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SPD & CDU & Grüne Partei begehen „Bürgerbeteiligung“


Gern wird – je näher der Wahltag kommt (hier: der 18. September), desto mehr – von Parteien wie SPD, Grüner Partei und CDU von „Bürgerbeteiligung“ geredet. Ebenfalls gern werden von diesen Parteien auch Modelle für mehr Bürgerbeteiligung entwickelt und in Seminaren und öffentlichen Veranstaltungen unter die Wähler gebracht.
Das zutiefst Komische daran ist, daß es letztlich immer darum geht, daß dieselben Parteifunktionäre, die unter der Bezeichnung „Volksvertreter“ das alleinige Sagen über das Volk haben, dabei vorschlagen, wie das von ihnen vertretene Volk gegen eben diese selben Parteifunktionäre etwas durchsetzen könnte.

Aber wenden wir uns von dieser Art höherer Politikkomik ab und schauen auf den Alltag, und zwar nach ganz unten, auf die banalsten Formen der Bürgerbeteiligung, eher: deren Vor-Formen oder zwingende Voraussetzungen – schauen wir also auf den Umgang von Politikern dieser drei Parteien mit Bürgern und Öffentlichkeit. Als Illustration für die Handhabung dieser Primitivformen von Bürgerbeteiligung sollen einige Ereignisse rund um die letzte Sitzung der Gedenktafelkommission (16.2.2016) dienen.

 
 

  • Der Termin dieser Kommissionssitzung war beim letzten Treffen, also vor 13 Wochen am 16.11.2015, festgelegt worden. Dennoch wurde er erst sieben Tage vor dem 16.2. veröffentlicht – völlig geschäftsordnungskonform, wie die Vorsitzende der Kommission beteuerte. Das stimmt, aber es war der spätestmögliche Zeitpunkt. Für einen Bürger, der sich auf die Sitzung vorbereiten wollte, war das zu spät. Diese Ausreizung des rechtlich Zulässigen stellt eine bewußte Behinderung der Öffentlichkeit dar. Demselben Zweck diente auch, daß die Vorsitzende nicht die Einwohner schriftlich einlud, die "eine Anregung gegeben haben“. Hier verstieß sie sogar zusätzlich gegen einen Beschluß der BVV, den sie selbst als deren Vorsteherin unterschrieben hat. (Mal sehen, wie Ältestenrat und Beschwerdeausschuß damit umgehen, zumal deren jeweilige Vorsitzende gleichzeitig auch zu dieser Kommission gehören.)

  • Neun Jahre hatte es gedauert, bis nach dem zähen Widerstand der erwähnten drei Parteien diese im Juni 2015 plötzlich beschlossen, die Gedenktafelkommission öffentlich tagen zu lassen. Aber was auf den ersten Blick nach „mehr Bürgerbeteiligung“ aussah, entpuppte sich alsbald als Mogelpackung. Für die Öffentlichkeit war schon im September und jetzt wieder im Februar deutlich, daß ihnen Politiker gegenübersaßen, die im Rahmen von vorher getroffenen Absprachen handelten und folglich keiner Diskussion (im Sinne von gesprächsweiser Untersuchung eines Themas durch wechselseitige Vorbringung und Abwägung von Argumenten) mehr bedurften. Es hatte ganz einfach nun schon vor den Sitzungen das stattgefunden, was die Mitglieder bisher in den Sitzungen betrieben hatten: „sehr gute interfraktionelle Zusammenarbeit“, wie es ein Mitglied der Kommission so hübsch nannte. Anders ausgedrückt, der Ausschluß der Öffentlichkeit findet jetzt eben dort statt, wo im voraus die Absprachen getroffen werden, während in den Sitzungen der Kommission die Öffentlichkeit als Staffage mit Rederecht dient.

  • Abgerundet wurde die Angelegenheit durch die alltägliche Praxis, daß weder die Kommissionsvorsitzende noch die Leiterin des Kunstamtes im Vorfeld der Sitzung Anfragen beantworteten und auf diese simple Weise wirkungsvoll ihr Scherflein zur bewußten Torpedierung von Bürgerbeteiligung beitrugen.

  • Sozusagen als Zugabe wurden Arbeitsergebnisse, die im Zusammenhang mit dem Kunstamt bzw. in seinem Auftrag für die Kommissionssitzung entstanden waren, der interessierten Öffentlichkeit nicht einmal in Grundzügen vorher bekanntgemacht. Vielmehr wurden sie als „Tischvorlagen“, also als Überraschung, präsentiert – ein weiteres beliebtes Mittel von Politik und Verwaltung, die Bürgerbeteiligung zu beeinträchtigen.

  • Bleibt noch zu erwähnen, daß – sozusagen begleitend dazu – Einwohnerfragen, die im thematischen Zusammenhang standen, bis zur Sitzung wochenlang unbeantwortet blieben – obwohl doch die Bezirksaufsicht des Senats
    „das Bezirksamt telefonisch erneut darauf hingewiesen [hat], dass der Beantwortung von Einwohnerfragen eine besondere Bedeutung in Bezug auf die Beteiligung der Bürger zukommt und diese möglichst zeitnah erfolgen soll“. (Email vom 8.2.2016 an den Verf.)
    Erst am 24. Februar erschienen die Antworten im Netz (hier: 4. Frage und hier: 3. Frage). Sie gehen, wie so oft, nicht auf die Fragen ein, und außerdem ist es dem Bezirksamt nicht gelungen, sie sprachlich und logisch korrekt zu formulieren. Die Antworten (und ihr verspäteter Eingang) stellen eine Respektlosigkeit gegenüber fragenden Bürgern dar.


  •  

    Fazit

    Dies sind nur unbedeutende, ganz normale Beispiele, was für ein Verständnis diese drei Parteien von „Bürgerbeteiligung“ im Alltagsgeschäft haben. Nicht zu vergleichen mit all den großen Vorfällen in letzter Zeit, wo Bezirkspolitiker über die Köpfe der Bürger hinweg nach und nach den Bezirk an Investoren übereignen: Oeynhausen, Seesener Straße, Mendelsohn-Komplex hinter der Schaubühne usw. Man fragt sich: Wie kann man solchen Politikern, die über und gegen uns Bürger ihr Mandat ausüben, die Verantwortung überlassen?

    MichaelR

     

     

MichaelR - Gastautoren, Politik - 28. Februar 2016 - 18:31
Tags: ////



neun Kommentare

Nr. 1, jn, 28.02.2016 - 19:17
“Ebenfalls gern werden von diesen Parteien auch Modelle für mehr Bürgerbeteiligung entwickelt und in Seminaren und öffentlichen Veranstaltungen unter die Wähler gebracht.”

...leider aber nicht in cw

Hier die antwort des bürgermeisters auf meine einwohnerfrage:”
Frage:
“Warum wurden – trotz Ankündigungen im Abkommen der Zählgemeinschaften – keine Bemühungen unternommen, zum gescheiterten Konzept des Bürgerhaushaltes Alternativen (Bsp. Sozialraumvertretung) zu entwickeln?”

Antwort:
“Für die Entwicklung von Alternativen bzw. für die Neuausrichtung der Bürgerbeteiligungsform „Bürgerhaushalt“ hat sich aus dem Ausschuss für Haushalt, Personal und Wirtschaftsförderung eine Arbeitsgruppe gebildet, die unter Beteiligung interessierter Bürger/innen diese Thematik erörtert hat. Nach derzeitiger Kenntnis des Bezirksamtes ruhen die Aktivitäten der Arbeitsgruppe. Ein erörterungsfähiger Abschlussbericht liegt ebenfalls noch nicht vor.”
https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/politik/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=5792
Nr. 2, maho, 28.02.2016 - 22:23
Allein für die “grandiosen Aufführungen” der Kiezkonferenzen mit Showmaster Ulli Zelle haben sie über ca. 100.000 Euro verschleudert.
http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archi..
Das wirft einige Fragen auf:
1. Ist die Bezirkspolitik einfach nur unfähig?
2. War das eine geplante Show, um die Bürger ganz bewußt zu täuschen?
3. Haben sie nach der Beteiligung ganz schnell mit der Blockade reagiert, weil sie merkten, daß eine ganze Menge von engagierten Bürgern Ideen eingereicht hatten und sie damit davon abhält, allein ihre Parteifreunde und Begünstigten weiter bedienen zu können?

Zu Punkt 3 ist folgendes recht interessant.
Stadtrat Schulte (SPD) hatte sogar die Form einer “öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zum sozialverträglichen Ablauf von geplanten Sanierungen” zur Versorgung eines einzigen (SPD-nahen) Vereins mißbraucht. Und das nicht nur auf dem Rücken eben jener Mieter, sondern sogar noch dreist mit ihrem Geld von der landeseigenen GEWOBAG.
http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archi..

In der Zählgemeinschaftsvereinbarung zwischen SPD und Grünen
http://www.spd-charlottenburg-wilmersdor..
heißt es u.a.
“Bürgerschaftliches Engagement von Initiativen wird im Bezirksamt unterstützt. Bestehende Anlaufstellen wie das Nachbarschaftshaus in der Herbartstrasse und den „Divan“ im Klausenerplatzkiez wollen wir unterstützen.”
So wird auch hier nur wieder einseitig ein einziger (SPD-naher) Verein unterstützt.
Siehe auch:
http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archi..
http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archi..
Nr. 3, jn, 28.02.2016 - 23:59
Es gibt meldungen aus dem umfeld vom DIVAN, dass spd nahe personen hauptamtlich eingestellt worden und daraufhin die brüskierten ehrenamtlichen zurückgetreten seien.

Dazu muß noch recherchiert werden.
Nr. 4, jn, 29.02.2016 - 19:47
kontrahent des DIVAN gewinnt-aber nur vorübergehend

NBH noch nicht aus dem “schneider”,

“Die Entscheidung sei ein großer Erfolg, löse nur „leider nicht automatisch unser Existenzproblem“. Denn im Prozess geht es nur ums Jahr 2015 und nicht um eine Förderung in den folgenden Jahren.”

wir erinnern uns: der spd gesteuerte DIWAN hatte vom parteifreien NBH die zuwendungen “übernommen”

http://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirk..
Nr. 5, jn, 03.03.2016 - 21:43
“Helfende Berufe genießen das Vertrauen der
Deutschen”-Politiker eher das Mißtrauen

http://www.gfk.com/fileadmin/user_upload..
Nr. 6, JN, 05.03.2016 - 11:33
aus der ankündigung einer “verflossenen” veranstaltung:

“Die Bürgerinnen und Bürger mischen sich in viele Fragen der Gestaltung der Gesellschaft aktiv ein und ma-
chen den Gremien der repräsentativen Demokratie und der parlamentarisch verfassten Parteipolitik deren
Alleinentscheidungsanspruch streitig. Entscheidungen der Politik werden durch Bürgerbegehren und Volks-
entscheide in Frage gestellt und mitunter korrigiert. Die Politik und die Wirtschaftsunternehmen stellen
sich auf diese Entwicklung ein und sind bei großen konfliktträchtigen Vorhaben auf eine möglichst breite
Information und Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern bedacht. „Akzeptanzmanagement“ hat sich als
gut bezahlte Dienstleistung für Politik und Wirtschaft etabliert.
Findet das Vorhaben trotzdem bei den umworbenen Bürgern keine Akzeptanz, dann wird Ihnen oft Egois-
mus und fehlende Einsicht in das Erforderlich vorgehalten. Engagierte Bürger fühlen sich so ohnmächtig wie
zuvor und von den Politikern missachtet. Direktdemokratische Initiativen werden mit verwaltungstechni-
schen bzw. juristischen Mitteln ausgebremst oder einfach ignoriert. Berliner Stichworte: Rudower Felder,
Mauerpark, Oeynhausen, Elisabethaue, Thälmannpark und jetzt auch wieder Tempelhofer Feld.”

http://nadia-rouhani.de/wp-content/uploa..
Nr. 7, jn, 05.03.2016 - 11:43
die kommunalpolitische (zukünftige) “Elite” der Bezirksgrünen in der BVV 2016: wenn sie mal gewählt werden….nach oeynhausen usw.
“Herausgekommen ist eine gute Mischung aus erfahrenen und neuen Kräften.”

Achtung: Anspruch und Versprechen.Wenn da mal nicht blasen herauskommen

“Wir hoffen, das Ergebnis von der Wahl 2011 verbessern zu können”, sagt Franziska Eichstädt-Bohlig aus dem Kreisvorstand, “damit wir in einer Zählgemeinschaft in der nächsten Wahlperiode noch stärker ökologische und soziale Schwerpunkte für die Menschen im Bezirk durchsetzen können.”

http://gruene-cw.de/aktuelles/expand/603..
Nr. 8, jn, 05.03.2016 - 18:07
übrigens:

Serdar Bulat – Ansgar Gusy – Christoph Wapler

gleich drei beauftragte für Bürger*innenbeteiligung

kann der wähler*in für die zukunft hoffnung haben ?
Nr. 9, M.R., 16.03.2016 - 17:17
Zu Punkt 1 des Textes (Einladung von Bürgern, die eine Anregung gegeben haben):
Meine Beschwerde wurde “als unangemessen bewertet und zurückgewiesen”, denn “ein Fehlverhalten der Vorsitzenden der GTK ist nicht erkennbar geworden” (Brief vom 11.3.2016). Vielmehr habe die Einladung zur ersten Sitzung im September 2015 “die Vorgabe der DS 1311/4 erfüllt” (zum Vergleich der Text: http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w.. ).
Auf deutsch: irgendwann einmal eingeladen zu werden reicht für den Bürger; ansonsten möge er selbst zusehen, wann seine Anregung wieder dran ist, damit er die Chance hat, auch “bei den weiteren Erörterungen das Wort erhalten” zu können (anders die Parteienvertreter usw.: sie werden zu jeder einzelnen Sitzung eingeladen).
Interessant ist das Abstimmungsergebnis: es war “einstimmig”. Das heißt: die Vertreter von CDU-SPD-GrünerPartei-Piratenpartei-Linkspartei haben geschlossen für diese Auslegung votiert.

Was war der Grund für diese überparteiliche Eintracht?
Nur Desinteresse an Bürgerbeteiligung oder doch eher das Bestreben, im Rahmen einer sparsamen Haushaltsführung beim Briefporto anzufangen?

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