Prima Klima und bezahlbare Mieten
Nach den vorher unvorstellbaren Vorkommnissen bei der Sanierung eines Hauses in Spandau, hatte die GEWOBAG heftige Kritik einstecken müssen. Mit Berichten in der Presse, wie der rbb Abendschau, der Bildzeitung, RTL Explosiv und dem Berliner Kurier, hat sie der nahezu schlimmste anzunehmende Fall getroffen. Und das mit Recht. Wer solche Vorhaben nicht mit den Mietern zusammen plant, vorher informiert und abspricht, hat es nicht anders verdient. Diverse Details wurden deutlich. Daß Mieterhöhungen nach der energetischen Sanierung anstehen - völlig klar. Aber auch, daß die Einbaumöbel (z.B. Einbauküchen) nicht mehr paßten (die man vielleicht gerade relativ neu angeschafft hatte), sogar der Diebstahl von privatem Eigentum der Mieter (begünstigt durch offenstehende Wohnungen während der Bauarbeiten) und vieles andere.
Wie hoch die Folgen solcher Imageschäden durch negative Presseberichte sein mögen, wird sich schwer in konkrete Zahlen fassen lassen - könnten aber durchaus erheblich sein. Leider sind es auch dabei, neben den direkt betroffenen, natürlich wieder mal alle Mieter, die diese Zeche zu bezahlen haben.
Denn an wem bleibt ein möglicher finanzieller Schaden hängen, der sich zumindest als
fehlende Mittel für z.B. Instandhaltung bemerkbar machen könnte?
Natürlich denkt niemand aus dem Vorstand und schon gar nicht von den
Hauptverantwortlichen aus den zuständigen Senatsverwaltungen daran, den
Mietern, bzw. den Bürgern des Landes Berlin als eigentliche Eigentümer
der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft, den von ihnen verursachten
Schaden aus eigener Tasche zu erstatten. Nun, das müssen sie ja auch
nicht - das System ist so angelegt. Sie sollten dann aber auch zumindest mit dem
Wort "Verantwortlichkeit" etwas sorgsamer umgehen - ein Begriff, den sie
schon ganz gern bei "schönen Reden" verwenden. Tatsächlich
"Veranwortung" ernst nehmen und praktizieren, wäre mehr als wünschenswert.
Nun bleibt trotzdem den Mietern, wie allen Bürgern, nicht anderes übrig, als diesen Weg in die Öffentlichkeit immer wieder zu gehen. Stets in der Hoffnung, dadurch stilliegende Synapsen in den Köpfen der Verantwortlichen zu reaktivieren - oder gar völlig brachliegende Hirnareale der Zentren für soziales Verhalten und demokratischem Selbstverständnis wiederzubeleben. Jedesmal ein Biß in den sauren Apfel für die Betroffenen und darunter Leidenden sozusagen, aber dringend nötig, um wenigstens zukünftig verantwortliches Handeln zu forcieren.
Der wesentlichste Punkt des ganzen Geschehens wurde jedoch bisher ebenfalls nicht genau beziffert: die, im Gegensatz zu den oben genannten einmaligen Schäden, monatlichen Mieterhöhungen nach erfolgter Sanierung. Das hat nun der Berliner Mieterverein im aktuellen Mietermagazin nachgeholt.
Die errechnete und gesetzlich mögliche Umlage von 4 Euro pro Quadratmeter monatlich hat die Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG freiwillig auf 2,27 Euro gekappt. Das ergibt immer noch happige Mieterhöhungen, doch das eigentliche Problem sind die Umstände, unter denen die meist älteren Bewohner seit Monaten leben müssen.
Quelle: Berliner Mieterverein - Mietermagazin Juli/August 2010 Seite11 (leider noch nicht online)
Der Ausführung darin " .. doch das eigentliche Problem sind die
Umstände, unter denen die meist
älteren Bewohner seit Monaten leben müssen .." kann ich, wie ich schon
darlegte, so überhaupt nicht zustimmen (so krass und unzumutbar diese Umstände auch in
der Zeit der Bauarbeiten sind). Aber lassen wir das und bleiben bei der
Mieterhöhung. Lassen wir auch mal die (indiskutable) mögliche Erhöhung
von 4 Euro pro Quadratmeter weg und bleiben bei den 2,27 Euro pro
Quadratmeter, die man anscheinend für die Mieter als zumutbar hält. 2,27
Euro pro Quadratmeter Mieterhöhung auf einen Schlag bedeutet für eine
50 qm Wohnung 113,50 Euro mehr - Monat für Monat. (Dazu kommen anschließend die regelmäßig alle drei Jahre zulässigen Mieterhöhungen von derzeit 20% auf die dann um 113,50 Euro erhöhte Grundmiete!)
Nun kann sich jeder selbst ausrechnen, was das für ihn bedeuten würde.
Die nächsten Fragen dabei sind: für wie viele Mieter das nicht mehr
bezahlbar wäre, bzw. den Rahmen von Mietübernahmen (Hartz IV /
Grundsicherung) übersteigen würde?
Eine wirklich verantwortliche Politik ist also gefordert. Einmal zur selbstverständlichen Beteiligung der Mieter bei solch umfangreichen und folgeschweren Sanierungsmaßnahmen. Grundsätzlich aber auch bezüglich einer sozialverträglichen Sanierung, bezahlbar für alle Mieter im heimischen Kiez. Vorhaben, ob nun einfach nur aus schlichter Naivität, Träumereien, oder gar schlimmeren Hintergedanken, mit der Bezeichnung "ÖkoKiez 2020", Mieter im Kiez möglicherweise in eine böse Falle laufen zu lassen oder gewissen Kräften auch noch Vorschub zu leisten, brauchen wir schon gar nicht.
- Gesellschaft, Kiez, Politik - 20. Juli 2010 - 00:02
Tags: berlin/energetische_sanierung/gewobag/klausenerplatz/mieterhöhung/modernisierung/senatsverwaltung/spd/öko_kiez/ökokiez_2020
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