Kunst im Kiez: Meine Meinung
Ich bin Theobald Tiger 2. Der Künstler, dessen Kunstwerk "Der Untergang der Muschel" für Aufmerksamkeit und Aufregung gesorgt hat.
Dieses Kunstwerk habe ich vor einiger Zeit bei den Organisatoren der "Kunst im Kiez"-Wochen aus unserem Kiez per Mail angemeldet, aber schon da die "Nichtverträglichkeit" mit meiner Kunst bemerkt, da man mir in einer Mail folgende Frage schickte:
"Hallo Christian, wieder lustig?"
Mein Kunstwerk sollte erregen und zum Nachdenken anregen. Höre ich mich im Kiez um und schaue auch auf die Mail von Herrn Voget, so habe ich das wohl erreicht.
Nur schade dass es im Kiez anscheinend normal ist, dass 3-4 Personen, deren Kunstverständnis und Kunstkönnen man überhaupt nicht kennt, schon bei der Auswahl für den Flyer mein Kunstwerk nicht aufgenommen haben. Und das wurde mir auch nicht mitgeteilt.
Da nun auch noch mein Kunstwerk zunächst zerstört und dann einfach entfernt wurde, als sei es Müll, kommen mir schon komische Gedanken hoch. Dass der Begriff "entartete Kunst" noch nicht gefallen ist, wundert mich schon.
Jeder Mensch, der nur damals in der Schule im Kunstunterricht etwas gemalt hat und eine schlechte Note vom Lehrer bekam wird dieses Gefühl kennen. Man möchte einfach, dass die eigene Arbeit mit Respekt behandelt wird. Und das ist mit meinem Kunstwerk und auch mit meiner Arbeit nicht geschehen.
Es ist ja nicht so, als ob ich eine kleine Tonne genommen und was "Anstößiges" dort angeklebt hätte. Ich habe auch viel Geld ausgegeben, um die Farben so hinzubekommen, wie sie sein sollten.
Auch der Standort war so ausgewählt worden.
Denn Kunst soll zum Nachdenken anregen. Und Kunst muß sich auch den öffentlichen Raum erobern dürfen. Leider scheint es bei den Künstlern in unserem Kiez derzeitig so zu sein, sich immer die einfachsten Möglichkeiten zu nehmen. Man geht einfach keine Risiken mehr ein.
Welches Kunstwerk, welche Ausstellung oder welcher Auftritt ist in Erinnerung geblieben? Richtig! Keiner!
Außer meiner, wenn ich die Reaktionen im Kiez richtig deute. Und wieso?
Weil es sich unsere Künstler zu einfach machen. Man sucht sich Austellungsflächen die einem angenehm sind. Man sucht sich Auftrittsorte die man kennt und wo man weiß womit man rechnen kann.
Wieso geht man nicht an Orte, die mal was Neues wären? Wieso gibt es keine Auftritte bei den Obdachlosen? Oder bei Kindern? Und wo bleibt der Respekt von allen für die Kunst den Leuten gegenüber, die etwas wagen?
Die Kunst in unserem Kiez ist auf einem Level stehen geblieben, wo sich die Künstler in eigener Sicherheit wiegen und bloß keine Risiken eingehen möchten. Das ist schade. Denn Kunst soll aufregen, erregen, nachdenklich machen.
Und in unserem Kiez wird Kunst, die einem nicht gefällt, Kunst die erregt und vielleicht zum Nachdenken anregt, nicht wahrgenommen sondern direkt zerstört. Da darf die Frage gestellt werden:
"Künstler aus unserem Kiez! Wieso nennt Ihr Euch Künstler? Was ist Eure Kunst? Außer vielleicht ein Hobby, weil Ihr gerade keine Lust habt etwas zu lesen?"
Ich überlege mir auch gerade ein Kunstwerk für das nächste Jahr. Mal sehen, was es wird und wo es diesmal landen wird.
Kunst soll den Kiez erobern. Wenn das einer der Grundsätze für die "Kunst-im-Kiez"-Wochen war, so kann man nur eins sagen: Das Ziel wurde verfehlt.
Und wenn die "Kunst-im-Kiez"-Wochen dem Kiez seine Künstler näher bringen sollte, so kann man wohl auch sagen, dass hier das Ziel nicht erreicht wurde. Denn wenn man im Kiez herumfragt, kennt man die Namen der Künstler eh nicht mehr. So manche "Kunstwerke" sind eh an den Bewohnern vorbei gegangen. Außer der "Propagandaminister", der meistens die Leute eher genervt hat als dazu verleiten konnte, sich mal die Kunst anzusehen.
Und sollten die "Kunst-im-Kiez"-Wochen den Sinn gehabt haben, dass die Künstler ihr eigenes Ego streicheln konnten, so wurde hier wohl das Ziel erreicht. Und mehr wirklich nicht.
Es fehlte an einem Wegweiser durch unseren Kiez. Ich rede nicht von einem Flyer, sondern von Pfeilen und Richtungsweisen durch unseren Kiez in unserem Kiez. Die Leute müssen sehen, wo Kunst stattfindet.
Ich wünsche Euch allen noch eine schöne Zeit. Und den Leuten, die mein Kunstwerk zerstört haben, sage ich nur vielen Dank. Danke, dass Ihr das wahre Gesicht unseres Kiezes gezeigt habt.
Theobald Tiger2 - Gastautoren, Gesellschaft, Kunst und Kultur - 03. Oktober 2008 - 18:07
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vier Kommentare
Nr. 2, Thomas, 04.10.2008 - 18:27 Ich male selbst ein wenig. Wo bleibt eigentlich der Aufschrei der anderen an diesen Kunstkiezwochen beteiligten Künstler? |
Nr. 4, [marcel], 05.10.2008 - 03:10 Hiho, Mumm ist ein Fremdwort im Dunstkreis des Kiezbündnis. Ich dachte dies sei schon eine bekannte Tatsache. Und leider ist bei dem größten Teil der Bewohner im Kiez anscheinend auch. Daher erwarte ich sowas gar nicht mehr. Ich erwarte eher sowas wie “Aussitzen! Dann wird sich keiner mehr melden.” [marcel] |
ein Trackback
So geht man mit Kunst im Kiez um?
Derzeitig finden bei uns im Kiez die sog. "Kunst im Kiez"-Wochen statt und quer durch den Kiez findet man an diversen Stellen Kunst von unterschiedlichen Kiez-Künstlern.
Nun dachte sich wohl ein Künstler, man sollte die nicht von den Bürgern erwarte…
Am 03.10.2008 - 18:02 , via Der Kiezer Weblog vom Klausenerplatz
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Der Zweck dieser Kunstkiezwochen ist längst mehr als eine Bereicherung im Kiez. Kunstschaffende, die gerne auf den Kunstwochenboot mitfahren, nutzen die Unterstützung und ihre Beziehungen. Dabei muss ehrlich mal gesagt werden: Wessen Brot ich ess`, dessen Lied ich sing`. Übersetzt heißt dies, dass man bei offensichtlichen Dilletantismus wegschaut, sich die Situation schönredet, seine eigene Kunst am wichtigsten ist, und damit die gesamte Veranstaltung weder hinterfragt wird noch jemand bereit ist, irgendetwas weiterzuentwickeln. Immer die selben Personen im Hintergrund, keine Auswertung und Verbesserung, obwohl das Interesse des Kiezes insgesamt einfach enttäuschend für die Künstler ist. Es gibt viele Aktive, den das verständlicherweise zu viel Arbeit ist, aber diese Jubelstimmung bei allem was das Kiezbündnis macht, ist einfach nur durchschaubar und peinlich. Und das ist das Mehr für den Kiez: Die Legitmation für die Kiezbündnisführung sich Meinungs- und Kunstdeutung und -führerschaft anzueignen und zu verteidigen, um Gelder zu erhalten, und sie politisch für sich zu nutzen. Die Künstler sind also, gemein gesagt, Erfüllungsgehilfen der Politik, weil sie selber keine Unabhängikeit und Distanz von dieser Jubeltruppe Kiezbündnis anstreben.