Ökokiez 2020 - Was ist drin?
Kleines Vorwort
Am 30.03.2011 lud das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, vertreten durch die Stadträtin für Soziales, Gesundheit und Umwelt Frau Martina Schmiedhofer, zum zweiten Mal in die Nehringschulmensa ein, um Fragen zum Thema Klimaschutzkonzept zu beantworten. Mit dabei waren wieder Herr Graf zu Lynar vom bezirklichen Umweltamt und die Vertreter der Firma B.&S.U. Herr André Butz und Frau Dr. Ricarda Rieck, die das Konzept erstellen sollen. Sie saßen gemeinsam nebeneinander und gut sichtbar vor dem Publikum an einem Tisch.
Der Grund dieses zweiten Treffens waren die vielen Fragen und Unklarheiten, die beim ersten Treffen mit diesem Klimaschutzkonzept einher gingen.
Am Ende der Veranstaltung kündigte Frau Schmiedhofer ein weiteres Treffen im Mai an.
Die Auftraggeber und Ausführenden des Konzeptes hatten also ihren ursprünglichen Plan, sämtliche öffentliche Beteiligung mit einem Termin durchzuführen, aufgegeben.
Kurz gesagt, diese erste Veranstaltung war kein Ruhmesblatt. Zweieinhalb
Stunden für Vortrag, Diskussion und Vorschläge sind für ca. 80
anwesende Bewohnerinnen und Bewohner zu wenig. Dazu kamen wenig
überzeugende Antworten, die unzufriedene Stimmung war den Gastgebern
nicht entgangen.
Das große Problem, das auch weiterhin existiert, ist die Zweiteilung von
Theorie und Praxis. Die Theorie ist das Konzept. Die Praxis sind die
möglichen realen Maßnahmen, Projekte und Folgen. Verständlich, dass die
meisten Bewohnerinnen und Bewohner im Kiez etwas über die Praxis wissen
wollen. Das bestehende Problem von Bezirksamt und B.&S.U. ist daher
zu erklären, was wird geschehen???
Dies ist abhängig von den zu beschließenden Maßnahmen und zugleich deren
Finanzierung, die möglichst von Bundes- oder EU-Seite kommen soll.
Um nicht wieder in die Falle zu tappen, etwas erklären zu müssen, was
noch gar nicht existiert, wurde diesmal gleich am Anfang festgelegt:
Wir reden heute nur über das Konzept, die Folgen und Wirkungen sind noch zu weit entfernt.
Das Wichtigste schon am Anfang
Hier also die wesentlichen Ziele, Maßnahmen, Fakten und meine Bewertung des Klimakonzeptes:
Der Ökokiez 2020 ist ein Modellprojekt dass möglicherweise auf andere Stadtteile übertragen werden soll.
Folgende Erkenntnisse sollen u. a. in dem Modellprojekt gewonnen werden:
Wie hoch sind die Energieeinsparung bei Wärmedämmung des Altbaubestandes und die Kosten?
Welche zusätzlichen Energiequellen (Solarthermie, Photovoltaik, Erdwärme, Kleinwindanlagen) können installiert werden und wie wirkt sich dies auf die Mieten aus?
Wie kann der Straßenraum umgestaltet werden, um den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad zu fördern?
Mögliche Maßnahmen
- Frühzeitige Einbindung der Bevölkerung
- Energieeffiziente Sanierung der Gebäude:
- Gebäudeisolation, Fenster, Lüftung
- Optimierung von Heizungen / Heizanlagen
- Energieeffiziente und dezentrale Energieversorgung:
- Ausbau Erneuerbarer Energien
- Nutzung von Geothermie und Abwasserwärme
- Intelligenter und sparsamer Stromverbrauch
- Umgestaltung des Verkehrsraumes – Verkehrsoptimierung verbesserte Verkehrsberuhigung des gesamten Quartiers
- Schließung von Durchgangsstraßen (Knobelsdorffstraße / Ecke Sophie-Charlotten-Straße)
- Einrichtung eines Einbahnstraßenverkehrs
- Carsharing
- Rückbau der Trennung von Fahrbahn und Gehweg
- Nachtfahrverbote für LKW und Motorräder
- Schaffung von alternativem Parkraum
- Optimierte Anbindung an der ÖPNV (insbesondere an U + S Bahn) z. B. durch Einrichtung einer Kiezbahn
- Energiesparberatung für die Bewohner
- Beratung für energieeffizienten umweltfreundlichen Konsum- und Lebensstil
In der Tat sind die Wärmedämmung, Optimierung der Heizsysteme sowie Heizversorgung und die Energiesparberatung die entscheidenden Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes. Alle anderen Vorschläge sind modellhaft und ohne bedeutende Wirkung.
Gebäudesanierung ist Sache der Hauseigentümer. Diese könnten bundesweite Förderprogramme nutzen. Modernisierung aber kostet viel Geld, das man haben muss, und nach jetziger Rechtslage zu deutlichen Mieterhöhungen führen wird. Dies bedeutet die Verdrängung sozial Schwacher. Wer anderes behauptet, soll erklären, wie eine Mieterhöhung um geschätzte 2 bis 3 € pro Quadratmeter bezahlt werden soll. Zudem gibt es keinen kostengünstigen alternativen Wohnraum im Kiez. Wenn das keine Verdrängung ist, dann ist Guido Westerwelle der beste Außenminister den wir je hatten.
Durch die Modernisierung wird der Kiez immer interessanter für Besserverdienende. Der Hauseigentümer kann nach dem Mietgesetz die Miete bei Neuvermietung frei bilden, das heißt er kann die Wohnungen so teuer anbieten, wie es der Markt erlaubt. Vermieter sind Unternehmen, die Geld verdienen müssen, eine Sozialauswahl zu Gunsten Einkommensschwacher gehört nicht zum Geschäftsgebaren.
Sozialer Wohnungsbau ist Aufgabe der Bundesländer.
Gebäudesanierung ist der Energiesparer schlechthin. Doch die Kosten muss der Mieter tragen, daran führt kein Weg vorbei. Gesetzliche Veränderungen der Modernisierung, der Mieterhöhung und bei der Neuvermietung könnten zwingend helfen, eine Klimakonzept dagegen tut dies nicht.
Ausbau von Erneuerbaren Energien ist auch eine gute Sache, nur hilft sie dort am meistens, wo große Mengen Strom oder Wärme verbraucht werden, also bei Industrie und Gewerbe. Im Kiez sind solche Maßnahmen, noch zudem vom Mieter bezahlt, teure Investitionen, die schlicht und einfach nicht finanzierbar sind, wenn ernsthafte Mengen eingespart werden sollen. Solarthermie ist ein interessantes Konzept, die flächendeckende technische Umsetzung in die Heizanlagen eine andere.
Weitere Verkehrsberuhigung in einem Kiez, dem die Polizei bestätigt, dass wir hier auf einer Trauminsel leben (weniger als 10 Unfälle in 2 Jahren), muss unter den realen Bedingungen ernsthaft hinterfragt werden. Erst einmal ist unter diesen realen Bedingungen eine zusätzliche Einsparung überhaupt erreichbar? Wer sein Auto braucht, fährt auch weiter, ob nun im Kiez oder um ihn herum. Lieferverkehr, Entsorgungsfahrzeuge etc. werden im Kiez täglich benötigt.
Die Sperrung der Knobelsdorffstraße zwingt den Bezirk zu unnötigen hohen Folgekosten durch eine von ihm zugesagte Verkehrsberuhigung des Horstweges. Sinnvoll wäre ein Herausfahren auf die Sophie-Charlotten-Straße gewesen, schon alleine für die Müllfahrzeuge und LKWs, die dort nicht wenden können. Auch dieser Umbau zur Sackgasse wird mehr Kosten als ein paar provisorische Absperrungen des Tiefbauamtes.
Einbahnstraßenverkehr erinnert mich immer an die ehemaligen Straßen in Ostberlin an der Mauer in denen man stundenlang herum fuhr und sein Ziel erst über abenteuerliche Wegführungen erreichte.
Ja, und dann noch die bessere Anbindung an U + S Bahn und die Kiezbahn.
In welcher bierseligen und Wein geschwängerten Stunde sind denn diese Ideen entstanden???
Hat jemand vielleicht mal am Stadtrand oder Umland gewohnt?
Da gibt es gar keine U + S Bahn, die man in 5 – 8 Minuten zu Fuß erreichen kann. Da gibt es einen Bus, der fährt dich dahin – und bitte frage nicht, wie oft dieser Bus in der Stunde kommt, wann der abends nicht mehr fährt und von Sonntagen ganz zu schweigen.
Daher kurz und schmerzlos:
Wir brauchen kein teures Klimakonzept, sondern bessere gesetzliche Regelungen für die Mieterinnen und Mieter bei Modernisierung und Mieterhöhung. Und wir brauchen die nötigen Finanzmittel von der öffentlichen Hand für Hauseigentümer wie die GEWOBAG, damit sie die Häuser energetisch Sanieren können und so etwas gegen den Klimawandel und tun damit helfen den C02-Ausstoß in unserer Welt zu vermindern.
Vorbereitung und Vortrag
Die Gastgeber hatten sich diesmal gut vorbereitet, die Mikrophonanlage funktionierte und fiel nicht wie beim letzten Mal nach 20 Minuten aus. Bedauerlich nur, dass die Lautsprecherbox auf dem Boden stand. So hörte man die Stimmen doch recht ordentlich, den Eindruck von Professionalität mit der Tontechnik vermittelt so etwas allerdings nicht.
Eine Stimme die vom Boden kommt - wie aus dem “Off“ - welche Freudsche Fehlleistung darf hier prämiert werden?
Gut vorbereitet war auch der Herr Graf zu Lynar, der die ganze Zeit zwar nur schweigend neben der Stadträtin saß, aber dafür körperlich umso aktiver war: Er schloss die Kippfenster. (Vermutungen, er habe im Kiezer Weblog gelesen, konnten nicht bestätigt werden.)
Warum der Graf nicht sprechen mag, ist ein Rätsel. Will er nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern reden oder darf er nicht? Schade ist dies allemal, würde doch hier eine kommunikative Brücke zur Exekutive - Umweltamt gebaut. Sein Schweigen schafft weder Vertrauen noch Sympathie.
Frau Dr. Rieck beginnt ihren Vortrag mit Laptop und Beamer.
Zuerst wird das zu untersuchende Gebiet benannt. Ein Karree aus Spandauer Damm (nördliche Seite), Schloßstraße (östliche Seite), Knobelsdorffstraße (südliche Seite) und Sophie-Charlotten-Straße (westliche Seite). Rund 9000 Einwohnerinnen und Einwohner leben auf 230 Grundstücken in 4900 Wohnungen, davon sind 80% Altbauten, die vor 1912 errichtet wurden. 269 Gewerbe mit 22% Einzelhandel, 21% Dienstleistungen und 14% Gastronomie. Dämmungen von Kellern, Dächern und Brandschutzwänden sind typische Probleme. Der GEWOBAG gehören rund 60% dieses Bestandes, von den restlichen 70 Hauseigentümern haben zwei den verschickten Fragebogen beantwortet.
Auch die Blockheizwerke der GEWOBAG, mittlerweile mit Gas befeuert, sind nach dem heutigen Stand überdimensioniert und sollten teilweise modernisiert werden – Fernwärme wäre aber (schon immer) wesentlich effektiver. Die verbauten Einrohrheizungen, damals billiger als das gängige System mit Vor- und Rücklauf, eine weiteres teures Problem der GEWOBAG auf dem Weg zum sparsamen Umgang mit Heizwärme.
Beim Thema Verkehr schneidet der Kiez recht gut ab. Durchschnittlich 235 PKW pro tausend Einwohner. (Bund: 502, Land Berlin: 325). Von 2008 bis 2010 stieg die PKW- Anmeldung von 2027 auf 2107.(Anmerkung: Wer sich allerdings im Kiez umschaut weiß, dass Parkraum fehlt und auch die Zahl der Autos natürlich deutlich höher ist, weil Autos, die aus verschiedenen Gründen nicht nur auf die Bewohner zugelassen sind, dennoch hier parken.) Auch Fahrradstellplätze fehlen. Bei der Begrünung wird fehlender Ersatz von Straßenbäumen kritisiert, aber auch die Höfe der Wohnhäuser könnten grüner sein.
Beim kommunalen Bestand wird Frau Dr. Rieck deutlich, als sie auf Aktionen zum Energiesparen anspricht. “Es gibt nicht besonders viele“, nennt dann den Earth Hour Day 2011 in der Nehringschule.
Erwähnt wird noch die Reduzierung von 0,5 Tonnen C02 pro Einwohner auf 5,4 Tonnen und die Arbeit des Klimateams, dass Vorort bereits 30 Termine vereinbart hat.
Dann geht es schon zu Beispielen anderer Kommunen, hier werden noch einmal der direkte Einfluss und die Kooperation hervorgehoben.
Private Haushalte:
- Beratung für einkommensschwache Haushalte
- Klimafreundliches Einkaufen (regionale und saisonale Produkte)
- Initiierung eines vegetarischen Tages
- Musterwohnung
- energetische Sanierung durch die Wohnungswirtschaft
Kommunale Gebäude:
- Energiesparprogramme in Schulen und Kitas
- Energiesparmanagement in öffentlichen Gebäuden
- Energiesparbudget für kommunale Liegenschaften
- Vorbild Kommune durch Sanierung
Industrie und Gewerbe:
(nicht so interessant im Kiez, da keine Industrie)
- Kühlgeräte in der Gastronomie
- Beratung durch IHK und Handwerkskammern (Sonderfond Energieeffizienz)
Verkehr:
- mehr Fuß- und Fahrradwege
- Elektroautos (Anmerkung: nicht sinnvoll, solange der getankte Strom mit CO2-Ausstoß produziert wird)
- Carsharing
Energieversorgung (Kernpunkt im Kiez)
- Nah- und Fernwärme
- Kraft-Wärme-Kopplung
- Abwasserwärme
- Erneuerbare Energien (EEG)
- Maßnahmen im Klimakonzept müssen für den Bezirk verantwortbar, finanzierbar, personell umsetzbar und beeinflussbar sein, sonst wird der Bezirk sie nicht beschließen können.
Schwerpunkte sind demnach folgende drei Maßnahmebereiche:
- Unterstützung energetischer Gebäudesanierung
- Basis für zukunftsweisende Energieversorgung
- Bewusstseinsbildung für klimafreundliches Nutzerverhalten
Zum Abschluss des Vortrages werden noch einmal die Schritte zur Erstellung des Konzepts genannt:
Weitere Daten erfassen, Energieverbräuche berechnen, Energiepotentiale ableiten, Maßnahmen identifizieren, benennen und mit dem Bezirk abstimmen.
Herr Butz erwähnt noch einen wichtigen Fakt. Klimaschutz ist kein fester Bestandteil der bezirklichen Verwaltung. Dies soll sich aber ändern.
Fragen und Antworten 1. Block
Die Fragen werden erst gesammelt und dann beantwortet, ich stelle sie hier der Übersichtlichkeit zusammen.
Frage:
Wie ist die soziale Verträglichkeit von energetischer Sanierung?
Antwort Frau Schmiedhofer:
Sie spricht die 2. Miete an, der Maßnahmenkatalog muss verabschiedet werden, auch wenn öffentliche Gelder in Ferne sind, positiv denken.
Frage:
Was ist mit einem Ökomarkt auf dem Klausenerplatz?
Antwort Frau Schmiedhofer:
Richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Soll der Bezirk etwa Anzeigen schalten? Erinnert an das Scheitern auf dem Walter-Benjamin-Platz am Kudamm.
Frage:
Sollten ältere Menschen zum Thema Ökokiez 2020 angeschrieben werden, um sie nicht auszugrenzen?
Antwort Frau Schmiedhofer:
Alte Leute seien sowieso sparsam, das machen sie wegen ihrer Erziehung.
Frage:
Sollten Migranten miteinbezogen werden?
Antwort Frau Schmiedhofer:
Ja, das ist sinnvoll und konstruktiv.
Frage:
Muss jeder Altbau teuer saniert werden, auch wenn im Energieausweis der ausgewiesene Verbrauch nicht so hoch ist?
Antwort Herr Butz:
Sie haben einen Energieausweis, der den realen Verbrauch des Hauses ausweist. Es gibt aber auch einen bedarfsorientierten Energieausweis, der teuer ist und aussagt, wie hoch der Verbrauch eines Hauses sein sollte.
Frage:
Ist Ökostrom auch wirklich Ökostrom?
Antwort Herr Butz:
Es gibt Zertifikate für die Anbieter, eine Person aus dem Publikum ergänzt, es gibt vier unabhängige Anbieter.
Anmerkung :
Insgesamt bleibt Herr Butz diese einfache Antwort schuldig. Bei diesem wichtigen Thema kann er nicht Punkten. Ökostrom verhindert nämlich den CO2-Ausstoß. Dafür braucht man natürlich keine 102.000 € Klimakonzepte. Fakt ist, wenn ein Stromkonzern wie Vattenfall mit seinem Monopol in Berlin Ökostrom anbietet, ist der Strom ohne CO2-Ausstoß produziert, auch wenn Vattenfall AKWs und Kohlekraftwerke betreibt.
Frage:
Was ist mit Solarstrom auf Dächern im Kiez und wer bekommt die Vergütung?
Antwort Herr Butz:
Die Vergütung geht an den Eigentümer der Anlage. Auch so genannte Bürgersolargemeinschaften sind möglich. Hier finanzieren Bürger Solaranlagen auf Häusern, die ihnen nicht gehören. Dies wäre auch auf GEWOBAG Häusern möglich.
Anmerkung:
Auch bei diesem Thema tut sich Herr Butz schwer .Die Einspeisungen sind nach dem EEG geregelt, die Anlagen sind teuer, die Refinanzierung liegt bei 8 – 10 Jahren. Die vorhandenen Flächen, im Vortrag auf ein Drittel der Dachflächen geschätzt, sind aber für größere Anlagen ab 5 KW nicht wirklich vorhanden. Hier gilt: Je größer die Solarfläche umso günstiger die Finanzierung. Wer baut aber eine solche Anlage auf flächenmäßig zu kleine Dächer, die älter als 30 Jahre sind?
Fragen und Antworten 2. Block
Kann der Verteilerschlüssel für Heizung und Warmwasser in der Betriebskostenabrechnung nicht geändert werden?
Würde der Schlüssel von 50% Verbrauch und 50% Quadratmeter auf 70/30 oder 80/20 geändert werden, könnte damit das Kostenbewusstsein gesteigert werden?
Die Antwort gibt Bernd Maier aus der Ökokiez AG vom Kiezbündnis Klausenerplatz e.V. im Frageblock, verkleidet in einer äußerst fragwürdigen Erklärung zu der Heizkostenverordnung.
50/50 sei bei der GEWOBAG üblich, so werden Wärmekosten mehr verteilt, als dem Verbraucher zugeordnet. 70/30 sei nötig, aber auch 100% Verbrauchsabrechnung möglich. Dies sei zwar nach der Heizkostenverordnung nicht erlaubt, aber wo kein Kläger, da auch kein Richter.
Anmerkung:
Der Sinn und die Zuverlässigkeit der Abrechnungsmethode (50 – 70% nach Verbrauch) ist wissenschaftlich fundiert.
Ein Bewohner, der nicht ausreichend heizt, zwingt andere Mieter mehr zu heizen. Dennoch kommt ihm die Heizenergie der anderen heizenden Mieter zugute. Darum wird ein Teil nach Quadratmetern abgerechnet, damit dieser wenig oder gar nicht heizende Mieter die Heizleistung auch bezahlt von der er profitiert.
Kurz gesagt: Ein Haus im Winter darf nicht auskühlen, wer also glaubt, ich drehe die Heizung ab und friere trotzdem nicht, weil die anderen ja heizen und bezahlen, muss natürlich mit Heizkosten belastet werden, die dann eben nicht über den gemessenen Verbrauch sondern über die Quadratmeter abgerechnet werden. Eine Abrechnung nur nach Verbrauch zu fordern, ist daher wenig durchdacht.
Frage:
Warum wurde kein Fragebogen an die Nehringstraße / Ecke Neufertstraße verschickt?
(Es handelt sich um ein Objekt der GEWOBAG, das verpachtet wurde)
Antwort Herr Butz:
Er erklärt, es gäbe nur zwei Rückläufe, will aber Kontakt mit dem Frager aufnehmen.
Frage:
Gibt es Fungizide und Pestizide in Anstrichen auf Dämmungen, die ausdunsten können, muss später Anstrich und Dämmung als Sondermüll entsorgt werden?
Weiß das Umweltamt etwas darüber?
Antwort Frau Schmiedhofer:
Zuerst wird die Frage im Antwortblock vergessen. Die Frage war eindeutig an die Stadträtin und den Graf zu Lynar gerichtet. Antworten hatte die Stadträtin im 2. Block überhaupt nicht mehr gegeben, der Graf schweigt sowieso. Nun aber ein unwilliger Versuch. Der Fragende ist ein Vertreter des Mieterbeirates Klausenerplatz und fällt gerne durch seine klare und überdeutliche Aussprache der Wahrheit und weiterer unangenehmer Fakten auf. Er fordert die Antwort ein. Frau Schmiedhofer ist sichtlich aufgebracht und erklärt, sie hat diesbezüglich keine Genehmigungen erteilt, sie wisse nichts über das Thema.
Anmerkung:
Die Antwort gleicht eher einer kompletten Verweigerung, als wenigsten den Versuch das Thema Fungizide, Pestizide (Alizide) und Gesundheit ernst zu nehmen. Für eine grüne Stadträtin eine erstaunliche Wissenslücke einschließlich überzeugendem Desinteresse für ökologische Baustoffe. Auch der Graf scheint andere Probleme zu haben, als über Sondermüll und mögliche ausdünstende Schadstoffe zu sprechen
Frage:
Wann sind die Kapazitäten der Ökostromanbieter erschöpft?
Die Antwort wird von Martin Burth von der Ökokiez AG im Frageblock beantwortet.
Wörtlich beginnt er: “Wir hatten uns den Ökokiez 2020 so ein bisschen ausgedacht“ und erklärt dann, dass mehr Ökostrom produziert wird, als verbraucht wird. Er erwähnt auch das Greenwashing. Hier werden Überkapazitäten an Stromkonzerne über Zertifikate verkauft, die selber zu viel CO2 in ihren Kraftwerken ausstoßen.
Er nennt auch die Ökostromproduzenten Naturstrom, Lichtblick, Greenpeace, EWS Schönau, der Rest seien Händler.
Frage:
Die Person mit dem Energieausweis fragt noch einmal nach dem Sinn einer teuren Sanierung bei moderatem Energieverbrauch des Hauses nach?
Im Antwortblock begann Herr Butz gerade die Frage zu beantworten, doch Bernd Maier vom Kiezbündnis unterbricht ihn. Irritiert überlässt Herr Butz ihm die Beantwortung.
Der Altbau ist besser als sein Ruf, der bedarfsorientierten Energieausweis sei ein extra angefertigtes Einzelgutachten, 1000 bis 2000 € teuer. Alles relevante (z. B. Wandstärken etc.) eines Hauses wird gemessen und verarbeitet. Der Gesetzgeber schreibt einen Ausweis vor, sagt aber nicht welchen.
Frage:
Was ist mit einem Fassadenanstrich auf Nanotechnologiebasis, der Strom erzeugt?
Antwort Herr Butz:
Der Anstrich aus Adlershof sei zu neu und noch nicht anwendungsfähig. Er wird auch PV-Anstrich genannt. (PV=Photovoltaik)
Es wird noch Strom aus der Region bevorzugt, der Verteilerschlüssel für die Heizkostenabrechnung soll auf 70/30 geändert werden, damit Energiesparen über Geld gesteuert wird, und die Migrantinnen und Migranten sollen nicht vergessen werden.
Nun hält Herr Butz sein Plädoyer.
Man sei jetzt auf der Konzeptebene, dann folgt die Umsetzphase mit der Frage, woher das Geld kommt. Im Konzept werden Fördergeldoptionen implementiert, er sagt voraus, dass er mehr Förderung erwartet. Er spricht von sozialen Aufgaben in Kommunen und mehr Geld für Energiesparen. Er denkt an einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren für politische Änderungen und meint wohl damit auch gesetzliche Regelungen und Finanzierungsmittel.
Das Highlight
Nun meldet sich Ülker Radziwill, sie stellt sich als SPD-Wahlkreisabgeordnete vor.
Migrantinnen und Migranten sind natürlich ihr Thema. Im Divan will sie eine Versammlung machen. Sie redet von Sanktionsmöglichkeiten. Den Zusammenhang verstehe ich nicht ganz, was ich aber verstehe ist:
Frau Radziwill eröffnet den Wahlkampf auf einer Bürgersammlung zu der eine grüne Stadträtin eingeladen hat.
Ihr Auftritt ist selbstbewusst und sie komprimiert in kurzer Zeit eine Menge Inhalte.
Sie spricht vom bildungsnahen Publikum und meint das Gegenteil, weil sie damit die Migrantinnen und Migranten klassifiziert – also als bildungsfern. Sie springt zum Ökokiez 2020, der etwas Modellhaftes zeigen soll, lobt den Kiez als in Berlin bekannt wegen seiner engagierten Menschen und sie will das Konzept als SPD-Abgeordnete unterstützen und umarmen. Sie findet den Ökokiez sehr gut, daher will sie auch nicht das “Einkommensarmut“ zum Wegzug führt. Eigentlich wollte sich Einkommensschwache sagen, sie stolpert aber über ihre eigenen Worte und bildet ein neues Wort: Einkommensarmut – gar nicht so schlecht, darüber muss man wirklich mal nachdenken.
Es geht also um die soziale Frage, Frau Radziwill hat ja auch nur einen befristeten Halbtagsjob im Parlament, der bisher einmal verlängert wurde, und erklärt forsch: Sie will keinen “Reichenkiez“, sie will die “Armen“ mitnehmen, keine Verdrängung, und damit das klappt, braucht man Bundesmittel.
Als ihre Stimme schon etwas brüchig wird, weist sie nochmals auf den Divan hin, wo man das alles besprechen kann.
Resümee
Die Protagonisten von Bezirk, Kiezbündnis, B.&S.U. und GEWOBAG hatten sich diesmal besser aufgestellt. Vieles bleibt dennoch im Unklaren.
Wer ist Ross und wer ist Reiter?
Das Kiezbündnis hatte mit seinem Vorsitzenden Klaus Betz, der in der ersten Reihe saß und anfangs mehrmals in die Fragen eingegriffen hatte; ohne zu berücksichtigen, dass er nur Gast war, obwohl direkt vor ihm die eigentlichen Verantwortlichen für das Konzept und damit die Gastgeber saßen.
Auch Bernd Maier, der den sichtlich irritierten Herrn Butz einfach unterbrach und in seine Rolle des Antwortenden schlüpfte und Herr Burth, der sich befleißigt sah im Frageblock zu antworten, lassen Zweifel an der wirklichen Rolle des “Projektinitators“ Kiezbündnis aufkommen. Die Selbstverständlichkeit mit dem hier die Ökokiez AG des so genannten “Bürgervereins“ - mit weniger als 70 Mitgliedern (Stand 2009) und noch deutlich weniger Aktiven – agierte, lässt Fragen und Bedenken an den Kompetenzen logisch erscheinen.
Die GEWOBAG als Mitfinanzierer des Projektes gab überhaupt keine Erklärung ab, der Leiter des Umweltamtes, der wohl die fertige Studie verwalten darf, glänzte ebenfalls durch beharrliches Schweigen.
Frau Schmiedhofer wusste manches zu sagen, es fehlte aber insgesamt an überzeugender medialer Fachkompetenz, da sie zu wichtigen Fragen schwieg. Umso erstaunlicher die Ökokiez 2020 AG des Kiezbündnisses, deren gleich lautendes Projekt ja erst den Bezirk veranlasste, das Konzept zu beantragen.
Mit Herrn Martin Burth sitzt dort nämlich ein aktives SPD-Mitglied.
Dieser schrieb in der SPD-Postille “In Sichtweite“ zum Thema Ökokiez :
Zwei Dinge wolle man mit dem Projekt Ökokiez 2020 erreichen.
1. Erhalt der sozialen Strukturen und bezahlbare Mieten und
2. Modernisierung des Kiezes.
Dann geht es weiter mit der Erfassung der Bausubstanz und endet mit der Verminderung des CO2-Ausstoßes, Energiesparen und Imageeffekten und einem neuen gemeinsamen Projekt für Bewohner und Bewohnerinnen.
Auch erwähnt wird:
“Für die vorbereitenden Tätigkeiten konnte eine finanzielle Unterstützung (Kofinanzierung) der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der GEWOBAG gewonnen werden. Diese Unterstützung für den Bezirk ist wiederum dem Einsatz der örtlichen SPD-Abteilungen zu verdanken.“
Also mal ganz kurz:
Modernisierung und bezahlbare Mieten – Aha ...
Bausubstanz im Kiez erfassen – ist im Konzept praktisch nicht realisierbar.
Imageeffekte – Tja, für wen denn Herr Burth?
Abgesehen von der lobenswerten Bearbeitung des Themas in verschiedenen SPD-Ortsverbänden spricht Herr Burth dann auf einer Parteiveranstaltung vom 25.03.2011 als Vertreter der Ökokiez AG. Ob man dort weiß, dass er auch in der Partei ist?
Der Einfluss der Partei wird auch mit der Abgeordneten Frau Radziwill, die hier ihren Wahlkreis hat, nicht gerade abgemildert. Betrachtet man daher einmal, dass der Bezirk die Studie mangels Eigenfinanzierung “geschenkt“ bekommt, dafür aber die Restfinanzierung von Senat und landeseigener GEWOBAG übernommen wird, dürfte eine Abgeordnete einer Regierungskoalition durchaus hilfreich sein.
Zudem kommt die mögliche SPD-Nähe des Kiezbündnisses Klausenerplatz noch hinzu. Man kennt sich auf bezirklicher Ebene recht gut, wobei sich die langjährige aktive SPD-Mitgliedschaft des ewigen Vorsitzenden Klaus Betz nicht als hinderlich erwiesen haben dürfte.
Alle diese offensichtlichen Parteiverbindungen sind an sich nichts Schlechtes. Daran ist nichts zu kritisieren. Die SPD ist an diesem Projekt beteiligt und hat es mit realisiert. Die Behauptung von den klimabesorgten Kiezbewohnern, die sich gefunden haben wollen, muss dann aber ins Reich der Märchen und Fabeln verwiesen werden.
Daher soll die SPD sagen, dass sie maßgeblich am Ökokiez 2020 mitgewirkt hat, damit sie Verantwortung übernehmen kann, wenn das Projekt, pro Einwohner werden immerhin rund 11,30 € ausgegeben, doch nicht so gut läuft, wenn ein 102.000 € teures Gutachten keine praktische Verwendung findet, wenn Maßnahmen folgen, die doch zu erheblichen finanziellen Belastungen führen oder Interessen gegen die Mehrheit durchgesetzt werden sollen.
Ein Klimakonzept ist keine charadenhafte Politikveranstaltung!
Warum aber spielen die Grünen so brav mit, die im Übrigen auch anwesend waren und durch stilistisches Schweigen glänzten? Warum “besetzen“ sie ihr eigenes Thema nicht selbst?
(Für die energetische Sanierung und den Erhalt der öffentlichen Gebäude ist übrigens der Stadtrat für Bauwesen zuständig. Hier im Bezirk ist das Herr Gröhler von der CDU.)
Bei der ersten Frage geht es um innere Demokratie in der Grünenpartei. Redebeteiligung, besonders öffentliche, ist möglicherweise bei der Stadträtin Schmiedhofer scherzhaft gesagt ein Delikt der Majestätsbeleidigung und so schweigen unsere “aufgeklärten Grünis“ um Nicole Ludwig eben.
Die zweite Frage ist leicht zu beantworten.
Es darf vermutet werden, dass es sich Grüne und SPD gemütlich gemacht haben im Rathaus. So will man auch keine erkennbare Abgrenzung, sitzt doch auch im Kiezbündnis seit Jahren Frau Nicole Ludwig im Vorstand. Sie ist die BVV-Fraktionsvorsitzende der Grünen in Charlottenburg-Wilmersdorf.
Und die Stimmen im Kiez sind doch eh schon sicher.
Was bleibt also?
Das Klimakonzept wird kommen.
Die Folgen und Wirkungen werden sich erst nach und nach zeigen – nämlich dann, wenn Geld da ist.
Der Bezirk muss lernen mit dem Konzept zu arbeiten und beweisen, dass es ihm ernst ist mit dem Klimaschutz. Die eigenen Gebäude wird das Konzept nur am Rande berücksichtigen bzw. so gut wie gar nicht, daher sollte der Bezirk diese Arbeit nicht vergessen!!!
Eine Rechnung will ich noch aufmachen:
102.000 € für die Studie geteilt durch rund 9000 Einwohnerinnen und Einwohner ergibt 11,30 € pro Kopf für Daten erster und zweiter Wahl auf Papier gebündelt als Konzept. Es wurde dabei keine technische Prüfung oder ähnliches durchgeführt.
Alle Protagonisten stehen dafür in der Verantwortung, damit das Klimakonzept ein Erfolg wird – und nicht wie ein Butterkloß in der Sonne zerschmilzt.
C. Reuß - Gastautoren, Kiez - 09. Mai 2011 - 00:07
Tags: bezirksamt/förderprogramm/klausenerplatz/klimaschutz/umweltamt/ökokiez/ökokiez2020
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