Eiskalt - Eiszeit in Charlottenburg
Eiskalt war es im laufenden Winter schon, eine Eiszeit war auch dabei. Doch, selbst wenn der Winter noch nicht ganz vorbei sein sollte - eins ist klar: es wird wärmer werden. Eiskalt bleibt jedoch die Politik - und das nachhaltig. Über Charlottenburg wurde eine Haushaltssperre verhängt, Jugendclubs hat es getroffen und vieles mehr, Laternen bleiben dunkel - jetzt gehen bei der Kultur die Lichter aus, bleibend.
Den für dieses Jahr vorgesehenen Umzug des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf (Heimatmuseum) hatten wir bereits erfahren. Vom geplanten Umzug der daneben liegenden Naturwissenschaftlichen Sammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin hörten wir die ersten Hinweise schon im Jahr 2008, als wir den Museumsstandort am Schloß Charlottenburg anläßlich der Eröffnung der Sammlung Scharf-Gerstenberg vorstellten. In einem gemeinsam neu erarbeiteten Flyer präsentierten sich zu diesem Zeitpunkt 11 Museen und Sammlungen rund um das Schloß und unseren Kiez am Klausenerplatz.
Doch wie leider so oft, um nicht zu sagen immer, sind die offiziellen Darstellungen der verantwortlichen Politiker eine Sache, die Fakten, Erfahrungen und Sichtweisen der Betroffenen eine andere.
Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen (SPD) hatte die Aufgabe der Villa Oppenheim
als Galerie für Gegenwartskunst (Schließung eines Standortes aus Geldmangel) zwar
des öfteren bedauert, doch zeigte sie sich erfreut über Gelder von der
Lotto-Stiftung zum Umbau des Gebäudes und den damit möglichen Umzug des
Museums Charlottenburg-Wilmerdorf an diesen Ort.
Die Berliner Kulturverwaltung (Senatskanzlei - Kulturelle Angelegenheiten) teilte am 17.10.2007 zur Naturwissenschaftlichen Sammlung mit:
..... Die Stiftung kann im Gegenzug fünf Standorte in der Brüderstraße (Galgenhaus, Nicolaihaus), der Poststraße (Verwaltung), der Wallstraße (Sammlung Kindheit und Jugend) und der Schlossstraße (Naturwissenschaftliche Sammlung) aufgeben und deren Beständen im Märkischen Museum konzentrieren.
Damit wird sich die Stiftung Stadtmuseum künftig an sieben Standorten präsentieren. Diese sind – abgesehen vom Schloss Friedrichsfelde und dem Museumsdorf Düppel - in Mitte konzentriert und umfassen neben dem Marinehaus und dem Märkischen Museum, das Nikolaiviertel mit der Nikolaikirche, dem Knoblauchhaus und dem Ephraim-Palais. .....
Quelle: Pressemitteilung des Landes Berlin -Kultur- vom 17.10.2007 "Stadtmuseum erhält ein neues Zentrum"
Nun ist es soweit, die Termine rücken näher. Ich habe mich dazu mal in den Museen umgehört und dabei wurde einiges deutlicher.
Um es vorwegzunehmen: man ist geschockt und richtig erbost. Die Mitarbeiter wurden vorher hingehalten und nur spärlich informiert. Das Heimatmuseum zieht, so schön die Villa Oppenheim mit dem Schustehruspark auch sein mag, an das Ende der Welt. Wenn es auch nur etliche hundert Meter sind, so ist es doch meilenweit vom Zentrum der Museen rund um das Schloß Charlottenburg entfernt. Wieviele Besucher werden sich dorthin verirren? Man weiß es, auf jeden Fall wesentlich weniger. Immerhin handelt es sich dabei noch um einen echten Umzug, also einen Weiterbestand in angemessenen Räumlichkeiten. Die Naturwissenschaftliche Sammlung zieht in dem Sinne nicht um, sondern sie wird es schlichtweg nicht mehr geben. Die meisten Ausstellungsstücke sollen im Depot verschwinden und nur weniges soll in einer andersartigen Sammlung in einem kleinen Raum am zukünftigen Standort noch zu sehen sein.
Für unseren Bezirk ist es auf jeden Fall ein herber Schlag, denn die beiden Museen gehörten zusammen und das genau an diesem zentralen Ort am Schloß Charlottenburg. Damals hatte ich geschrieben und genau das schmerzt die Mitarbeiter selbst tief, wie sie mir gestern erzählten:
>> Das Heimatmuseum
und diese naturwissenschaftliche Sammlung hatten immer zusammen ganz
hervorragende Ausstellungen gemeinsam ausgerichtet (siehe z.B. Berichte
zur letzten Osterausstellung im Kiezer Weblog - hier und dort).
Diese gemeinsamen Ausstellungen haben sicher nicht das offizielle
Renommee von sog. "großer Kunst" - sie sind aber stets mit so viel Herz
und Liebe zusammengetragen und konzipiert, daß Glänzen in den Augen
auftaucht. Gerade das hat, für mich jedenfalls, im Zweifelsfalle eine
viel größere Bedeutung. Sicher auch für unseren Kiez, für die Schulen
in der Nähe und natürlich für die Kinder allgemein. Es muß nicht immer
alles nur teuer, wertvoll oder selten sein - es gibt Dinge mit
wenigstens dem gleichen Wert! <<
Dem habe ich aus aktuellem Gemüt heraus nur noch hinzuzufügen: mögen die Wölfe die verantwortlichen Politiker in den Hintern beißen und die Mammuts anschließend auf ihnen rumtrampeln.
Die wunderbare Ausstellung "Eiskalt - die Eiszeit in Berlin" ist noch bis zum 20. Februar 2011 bei freiem Eintritt zu bewundern. Dann wird noch eine letzte Osterausstellung folgen und am 2. Mai gehen die Lichter aus.
Stiftung Stadtmuseum Berlin
Naturwissenschaftliche Sammlung
Schloßstraße 69a
Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag von 10:00 bis 18:00 Uhr
- Kiez, Kunst und Kultur - 11. Februar 2011 - 00:10
Tags: berlin/charlottenburg/museum/museumsstandort/schloss
vier Kommentare
Nr. 3, maho, 03.03.2011 - 00:02 Die taz hat dazu berichtet: “Die Naturwissenschaftliche Sammlung in Charlottenburg wird geschlossen. Die Stiftung Stadtmuseum verspricht Ersatzräume, aber der Förderkreis des Museums fürchtet nach dem Gang ins Depot auch das Aus.” http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/kna.. |
Nr. 4, maho, 07.03.2011 - 19:41 Die Berliner Morgenpost hat am 07.03.2011 berichtet: “Nofretete ist längst fort, die Vor- und Frühgeschichte auch, jetzt verlässt auch die Naturwissenschaftliche Sammlung den Museumsstandort Charlottenburg. Sie wandert erst einmal ins Depot. Der Verein der Förderer wehrt sich vehement dagegen.” http://www.morgenpost.de/berlin/article1.. |
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Dann können die ihren Flyer über die Museumsandschaft Charlottenburg bald in die Altpapiersammlung tun….