Was ist los mit „Ökokiez 2020“? - Bürgeranfrage zur BVV am 26. April
Nun sind schon fast zwei Monate seit jenem 29. Februar vergangen, und weder vom Initiator (Bürgerverein) noch vom Projektträger (Umweltamt) hat man je wieder öffentlich etwas zum „Ökokiez 2020“ gehört. Was ist los? Vielleicht hilft ein Blick zurück auf die bisherigen offiziellen Veranstaltungen zum Thema, um die große Stille zu erklären:
Da war also die erste Veranstaltung am 9. März 2011.
Augenscheinlich war eine ganze Anzahl von Einwohnern anwesend, die hoffte, etwas Genaueres erfahren zu können – gerade auch im Hinblick auf ihre Situation als Mieter (vgl. Klimaschutzkonzept der Fa. B.&S.U., S. 64) - und vielleicht die Möglichkeit sah, auf die jetzt über sie kommende Entwicklung ein bißchen Einfluß nehmen zu können.
Es sieht so aus, als ob diese Anwohner in ihren Erwartungen enttäuscht wurden und in der Folge fernblieben, denn über die zweite Veranstaltung des Bezirksamtes am 30. März konnte das Klimaschutzkonzept befriedigt feststellen, daß sie „einen wesentlich konstruktiveren Charakter als die erste Veranstaltung“ hatte (S. 2). Das legt die Vermutung nahe, daß diesmal die Befürworter schon mehr unter sich waren. Und damit war dann wohl erst einmal genug Demokratie gewagt, und außerdem war es Zeit, endlich richtig konstruktiv im Sinne von Initiator und Projektträger zu werden.
Bei der dritten offiziellen Veranstaltung am 12. und 13. September letzten Jahres war daher von Anfang an sichergestellt, daß nur Befürworter anwesend waren, denn sie fand als „Expertenworkshop“ für geladene Teilnehmer statt. Später, auf der Sitzung des Umweltausschusses der BVV am 10. Januar, erläuterte der Leiter des Umweltamts, Herr Graf zu Lynar, dies freimütig: Grund für die Nichtöffentlichkeit sei „die Kalkulierbarkeit der Leute“ gewesen.
Die vierte und letzte Veranstaltung des Bezirksamts am 29. Februar diente der schönen scheindemokratischen Tradition, post festum ein „Stimmungsbild“ (Frau Stadträtin Jantzen in Ihrer Antwort zu Frage 4 der 3. Einwohnerfrage im März beim Volk herbeizuführen.
Trotz günstiger Stimmung fiel das Bild erstaunlich kläglich aus: keine einzige der vielen Einzelmaßnahmen des Klimaschutzkonzepts erhielt auch nur die Hälfte der Stimmen der Anwesenden, obwohl offensichtlich war, daß diese Teilnehmerschaft ganz überwiegend zum Klientel der bezirklichen Zählgemeinschaft aus SPD und Grüner Partei gehörte.
Nachdem nunmehr vor dem Publikum alles getan ist, was Parteien wie SPD oder Grüne Partei offenbar ihrem Demokratieverständnis schuldig sind, ruht jetzt wieder das gewohnte Schweigen über den der Öffentlichkeit verborgenen Amtsvorgängen. Die folgenden Fragen zur BVV am 26. April sollen etwas Licht bringen. (Die bisherigen Bürgeranfragen und Antworten zum Thema „Ökokiez 2020“ finden sich hier:
* Februar 2012/6. Einwohnerfrage,
* März 2012/3. Einwohnerfrage.)
Bürgeranfrage zum Thema "Ökokiez 2020" für die BVV vom 26. April:
-
1. Wann wurde beim
Bundesumweltministerium (BMU) bzw. dem Projektträger Jülich (PtJ) der
Antrag auf Fördermittel für die Einstellung eines Klimaschutzmanagers gestellt, wie lautet der
Antrag, und wie ist er beschieden worden bzw. für wann wird eine
Entscheidung erwartet?
- 2. Da die Förderung für einen Klimaschutzmanager nur 65% der Kosten
decken wird: von wem konkret sollen die übrigen 35% herkommen? Und wie
hoch werden in diesem Zusammenhang die jährlichen Kosten (d.h.: Zahlungen an den freien
Träger für dessen Bemühungen) sein, die durch die Einschaltung eines
freien Trägers (siehe nächste Frage) entstehen werden?
- 3. Am 25. Januar 2012 beschloß lt. Protokoll die sog. „Steuerungsgruppe“
des „Ökokiez 2020“, den zukünftigen Klimaschutzmanager nicht beim
Umweltamt, sondern bei der Fa. „argus“ „anzusiedeln“. Wie steht das Bezirksamt zu
der Tatsache, daß der Geschäftsführer dieser Firma, Herr Maier, nicht
nur Mitglied der „Steuerungsgruppe“ ist (Klimaschutzkonzept, S. 176), sondern sogar
an diesem seine Firma und damit ihn persönlich begünstigenden Beschluß
beteiligt war?
- 4. Welcher bezirkliche Entscheidungsträger hat den in der Vorfrage
erwähnten Beschluß der „Steuerungsgruppe“ offiziell übernommen, und wie
lautet der offizielle bezirkliche Beschluß?
- 5. Gibt es eine Pflicht zur Ausschreibung der oben erwähnten „Ansiedlung“ eines zukünftigen Klimaschutzmanagers bei einem freien Träger; gab es eine Ausschreibung, um auch anderen eine Chance zu geben; oder ging „man“ im Bezirksamt (wer genau?) davon aus, daß die Fa. „argus“, mit der das Bezirksamt seit nun über 10 Jahren ununterbrochen eng zusammenarbeitet, allein geeignet ist?
MichaelR
Michael R. - Gastautoren, Politik - 26. April 2012 - 22:04
Tags: bezirksamt/charlottenburg/klimaschutz/michaelr/umweltamt/ökokiez
vier Kommentare
Nr. 3, neu, 02.05.2012 - 11:23 Thema des Monats Mai der BVV Wird mit dem Projekt Ökokiez 2020 die "Gentrifizierung" des Quartiers betrieben ? http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w.. |
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"Grund für die Nichtöffentlichkeit sei „die Kalkulierbarkeit der Leute“ gewesen."
Bizarr, bizarr – bislang dachte ich immer, wir lebten in einer demokratischen Bürgergesellschaft. Aber vielleicht leben wir ja auch in einer "verwaltungs-, oder gar filzkonformen Demokratie"?