Irgendetwas ist faul am „Ökokiez“-Gespinst
Schlußfolgerungen aus den Antworten auf mehrere Bürgeranfragen bis einschließlich August 2012Alle Maßnahmen werden öffentlich diskutiert.
(M. Schmiedhofer, Ex-Umweltstadträtin,
Grüne Partei, Dezember 2010)
Wir haben schon öfters darauf hingewiesen, daß „Ökokiez 2020“ eine Verschwendung von öffentlichen Geldern für Ökosymbolik zugunsten des eigenen grünen Lokalklientels ist, vorbei an den Bewohnern von Kiez und Bezirk. Vernetzt damit besteht der Eindruck, das Bezirksamt wolle dabei auch gleich noch einem langjährigen, aber gerne verleugneten Geschäftspartner einen Anschlußjob beschaffen. Aber sehen Sie selbst:
Im Protokoll vom 25.1.2012 aus der Sitzung der „Steuerungsrunde“ für den „Ökokiez 2020“ - dort sitzen u.a. das Bezirksamt in Form des Leiters des Umweltamts, die Fa. B.&S.U., die für 102.000 € öffentliche Gelder dem Bezirksamt das Klimaschutzkonzept angefertigt hat, und ein Bürgerverein - heißt es:
(1) „Des weiteren wurde die Bewilligung der Stelle eines Klimaschutzmanagers angesprochen. Es wurde einhellig als sinnvoll erachtet, diesen bei einem freien Träger und nicht der öffentlichen Hand anzusiedeln. Mehrere freie Träger wurden diskutiert, vorgeschlagen wurde ARGUS.“ (zitiert in 3. Einwohnerfrage, Antwort zu 3.
Zum besseren Verständnis sei noch ergänzt, daß bei dieser Diskussion der Leiter des Umweltamtes der Wortführer war, daß seine Dienstherrin, die Bezirksstadträtin für Umwelt, persönlich anwesend war und nicht widersprach und daß die Empfehlung, die Fa. argus zu begünstigen, ebenfalls „einhellig“ ausgesprochen wurde (also unter Einschluß des Geschäftsführers der empfohlenen Firma, der ebenfalls Mitglied der „Steuerungsrunde“ ist S. 176).
Drei Monate später, im April, teilte die Stadträtin dann der Öffentlichkeit auf Anfrage mit:
(2) „Für die noch zu treffende Entscheidung der Verwaltung, wo die Stelle angesiedelt werden soll, wird voraussichtlich ein Interessenbekundungsverfahren durchgeführt.“ (Antwort zu 4.) Und weiter: „Wie bereits zu 4. dargestellt, favorisiert aber das Bezirksamt aus Transparenz- und Wettbewerbsgründen und im Interesse einer Markt- und Anbieterübersicht ein Interessenbekundungsverfahren.“ (Antwort zu 5.) (3. Einwohnerfrage)
Einen weiteren Monat später tappte die Stadträtin immer noch im dunkeln in Bezug auf das eben erwähnte Interessenbekundungsverfahren:
(3) „Die Prüfung ist noch nicht endgültig abgeschlossen.“ (2. Einwohnerfrage, Antwort zu 4.)
Erst der Projektträger Jülich, der für die ordnungsgemäße Abwicklung des Förderprogramms zuständig ist, brachte dann Licht ins bezirksamtliche Dunkel und wies der Umweltstadträtin den rechtlichen Weg:
(4) „Nach Rückkoppelung mit dem für die Abwicklung des Förderprogramms zuständigen Projektträger, scheidet die Ansiedlung bei einem Träger aus. […] Das langwierige Stellenbesetzungsprozedere ist damit nun unvermeidlich (Anforderungsprofil, tarifrechtliche Bewertung der Stelle, Ausnahmeantrag bei der Senatsverwaltung für Finanzen, Stellenausschreibung, Stellenbesetzungsverfahren).“ (5. Einwohnerfrage, Antwort zu 2./3.)
Und abschließend merkte die Stadträtin bei der Gelegenheit noch an:
(5) „Die [...] Unterstellung, das Bezirksamt hätte einen favorisierten freien Träger gehabt, ist nicht zutreffend.“ (ebenda, Antwort zu 4.)
Diese über mehrere Monate verteilten Äußerungen passen offensichtlich nicht zueinander, weshalb sich Fragen aufdrängen:
Zunächst hatte sich das Bezirksamt also im Januar mit dem Segen der „Steuerungsgruppe“ eine private Firma als Träger des Klimaschutzmanagers ausgeguckt (Zitat 1, dem die Stadträtin noch diese Erläuterung beifügt: „Die Frage, welcher Träger ggf. in Betracht käme, wurde vom Bezirksamt aufgeworfen.“) Drei Monate später (Zitat 2), nachdem die Öffentlichkeit von den Vorgängen erfahren hatte, war plötzlich von einem „Interessenbekundungsverfahren“ die Rede, das man „aus Transparenz- und Wettbewerbsgründen“ „favorisiert“ - um aber im gleichen Atemzug einschränkend zu bemerken: „Das Bezirksamt geht davon aus, dass die Ansiedlung eines Klimaschutzmanagements bei einem freien Träger keiner Ausschreibungspflicht unterliegt.“ (Antwort zu 5.) Als dann klar wurde (wann eigentlich?), daß das Bezirksamt ganz korrekt eine Stellenausschreibung mit Anforderungsprofil durchführen muß, ist der Unwille der Umweltstadträtin groß (Zitat 4).
Dieser unverhohlene Unwille gerade aus dem Mund eine Mitglieds der Grünen Partei ist eigentlich erstaunlich, weil es doch jedem beliebigen Politiker klar sein sollte, daß die Öffentlichkeit ein Interesse daran hat, daß staatliche Ausgaben von allermindestens weiteren ¼ Mio. € transparent ablaufen und unter Beachtung eines bestimmten Niveaus der Bewerber.
Wie passen also diese widersprüchlichen Aussagen zusammen? Könnte es vielleicht so gewesen sein, daß die Umweltstadträtin die Angelegenheit eigentlich im trauten Kreise regeln und dabei einem langjährigen Geschäftspartner zu einem Auftrag verhelfen wollte, ganz ohne Ausschreibung und Anforderungsprofil, daß die Sache dann aber an die Öffentlichkeit kam und man halbherzig von einem „Interessenbekundungsverfahren“ zu reden begann, bis schließlich das Vorhaben platzte? Und wurde vielleicht deshalb monatelang geprüft (Zitat 3), weil man zwar von der Fa. B.&S.U., mit der man in dieser Angelegenheit doch in engem Kontakt steht (Klimaschutzkonzept, „Steuerungsgruppe“), gesagt bekommen hatte, so ginge es nicht, man es aber doch noch irgendwie gehend machen wollte?
Neben der verärgerten Stadträtin müßte es aber noch einen zweiten Leidtragenden geben, nachdem der Projektträger Jülich ein Machtwort gesprochen hat – und das führt zur zweiten Frage:
Die Stadträtin leugnet es (Zitat 5). Aber im damals noch nichtöffentlichen Protokoll (Zitat 1) heißt es doch ganz eindeutig : „Mehrere freie Träger wurden diskutiert, vorgeschlagen wurde ARGUS“, und zwar einhellig, und die diskutierte Frage wurde, wie gesagt, „vom Bezirksamt aufgeworfen“.
Ist denn jemand, den man einhellig vorschlägt, etwa nicht „der favorisierte freie Träger“? Und wenn der Umweltamtsleiter im Auftrag des Bezirksamts die Frage aufwirft und die
Umweltstadträtin daran beteiligt ist, ist er dann nicht sogar „der vom Bezirksamt favorisierte freie Träger“? Offenbar handelt es sich
also bei der Antwort auf die August-Bürgeranfrage (Zitat 5) um einen
unsachgemäßen Umgang mit der Wahrheit. Oder wollte die Umweltstadträtin uns etwa in
subtiler Wortklauberei – wenn man das Wort „Bezirksamt“ betont, und sie
ist doch nur eine von fünf! - sagen: „Er ist zwar mein Favorit, aber den anderen Kollegen vom Bezirksamt behagt die ganze Angelegenheit überhaupt nicht“?
Es drängt sich insgesamt der Eindruck auf, die Umweltstadträtin wollte
an den Bestimmungen vorbei „Neuland“ betreten (freier Träger) und dabei
einer Firma (argus) etwas Gutes tun, ist dabei erwischt worden (Projektträger
Jülich) und versucht jetzt, Spuren zu verwischen (kein Favorit).
Es ist
Zeit, daß der Bezirksbürgermeister und die BVV sich endlich der Angelegenheit
annehmen, ganz nach dem Motto: Alle Maßnahmen werden
öffentlich diskutiert!
MichaelR
Kopien dieses Textes gehen an die Fraktionen der
BVV sowie an den Bezirksbürgermeister, an den Projektträger Jülich und außerdem an die
zuständigen Redakteure von Berliner Zeitung, Tagesspiegel, Berliner
Morgenpost, Berliner Woche, Berliner Abendblatt und Spiegel.
Michael R. - Gastautoren, Politik - 03. September 2012 - 00:02
Tags: bezirksamt/charlottenburg/klimaschutz/sanierungsvorhaben/ökokiez
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ob etwas faul ist im “Ökokiez”, kann jetzt nur noch ein “Sonderausschuß” der BVV klären, zumindest wäre der “Ausschuß für Eingaben und Beschwerden” zuständig.Aber auch Rechnungshof oder Steuerzahlerbund interessieren sich für mögliche “krumme Dinge”.