Soziales Projekt unerwünscht: Platane 19 e.V. muss weichen!
Seit 1998 bietet der Platane 19 e. V. (Verein zur Wiedereingliederung psychisch Kranker) in der Knobelsdorffstraße im Charlottenburger Klausenerplatz-Kiez Hilfe für psychisch kranke und suchtkranke Menschen sowie Menschen in Krisen mit vielfältigen Beratungs-, Versorgungs- und Betreuungsangeboten an. Ziel ist, diese Menschen zu unterstützen und ihre Integration in die Gesellschaft zu fördern. Hilfe wird auch geboten, wenn ein Angehöriger betroffen ist. Dazu unterhält die Platane 19 am gleichen Standort Knobelsdorffstraße bis um die Ecke in die Wundtstraße verschiedenste Projekte zur Wiedereingliederung psychisch Kranker, wie u.a. einen Fertigungsbetrieb, Gebrauchtwarenladen, Kindersecondhand-Laden. Möbelladen und Buchladen.
Jetzt soll die Platane 19 weichen. Mit Aushängen in den Ladenfenstern wird darauf hingewiesen. Wir haben nachgefragt.
Das im Hof gelegene alte Backsteingebäude wurde etwa 1886 erbaut und diente u.a. als Fleischfabrik und Aufzugsfabrik. Bevor die Platane 19 im Dezember 1998 einzog, stand es einige Zeit leer. Dort befinden sich die zentralen Einrichtungen des Vereins, u.a. die Kontakt- und Beratungsstelle im Tageszentrum. Dort finden auch wöchentliche Kulturabende mit einem breiten Angebot statt: Konzerte, Filmvorführungen und mehr. Im Hof wurden stets gemeinsam mit den Nachbarn aus dem Kiez Sommerfeste gefeiert.
Der jetzige Besitzer, seit ca. 7 Jahren ein irischer Immobilienfonds, hat nun wohl etwas anderes vor. Verdrängung durch gewünschte "Aufwertung" mit begleitender Segregation trifft eben nicht nur die einfachen Mieter, sondern auch das Gewerbe, Künstler- und Theaterräume und soziale Projekte. Was dort weiterhin geschieht, werden wir ja sehen.
Die engagierten Mitarbeiter des Vereins haben sich mit allen Kräften um Ersatzräume bemüht. So bleibt zu hoffen, daß es wenigstens mit den neuen Räumen klappen wird, um die Arbeit weiterführen zu können. Was wohl auf jeden Fall bleiben wird ist, daß ein so lange bei uns im Kiez bestehendes beispielhaftes soziales Projekt räumlich auseinandergerissen wird - was schlimm genug ist und gerade eine solches Projekt schwer trifft. Wir wünschen der Platane 19 mit all ihren Mitarbeitern, daß sie nach diesem schweren Weg ihre Arbeit für hilfesuchende Menschen fortsetzen können.
- Kiez, Menschen im Kiez - 28. Mai 2014 - 00:04
Tags: gentrifizierung/segregation/sozialprojekt
vier Kommentare
Nr. 2, maho, 23.06.2014 - 20:46 “Endstation Kernsanierung” Kneipe Soupanova gekündigt – Weil das Haus saniert werden soll, muss die Kneipe raus – unter unschönen Umständen. Der Vermieter? Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG! http://prenzlauerberg-nachrichten.de/all.. siehe auch den Beitrag über Berliner Kneipen: http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archi.. |
Nr. 3, maho, 23.06.2014 - 21:11 Auf der Bezirksverordnetenversammlung vom 19.06.2014 wurde eine Bürgerfrage zur Lage und Zukunft des Platane 19 e.V. gestellt. (2. Einwohnerfrage) http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w.. Hier die 5. Frage (der 2. Einwohnerfrage) und die Antwort des Stadtrats: “..... 5. Welche Maßnahmen hat das Bezirksamt unternommen oder wird es noch unternehmen, um eine kiezverträgliche Nutzung sicherzustellen (bspw. durch Platane 19) und den Umbau in Luxuswohnungen zu verhindern? Vor dem Hintergrund des auslaufenden Mietvertrages hat Platane 19 e.V. im Mai 2014 einen Vertrag über die Anmietung eines anderen Gebäudes im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf abgeschlossen. Eine weitere kiezverträgliche Nutzung der Knobelsdorffstr. 15 durch Platane 19 e.V. ist daher nicht wahrscheinlich. ...” Siehe auch die Beiträge zum offensichtlichen Desinteresse des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf: “Mieter sind keinen Mieterschutz wert” http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archi.. “Teil 21 – Sanierungsvorhaben 2012-2022 am Klausenerplatz” (siehe auch Kommentare) http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archi.. |
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Die Verdrängung der Platane wird den Kiez vermutlich stärker verändern als alles, was bisher an Gentrifizierung geschehen ist. Bisher haben wir ein friedliches Miteinander der verschiedensten sozialen Schichten, der unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen und Interessen. Wenn jetzt die Platane – die Betreuung der Schwächsten der Schwachen – vertrieben wird, so ist das ein Zeichen, dass der Kiez endgültig in die Kulturformen der besserverdienenden Middle-Class kippt. Das kann man sich am Prenzlauer Berg ja schon mal ansehen.