Offizielle Veranstaltung zu „Ökokiez 2020“
Am Mittwoch, den 29. Februar 2012 um 19.30 wird das Bezirksamt in der Mensa der Nehring-Grundschule eine Veranstaltung zu „Ökokiez 2020“ durchführen.
Es ist schön, daß der Bezirk trotz der größten Haushaltslücke aller Bezirke dennoch etwas für den Umweltschutz tun will. Gleichzeitig stellen sich dem Bürger aber auch einige Fragen:
Warum hat der Bezirk seine Fürsorge für die Umwelt auf ein so kleines Gebiet beschränkt? Ein Gebiet, dessen CO2-Werte schon jetzt so gut sind, wie es der Senat für das Land Berlin im Jahr 2030 anpeilt? Gibt es im ganzen Bezirk keine Bereiche, die eine Reduzierung der CO2-Werte dringend notwendiger haben? Zumal in das Viertel um den Klausenerplatz täglich in großen Mengen CO2 durch die umliegenden Hauptverkehrsstraßen, die Autobahn, ein Kraftwerk und ein Industriegebiet hineingetragen wird? Was die Fördereinrichtung des Bundesministeriums für Umwelt zu der Entscheidung veranlaßt hat, nie wieder Klimaschutzkonzepte für so kleine Areale aus Steuergeldern zu bezuschussen, weil verschwendete Steuergelder.
Der Bezirk hat also ein Klimaschutzkonzept für den gesamten Bezirk abgelehnt, weil ihm dazu Instrumente und Kompetenzen fehlen würden. Das gilt natürlich auch für „Ökokiez 2020“. Es ist daher mutig, daß sich der Bezirk in diesem Fall dennoch über seine eigenen Bedenken hinwegsetzt: Weil es hier „bereits eine relativ breit getragene Unterstützung in [der] Zivilgesellschaft“ und „eine günstige konkrete (Kiez) Ebene“ gibt, wie es in der Ablehnung für den Gesamtbezirk heißt. Aber warum hat es dann der Bezirk so eilig, einen Klimaschutzbeauftragten bezahlt zu bekommen (drei Jahre à wenigstens 50.000 €), zu dessen wichtigsten Aufgaben es gehören wird,
„weitere Vorbehalte [der Anwohner] bezüglich des lokalen Klimaschutzes (vor allem die energetische Sanierung von Wohngebäuden) abzubauen [wozu] eine kontinuierliche und strategische Öffentlichkeitsarbeit erforderlich [ist, um] eine Identifikation mit dem Projekt herbeizuführen“ (Klimaschutzkonzept, S. 66)?
Ist es also mit der Unterstützung „in der Zivilgesellschaft“ doch nicht so weit her? Sollen die Steuerzahler sogar noch dafür aufkommen, daß sie einer anderen Meinung gemacht werden? Und was ist eigentlich „eine günstige konkrete (Kiez) Ebene“? Wohl eine feinsinnige Umschreibung dessen, was die Berliner Zeitung am 25. Februar 2012 ganz direkt benennt:
„ein Geschenk [von SPD und Grünen] an die eigene Klientel im Klausenerplatz-Kiez“.
Apropos „Unterstützung in der Zivilgesellschaft“: Da hatte die letzte Umweltstadträtin (Grüne) damals in der Berliner Zeitung vom 28. Dezember 2010 mitgeteilt:
„‚Es wird nichts getan, was die Leute aus dem Kiez nicht wollen‘, verspricht sie. Alle Maßnahmen würden öffentlich diskutiert, die Bewohner könnten darüber entscheiden.“
Warum ist das eigentlich nicht so geschehen? Zugegeben, die Frage ist reichlich rhetorisch, die Antwort steht ja schon oben: Vorbehalte der Einwohner vs. Geschenk an die eigene Klientel vor Ort. So daß für den 29. Februar laut Bezirksfaltblatt an „Bürgerbeteiligung“ nur noch vorgesehen ist:
„Die Bezirksstadträtin stellt das ‚Integrierte kommunale Klimaschutzkonzept‘ und die geplanten weiteren Schritte vor.“ Also ein bißchen Diskussion, und dann läuft alles wie von den „Akteuren“ (bei denen es sich definitionsgemäß nie um Bürger handelt) geplant?
„Geplant“? Es fällt auf, wenn man sich die letzten 12 Jahre anschaut, daß immer wieder zwei Firmen, die einen gemeinsamen Geschäftsführer haben, mit im Spiel sind: beim Pilotprojekt „Prima Klima“ (2008-2009, zudem gleichzeitig 2001 bis 2010 als Gebietskoordinator), wo die nächsten Förderungsmöglichkeiten aus Steuergeldern eruiert wurden; bei der Erarbeitung des Klimaschutzkonzepts als Mitglied in dessen Steuerungsgruppe, wo „grundlegende Managemententscheidungen getroffen“ und dabei der Grundstein für die nächste Förderungsmöglichkeit aus Steuergeldern gelegt wurde; und demnächst als „freier Träger“ Ort der „Ansiedlung“ des erwähnten Klimaschutzmanagers. Wie kommt es, Bezirksamt/Umweltschutzstadträtin, daß diese Firma bei dieser Aufgabenübertragung, die ihr bestimmt nicht zum Schaden gereichen wird, sogar noch mitentscheiden durfte? Bestimmt würden viele andere, die ein Auge auf staatliche Förderungsmittel aus Steuergeldern haben, sich sehnlichst eine solche jahrelang gewachsene Zusammenarbeit mit einer staatlichen Dienststelle wünschen.
Leider nur, daß dabei viel Steuergelder für Papiere und Posten draufgehen. Warum hat das Umweltamt nicht im Sinne von Haushaltsdisziplin und sparsamem Umgang mit unseren Steuermitteln einfach mal kostenlos ins Internet geschaut? Und wieviel hat die farbige Broschüre, die das Umweltamt in einer Auflage von 2500 Exemplaren hat drucken lassen, gekostet? Hätte man dieses Geld nicht auch besser gleich dort in den Umweltschutz stecken können, wo es dringend benötigt wird?
Wo Licht ist, da ist auch Schatten: das Licht für die Klientel, der Schatten für die Anwohner, die „Vorbehalte [haben] bezüglich des lokalen Klimaschutzes (vor allem die energetische Sanierung von Wohngebäuden)“: Das vorzustellende Klimaschutzkonzept weiß dazu auf S. 17, daß
„energiesparende Maßnahmen häufig deutlich mehr kosten als die Heizkostenersparnisse, ganz besonders in Gründerzeithäusern“.
Hat denn das Bezirksamt – trotz der aufreibenden Bemühung, das Wilmersdorfer Rathaus möglichst preiswert zu verkaufen – nun endlich Verhandlungen mit der Gewobag aufgenommen, um die bei den anstehenden Sanierungen geplanten beträchtlichen Mietpreissteigerungen zu dämpfen und sozialverträglich zu gestalten?
Soweit einige Fragen – einige von denen, die in letzter Zeit gestellt wurden: in einem offenen Brief und in der 6. Einwohnerfrage vor der Februar-Sitzung der BVV, deren schriftliche Beantwortung jetzt als Kommentar zum offenen Brief vorliegt.
Weitere Fragen finden sich noch im Informationsblatt für den 29.2. (siehe Download-Links unten)
MichaelR
Infoflyer zum Download (als PDF):
* Infoblatt Ökokiez - Mieterbeirat Klausenerplatz
* Faltflyer Ökokiez - Mieterbeirat Klausenerplatz
* Flyer des Bezirksamts zur Anwohnerinformationsveranstaltung am 29. 2. 2012
Michael R - Gastautoren, Politik - 26. Februar 2012 - 21:30
Tags: bezirksamt/charlottenburg/gentrifizierung_gewobag/klausenerplatz/modernisierung/sanierungsvorhaben/ökokiez
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Ich denke, dass man vielleicht in einem kleinere Bereich wie euer Bezirk mehr erreicht, als wenn ein großes Projekt angefangen wird, dass letztendlich dann am Geld scheitert.