Straßen und Plätze: Saldernstraße
Die Saldernstraße ist benannt nach Friedrich Wilhelm Hermann Ludwig Alfred von Saldern-Damerow (1829 - 1904), seinerzeit Mitglied der konservativen Fraktion des Preußischen Abgeordnetenhauses und von 1875 bis 1899 Polizeidirektor von Charlottenburg.
Schon bald nach seinem Tod wurde ihm am 8.12.1906 die bisherige Straße 27a gewidmet. Diese Straße führte damals vom Kaiserdamm in nördlicher Richtung entlang dem Bahndamm über die Knobelsdorffstraße bis in Höhe der Seelingstraße (damals Potsdamer Straße), wo sie nach rechts abbog und neben Nr. 35 in die Sophie-Charlotten-Straße mündete (heute noch erkennbar).
Die noch bestehenden Wohnhäuser am südlichen Ende der Straße (und auch am nördlichen) legen nahe, daß dies einst eine respektable Wohnstraße gewesen sein muß. Jedoch begann schon in den frühen 20er Jahren ihr Niedergang, wie die Stadtpläne zwischen 1926 und 1960 erkennen lassen: Gelegentlich war sie nördlich der Knobelsdorffstraße nicht mehr als vollwertige Straße eingetragen, schließlich ging ihr 1954 der Knick hin zur Sophie-Charlotten-Straße verloren. Den Rest gab ihr dann ab 1960 der Bau der Stadtautobahn, als zugunsten der Ab- und -auffahrten an der Knobelsdorffbrücke ihr nördlicher Teil endgültig beseitigt wurde (1) und der südliche Teil als vollgeparkte Sackgasse übrigblieb, die neben der Stadtautobahn endet und aus Platzmangel nur noch durch einen Fußweg mit der Knobelsdorffstraße verbunden ist.
Aber selbst solch einer Karikatur von „Wohnstraße“ läßt sich immer noch etwas Gutes abgewinnen, wie diese Anpreisung im Wikipedia-Eintrag zur Saldernstraße, vom Pharusverlag übernommen, beweist:
„Die schmale Wohnstraße ist nur auf der Ostseite bebaut, die Westseite besteht aus einem Geländer, das vor der Stadtautobahn schützt. Die Mittellinie der Autobahn wird von der Ringbahn gebildet, jedoch sind die Geräusche von der S-Bahn durch den Autolärm (2) kaum zu hören.“
Um so besser, denn diese absturzsichere, lärmreduzierte Straße hat eine „ausgezeichnete Verkehrsanbindung“ und bietet für die Gestaltung des „Abendprogramms“ „nahezu unbegrenzte Möglichkeiten“. Und wenn man wirklich einmal „Ruhe, frische Luft oder etwas Bewegung“ braucht: bis zum Lietzensee ist es doch nicht weit!
Oben im 2. Bild sieht man am linken Rand das „Auto-Hotel“ (Saldernstraße 5-7), erbaut 1929/30 – eine weitere Großgarage in dieser Gegend, die als Garagengebiet ausgewiesen war (siehe „Straßen und Plätze: Großgaragen in der Sophie-Charlotten-Straße“). Das Gebäude steht noch und wird von der Fa. Dinnebier zum Autoverkauf genutzt (Übernahme von Opel-Hetzer im Jahr 2012).
Architekt war Ferenc Domány (1899-1939). Er baute eine Kombination aus Garage und Hotel (3): das Hotel erhob sich zweistöckig über der Garageneinfahrt entlang der Straße, die Garagenhalle mit 96 verschließbaren Gitterboxen erstreckte sich ebenerdig hinter das Hotel in die Tiefe des Grundstücks, vergleichbar mit der Anordnung von Wohnhaus und Garagen beim zeitgleich entstandenen Gebäude in der Nassauischen Straße (Bild 6).
Die heutige Fassade (siehe oben Bild 5) entspricht im großen und ganzen dem ursprünglichen Zustand, nur daß sich an der Stelle der Glasfront die Garageneinfahrt befand sowie eine Tankstelle mit sechs Zapfsäulen; und es gab oberhalb der Fensterreihe noch eine weitere für die Hotelzimmer im zweiten Stock. Wenn man durch den Eingang in die ehemalige Garagenhalle hineinschaut, kann man die originale Deckenkonstruktion erkennen.
Das Hotel existierte noch Mitte der 50er Jahre (Eintrag im Branchenfernsprechbuch von 1954) und der Garagenbetrieb bis in die 60er Jahre.
MichaelR
Fotos: D. Lubjahn, R. Hartmann, M. R., maho
Danksagung:
Herzlicher Dank für Informationen und Fotos an Detlev Lubjahn und René Hartmann! Es zeigt sich immer wieder: es gibt so viele brachliegende Kenntnisse über den eigenen Lebensraum, daß es eine Freude ist, wenn man auf sie trifft und an ihrer Verbreitung mitwirken kann.
(1) vgl. dasselbe Schicksal der Saalfelder Straße
(2) Kein Wunder, ist doch der Autobahnabschnitt Dreieck Charlottenburg - Kaiserdamm mit 176.700 Fahrzeugen/Tag die Nr. 3 der meistbefahrenen Straßen Deutschlands (nach Wikipedia).
(3) Erika M. L. Babcock (* 1917) berichtet in ihrer Autobiographie „Rika‘s Stories From the Other Side“ (2002) über ihre Evakuierung zu Beginn des Zweiten Weltkriegs dorthin: „The evacuees from Saarbruecken assigned to Berlin all had the chance to move to a hotel near the Masurenallee, the “Auto Hotel” at the Saldernstrasse.“
MichaelR - Gastautoren, Geschichte - 28. September 2014 - 18:48
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Wenn man sich das so anschaut will man gar nicht recht glauben, daß gleich hinten an der Ecke zur Knobelsdorffbrücke schlagartig der 0,5 km² kleine Ökokiez beginnt…
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