentlichkeit nachzuweisen, daß ihr Steuergeld auftragsgemäß ausgegeben wurde. Auf die Frage, wo denn der seit August 2016 überfällige Bericht „zum Stand der Umsetzung und den Grad der Zielerreichung“ sei, antwortete er im Februar 2017 forsch: „In der Verschiebung eines Berichtstermins wird seitens des Bezirksamtes weder eine Pflichtwidrigkeit noch ein Verstoß gesehen.“ (4. Einwohnerfrage). Auch jetzt zum Ende des „Ökokiezes“ liegt der Bericht nicht vor.
Tatsächlich hat der Bezirk in Sachen „Ökokiez“ 9 Jahre lang die öffentliche Diskussion gescheut, zu der er oft genug Gelegenheit hatte: siehe dazu die Liste aller veröffentlichten Beiträge zum „Ökokiez“!
Kiez mit „sehr hohem Engagement für den Klimaschutz“ Er wurde gerade deshalb im Klausenerplatzviertel eingerichtet, weil es dort „seit vielen Jahren ein sehr hohes Engagement für den Klimaschutz [gibt]“ (Umweltamt) – so die amtliche Begründung. In Wirklichkeit war er den 9.000 Anwohnern so gut wie unbekannt. Kein Wunder, daß sie auch ausnahmslos bei der Verabschiedung fehlten. Ergänzend sei angemerkt, daß das „Kiezbündnis“ – der Vater/die Mutter des „Ökokiezes“ – es in den 18 Jahren seiner Existenz trotz des dortigen „hohen Engagements für den Klimaschutz“ noch nicht einmal geschafft hat, in dem durchgängig verkehrsberuhigten Viertel die Anwohner (lt. Verkehrspolizei) für die Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit zu gewinnen
„Modellkiez“ Er war zeitlebens nur auf den ½ km² südlich des Klausenerplatzes beschränkt, und jede Ausweitung seiner Tätigkeit zum Nutzen der Bürger der restlichen 98 % des Bezirks wurde stets abgelehnt: „Wegen der bezirklichen Ressourcen wurde der Schwerpunkt des Klimaschutzprogramms zunächst auf einen Modellkiez gelegt.“ (Umweltamt) Und wann folgt die Anwendung auf den Gesamtbezirk? Dazu ließ der grüne Stadtrat im Januar 2017 schnörkellos wissen: „Derartige Planungen existieren bisher nicht.“ (4. Einwohnerfrage)
Bilanz
In allen drei zentralen Punkten also Fehlanzeige bis Irreführung der Öffentlichkeit. Es wurde viel Zeit und Geld vertan, ohne nachhaltig etwas zugunsten der Umwelt im Bezirk zu initiieren.* Stattdessen drei Jahre grüne Symbolpolitik mit und zugunsten des lokalen Klientelvereins für Posten und Papier.
Was bleibt vom „Ökokiez“? Die Bücherzelle, 1 Baum, 16 Bürger in 4 Monaten (1.3.–30.6.17) Exklusiv-Energieberatung nur für den „Ökokiez“**, das Repaircafé, Urban Gardening – und nicht zu vergessen das Street Game K2020 – Klimaschutz spielerisch erlernen mit 5 Anleitungsschildern zum Mitspielen. Alles (vielleicht außer dem Street Game) vernünftige Sachen – alles allerdings übernommen von anderswo, wo Umweltämter, Bürger und ihre Vereine (vielleicht mit finanzieller Unterstützung ihrer Verwaltung) solche Dinge ganz selbständig betreiben, ohne dafür ein „Integriertes Klimaschutzkonzept“ für 84.000 € und einen „Klimaschutzmanagement“ für 99.000 € zu benötigen.
Die grüne Symbolkarawane zieht weiter zum Mierendorffviertel und nach Charlottenburg Nord. Im ehemaligen „Ökokiez“ kommen dafür jetzt die Parklets.
MichaelR
* z.B. die Kantstraße östlich vom Amtsgericht und der Hardenbergplatz (RUBIS-Meßwerte)
** Immerhin wird nunmehr ein unbefristeter Energieberater für den ganzen Bezirk eingestellt.
MichaelR - Gastautoren, Politik - 14. Juli 2017 - 22:24
Tags: klimaschutz/parklets/umweltschutz/ökokiez
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