Helmut Ollk, ein Westberliner Architekt
Helmut Ollk wurde am 30.7.1911 in Schmargendorf geboren. Er lernte zunächst Maurer und studierte später Architektur. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er an der Neugründung des Bundes Deutscher Architekten (BDA) (West)Berlin beteiligt. Er starb am 30.1.1979; sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Wilmersdorf (Abt. C 5 UW 1/21).
„Die Welt“ nannte ihn Ende der 1960er Jahre einen „bekannten Architekten“*. Noch fast 40 Jahre nach seinem Tod erinnert sich Klaus-J. Thieme, ein Kollege aus der nachfolgenden Generation, an ihn als „einen der ganz großen Architekten der 50er bis 70er Jahre in Westberlin; seine Architektur war beeindruckend, anders als die Masse“. Dies wird bestätigt, wenn man etwa Ollks Entwurf für das Wohn- und Geschäftshaus am Henriettenplatz (s. u. Liste Nr. 5) mit der ursprünglichen Planung vergleicht:
für das Wohn- und Geschäftshaus am Henriettenplatz
Sein Anliegen, Fassaden lebendig zu gestalten, erkennt man auch am Wohn- und Geschäftshaus Berliner Straße 13/14 (Abb. 4). Dort setzte er dies um mittels einer starken vertikalen Staffelung der Fassade bei gleichzeitiger Zunahme der Gebäudehöhe längs der Berliner Straße zur Ecke hin – und als stabilisierendes Element die ruhigere Fassade zur Bundesallee und insbesondere der an der Ecke selbst hervortretende und alles überragende zentrale Baukörper mit seinen glatten Flächen. Ollk erläuterte der Bauaufsicht am 15.2.1965 sein Konzept folgendermaßen: „Da mir aus städtebaulichen Gründen die Betonung dieser frequentierten Strassenecke ausserordentlich wichtig erscheint, ist bei einer nur 7 Vollgeschosse umfassenden Bebauung die optische Erhöhung durch den höher wachsenden Kern absolut erwünscht.“ Ein weiteres (allerdings schlecht erhaltenes) Beispiel im kleinen ist Wilhelmsaue 111 (Abb. 5): Zur Belebung der Schachbrettfassade sind Mosaiktafeln im Wechsel bündig in die Wand eingelassen oder ihr aufgesetzt (drei aufgesetzte Tafeln fehlen und sind durch weiße Farbquadrate ersetzt) sowie auf der linken Seite die hochkant gestellten Fenster unregelmäßig angeordnet; hier dient als Gegengewicht eine breite Achse dreiflügeliger Fenster auf der anderen Seite.
Abb. 5 - Wilhelmsaue 111, Wilmersdorf (1960)
Anhand einer von Frau Ollk 1989 aufgestellten Liste „Bauvorhaben 1949-1978“ mit 178 Positionen** läßt sich erkennen, daß Helmut Ollk in allen Westberliner Bezirken entworfen hat (außerdem in Oberbayern), sein Schwerpunkt aber klar in den Innenbezirken Charlottenburg, Schöneberg und besonders Wilmersdorf lag. Mitte der 60er Jahre wurde unter Kollegen die Bundesallee daher im Scherz Ollk-Allee genannt, da dort (einschließlich Joachimstaler Straße) zehn Gebäude von ihm stammen. Vorwiegend war er im Wohnungsbau tätig. Drei seiner Bauten – in Neukölln, Schöneberg und Wilmersdorf – stehen unter Denkmalschutz; sie befinden sich auf der Liste unten zusammen mit weitere Bauten, deren Urheberschaft überprüft ist.
Neben seiner baulichen Tätigkeit war Helmut Ollk von 1946 bis 1950 Kommanditist der KBK Kurt Becker KG, deren Zweck die „Konstruktion und der Vertrieb von Metallwaren“ war; sie stellte Spielzeugfahrzeuge im Druckgußverfahren her.
MichaelR
Herzlichen Dank für ihre Unterstützung an Frau Christiane Weber-Ollk, Herrn Philipp Weber-Bertram, Herrn Reiner Aengeneyndt, Herrn Klaus-J. Thieme, das Architekturmuseum der TU Berlin, das Bauarchiv des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf und den Friedhof Wilmersdorf.
Nachtrag (1. Februar 2022):
Seit Abschluß des Schenkungsvertrages zwischen Frau Christiane Weber-Ollk und dem Architekturmuseum der TU Berlin im Januar 2022 sind jetzt 1357 Entwürfe von Helmut Ollk einsehbar.
(nach Baujahren geordnet; überprüft anhand der Akten des Bauarchivs des Bezirks
Charlottenburg-Wilmerdorf bzw. im Internet zugänglicher Informationen)
1 Kurfürstendamm 228, Charlottenburg – Anfang 1950er Jahre (mit Herbert Noth/Nr. 227; Abriß 1968, ab 1969 Kudamm-Eck (S. 225))
2 Koblenzer Straße 4/4a, Wilmersdorf – 1953 (sozialer Wohnungsbau); Baudenkmal
3 Alhambra-Kino, Wedding – Wiederaufbau 1953 (mit Hans Bielenberg***; Abriß 1999, seit 2002 „Cineplex Alhambra“)
4 Sonnenallee 21/21a/23/Friedelstraße 2/Reuterstraße 64, Neukölln -- 1953-55; Baudenkmal
5 Kurfürstendamm 129b/Westfälische Straße 49/Seesener Straße 49 [richtig: 30], Halensee – 1954/55 (Wohn- und Geschäftshaus am Henriettenplatz, mit Gert v. Schöppenthau****); Abb. 3. – Das Obergeschoß des Vorbaus hatte als ersten Mieter die Tanzschule Keller (im Erdgeschoß Eis-Henning). Tanzveranstaltungen im hellerleuchteten Saal erinnerten nächtliche Passanten wohl an Auftritte des Fernsehballetts, so daß, zusammen mit der einem Bildschirm nicht unähnlichen gläsernen Front, im Volksmund damals die Benennung „Fernseher“ aufkam.
6 Miquelstraße 16, Schmargendorf – 1955/56 (Villa)
7 Wilhelmsaue 36, Wilmersdorf – 1957 („2-geschossige, unterkellerte Halle für die Herstellung von Damenoberbekleidung“ (Ollk an Baupolizei, 24.5.1957) mit verstellbaren Lamellen als Sonnenschutz):
8 Bayerischer Platz 1, Schöneberg – 1958/59; Baudenkmal
9 Wilhelmsaue 111, Wilmersdorf – 1960; Abb. 5
10 Wilhelmsaue 129-130c, Wilmersdorf – 1960/61 (7geschossiges Wohnhaus, in zwei Blöcke unterteilt, die zur Straße bzw. zum Hof ausgerichtet sind)11 Berliner Straße 13/14, Wilmersdorf – 1965 („ein gemischt genutztes Geschäfts- und Wohnhaus, in welchem nur Appartements, also nicht familiengerechte Wohnungen errichtet werden sollen“ (Ollk an Bauaufsicht, 15.2.1965)); Abb. 4
12 Bundesallee 36/37, Wilmersdorf – 1966 („Ravenna-Haus“; der Bauherr wollte dort ein „Service-Haus für Manager“ (BILD-Berlin, 27.7.1968) schaffen – für mehr Details siehe Abb. 8; jetzt NH-Hotel)
13 Joachimstaler Straße 14-19, Charlottenburg – 1969-71 (Passage Metropole, mit Gerhard Karl Stein; Parkhaus zeitgleich von Dietrich Garski)
14 Ernst-Reuter-Siedlung (Erweiterung), Gesundbrunnen – Ende 1970er Jahre (mit Werner Weber*****, siehe „Heutige Situation“)
Anmerkungen
* im Artikel „Sanierung begann mit Lärm und Staub“ (21.2.1968) mit Bezug auf sein städtebauliches Gutachten für das Sanierungsgebiet Am Wassertorplatz (Kreuzberg).
** Die Liste befindet sich im Architekturmuseum der TU Berlin; sie ist noch nicht vollständig überprüft.
*** Hans Bielenberg (1902-1975) war ein renommierter Berliner Kinoarchitekt. Die meisten seiner Bauten (Alhambra (Moabit) 1953; Apollo und Allegro (Steglitz) 1954/1957; Teli (Tegel) 1956) sind derweilen abgerissen (ebenso die Parkgarage am Zoo, 1956/57), nur das Adria (Steglitz, 1952) steht noch.
**** Er entwarf u.a. das Wohnhaus von Axel Springer auf Schwanenwerder (1963).
***** Werner Weber (1913-1995) war Hans Scharouns Architektenpartner (zuständig für Statik) beim Bau der Berliner Philharmonie. Der Architekturhistoriker und -kritiker Julius Posener bezeichnete Weber als „Geburtshelfer ... für Scharouns Philharmonie“ (Aufsätze und Vorträge 1931-1980, Braunschweig/Wiesbaden (Vieweg) 1981, S. 97)
MichaelR - Gastautoren, Geschichte - 03. März 2018 - 22:32
Tags: architektur/stadtgeschichte/wohnen/wohnungsbau
zwei Kommentare
Nr. 2, M.R., 03.09.2020 - 10:43 Danke für den Hinweis – soweit er die Seesener Straße betrifft. Da habe ich versehentlich die Hausnummer der Westfälischen Straße wiederholt. Richtig ist die Hausnummer 30, wie Sie schreiben. Was jedoch die dritte Adresse – Kurfürstendamm – betrifft: Schauen Sie selber nach, indem Sie auf http://www.openstreetmap.de/karte.html im Suchfeld "Kurfürstendamm 129b Berlin" eingeben! |
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Die Adresse in Punkt 5 ist falsch. Das Hochhaus am Henriettenplatz hat die Adresse Westfälische Straße 49/ Seesener Straße 30. Wie die oben genannte Adresse zustande kommt ist mir schleierhaft.