Der modellhafte Klimaschutzbeauftragte und das Ergebnis seines zweijährigen Einsatzes gegen CO2-Emissionen im „Ökokiez“
Im Dezember 2015 lehnte BezStR Schulte (SPD) eine Antwort auf die Frage ab, wie erfolgreich die Umweltpolitik des Bezirksamtes – die das Amt „modellhaft“ am Klausenerplatz betreibt (Stichwort „Ökokiez“) – denn gewesen sei im Hinblick auf CO2-Reduzierung. Er schrieb (8. Frage):
Das Controlling-System […] sieht zunächst eine zweijährige Berichterstattung vor, also frühestens ab dem nächsten Jahr.
Damit war schon mal Zeit gewonnen.
Nachdem nunmehr die zwei Jahre verstrichen waren, ging dieselbe Frage im September 2016 erneut ans Bezirksamt (Frage 14):
Welche positiven Auswirkungen auf die klimatischen Gegebenheiten im Gesamtbezirk sind durch die Tätigkeit eines Klimaschutzmanagements südlich des Klausenerplatzes seit dem 1.8.2014 nachweislich eingetreten?
Diesmal antwortete der neue BezStR Schruoffeneger (Grünpartei) (1). Bei ihm kommen „Controlling-System“ und „zweijährige Berichterstattung“ nicht mehr vor, also auch kein Bericht, stattdessen aber eine Sitzung des Umweltausschusses vom 16.2.2016 (siehe bei Ö 3/NA), in der es erkennbar nicht um das Maß der CO2-Reduzierung nach zwei Jahren Klimaschutzmanager ging, sondern um Selbstbeweihräucherung. Abschließend beruft er sich auf seine Unzuständigkeit für die Beantwortung von Fragen nach der Wirksamkeit seiner Umweltpolitik und weist zusätzlich auf die Unmöglichkeit hin, solche Frage zu beantworten, da
sich aus einzelnen Maßnahmen keine unmittelbaren Auswirkungen auf mögliche CO2-Reduzierungen darstellen lassen.
Sehr geehrter Herr Schruoffeneger,
wenn man in Ihren zeilenfüllenden Ausführungen nach einer Antwort auf die Einwohnerfrage herumsucht, findet man nur dies: Zwei Jahre Klimaschutzmanagement haben zu keinerlei CO2-Reduzierung geführt. Dieses magere Ergebnis scheint Sie aber gar nicht weiter zu stören, obwohl
- Ihr Koll. Schulte auf derselben Ausschußsitzung betonte: „Ein wesentliches Ziel der bezirklichen Umweltpolitik ist die Verringerung von CO2-Emissionen.“
- die Verringerung von CO2-Emissionen doch das zentrale Ziel des „Integrierten Klimaschutzkonzepts“ ist und
- genau zu diesem Zweck der „Klimaschutzmanager“ mit über 30.000 €/Jahr aus öffentlichen Geldern bezahlt wird, um dies Ziel „modellhaft“ im „Ökokiez“ zu erreichen.
Offenbar wollen Sie nicht öffentlich einräumen, daß das Unterfangen „Ökokiez“ ein teurer Schuß in den Ofen ist. In gewisser Weise ist es dennoch ein großer Erfolg: Klientelbefriedigung, Papier, Posten.
Leider muß man als Bürger und Steuerzahler allerdings feststellen, daß Sie sich damit nicht zufriedengeben, sondern noch einen draufsetzen:
Frage:
Seit Jahr und Tag werden überall im Bezirk von Bürgern ganz aus eigenem Antrieb Baumscheiben bepflanzt (und Bäume gegossen): Wofür braucht es da dieses „Projekt Urban Gardening“ eines „Klimaschutzmanagers“, für dessen Jahresgehalt von über 30.000 Eu allein man drei Jahre lang je 30 „Kiezbäume“ pflanzen könnte? Wieviel Geld wurde aus dem Senatstopf für „Freiwilliges Engagement in Nachbarschaften“ (FEIN) und aus anderen Quellen für die Aktion „Urban Gardening“ verwendet?
Antwort Schruoffeneger:
„Das Projekt „Urban Gardening im Klausenerplatzkiez“ ist ein Projekt des Kiezbündnisses Klausenerplatz e.V. Im Rahmen des Klimaschutzkonzepts unterstützt der Klimaschutzmanager das Projekt.“ „Es wurden aus dem diesjährigen Programm „Freiwilliges Engagement in Nachbarschaften – Pilotprojekte“ für dieses Projekt 21.600 Euro zur Verfügung gestellt.“ (Frage 15)
Da läßt das Bezirksamt seit Jahren die Mehrzahl der Grünanlagen im Bezirk herunterkommen, weil doch kein Geld für deren Pflege da sei – aber andererseits ist es in der Lage, 21.600 € für Blumen auf den Baumscheiben eines ½ km² unseres Bezirks (= ca. 2 %) aufzutreiben! Ganz zu schweigen von dem noch viel größeren Betrag für einen „Klimaschutzmanager“ als „Unterstützer“ der Pflanzaktion. Bitte erklären Sie uns das doch mal!
Sicher werden Sie bei Ihrer Antwort auch auf die große Unterstützung hinweisen, die der von Ihnen so reichlich geförderte „Bürgerverein“ bei seinen Umweltaktivitäten von den Anwohnern des „Ökokiezes“ erfährt, weswegen diese 2 % des Bezirks als „Modell“ für den restlichen Bezirk ausgewählt wurden (statt – wie in anderen Bezirken üblich – sich um den ganzen Bezirks zu kümmern). Sehen wir dazu genauer auf ein aktuelles Projekt dieses Vereins: „Kiezbaum statt Plastiktüten“. Laut Ihren Angaben (Frage 15, Antworten zu 4. und 5.) wurden in sieben Monaten (Februar bis einschl. August 2016) in neun Läden 200,45 € gesammelt für umgerechnet 4009 abgelehnte Plastiktüten (0,05 € je Tüte). Das bedeutet im Durchschnitt 64 Tüten je Monat und Laden oder 2-3 Tüten am Tag. Bis die benötigten 500 € für den 1 Baum bei diesem Tempo zusammenkommen, kann es also noch zehn weitere Monate dauern, bis Juni 2017. (2) Und da wollen Sie – und Ihre Vorgängerin und deren Stellvertreter und die Mitglieder des Umweltausschusses und die BVV – uns Bürgern weismachen, die ganzen Gelder für Klimaschutzkonzept und -manager, „Streetgame K2020“, Baumscheiben usw. werden am gesamten Bezirk vorbei genau deshalb „modellhaft“ in den „Ökokiez“ vergeben, weil hier sozusagen der Klimaschutz zu Hause ist?!
Eine Frage zu Ihrer Politik
Sehr geehrter Herr Schruoffeneger,
jetzt sind Sie seit 37 Jahren Berufspolitiker im Dienste der Grünpartei, in die Sie eintraten, als Sie noch die Schulbank drückten. Ist das hier die Quintessenz der Grünpartei-Politik aus all den Jahre: einem Klienteltrüppchen öffentliche Gelder zukommen zu lassen?
Vielleicht ist es ja so, daß Sie rein rechtlich nicht anders können, als dies Vorhaben Ihrer Vorgängerin im Amte und Parteikollegin noch zuende zu führen, um dann die Finger von dieser Verschleuderung öffentlicher Gelder zu lassen?
Aber warum weisen Sie dann in Ihrer Antwort (14. Frage, zu 1.) darauf hin, daß „„die BVV sich für eine Verlängerung des Projektes aus(sprach)“? Wollen Sie also noch einen weiteren draufsetzen, indem Sie mit dieser grünen Politik noch ein paar zusätzliche Jährchen weitermachen?
So wirkt es jedenfalls – und das würde auch die unredliche Art erklären, wie Sie mit Filibustern auf eine klare Frage antworten, um die Tatsachen zu verschleiern: daß es auch bei Ihnen weitergehen wird mit Vergeudung von öffentlichen Geldern zum Nutzen Ihrer Klientel im „Ökokiez“.
Mit freundlichen Grüßen
MichaelR
(1) O. Schruoffeneger ist seit seinem 17. Lebensjahr Berufspolitiker. Als solcher kam er für die Grünpartei schon viel im Land herum: Reinickendorf, Abgeordnetenhaus, Steglitz und jetzt Charlottenburg.
(2) Anstelle des Gehalt Ihres Klimaschutzmanagers könnten Sie Jahr für Jahr über 30 Bäume zum vollen Preis von 1000 € einweihen. Was für ein Beitrag zum Klimaschutz!
MichaelR - Gastautoren, Politik - 13. Oktober 2016 - 00:24
Tags: baumpflanzung/baumscheibe/klimaschutz/umweltschutz/ökokiez
neun Kommentare
Nr. 3, jn, 16.10.2016 - 08:48 milieuschutz: der zahnlose tiger ? http://www.berliner-kurier.de/berlin/kie.. Eigentum schlägt Miete http://www.berliner-kurier.de/berlin/kie.. |
Nr. 4, M.R., 18.10.2016 - 12:48 Bezirksamt bevorteiligt privaten Klientelverein großzügig mit öffentlichen Geldern Wenn man sich die Regeln für FEIN-Mittel (siehe oben: “21.600 € für Blumen auf Baumscheiben” und Antwort des BA auf Einwohnerfrage 15) genau anschaut, wird das erst richtig deutlich: Der Senat gibt den Bezirken Geld für “freiwilliges Engagement”, um das sich Vereine (oder Einzelpersonen) bewerben können. Der Maximalzuschuß ist 3.500 Eu je Verein. Für sog. “Pilotprojekte” können jedoch auch die Bezirke selbst FEIN-Gelder beantragen. Und da gibt es dann bis zu 30.000 Eu. Und was hat nun das BA in diesem Fall getan? Es hat ein “Pilotprojekt” beantragt und den Betrag dann – natürlich völlig rechtmäßig – weitergegeben an seinen Klientelverein vor Ort, das “Kiezbündnis Klausenerplatz e.V.”, das bei eigenem Antrag eben nur 3.500 Eu erhalten hätte, jetzt aber mithilfe seiner Sponsoren im BA das 6fache erhält, nämlich 21.600 Eu. Wohl dem, der die richtigen Partnerparteien (SPD und Grünpartei) im BA sitzen hat, die für die Geldbeschaffung sorgen. Aber es bleibt doch noch eine Frage offen: Laut Senats-“Merkblatt über die Gewährung von Fördermitteln für … Pilotprojekte” – http://www.stadtentwicklung.berlin.de/st.. – gibt es diese Gelder in erster Linie für Integration / Aktivierung von Bürgerinnen und Bürgern / Vernetzung / Verstetigung für lokale Netzwerke, aber nicht explizit für Blumen auf Baumscheiben. Was hat also das BA dem Senat erzählt? Oder ging es einfach nur darum, die Banden zwischen BA und Klientelverein zu verstetigen? |
Nr. 5, jn, 26.10.2016 - 11:23 http://digitalpresent.tagesspiegel.de/gr.. mal reinschaun: die großwetterlage im Kiez der Zukunft |
Nr. 7, jn, 11.11.2016 - 18:25 Hr.Roeder legt und fragt in der BVV nach: http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w.. |
Nr. 8, jn, 16.11.2016 - 23:25 Plastiktüten verschwinden-Bäume auch: http://www.tagesspiegel.de/berlin/gruen-.. |
Nr. 9, jn, 17.11.2016 - 10:30 coffee to go-das grüne gewissen http://www.imwestenberlins.de/neue-kiezb.. |
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Vielleicht beruht ja die vorgebrachte “Unzuständigkeit” des grünen Umweltstadtrats für die Beantwortung von Fragen nach der Wirksamkeit seiner Umweltpolitik darauf, dass es sich beim “ÖkoKiez” in Wirklichkeit um reines SPD-Versorgungsprojekt handelt.
http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archi..