Wohnen im Kiez
Milieuschutz für den Klausenerplatz-Kiez?
Die Berliner Morgenpost (vom 10.11.2014) meldete in den Nachrichten aus den Bezirken unter der Überschrift "Bezirk beauftragt Gutachten zu Milieuschutzgebieten", daß das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf jetzt prüfen würde, ob Milieuschutzgebiete im Bezirk eingerichtet werden müssen. Danach soll es laut Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) um die Untersuchungsgebiete nördlich der S-Bahn (mit den Bereichen Alt-Lietzow, Spreestadt, Richard-Wagner-Straße, Klausenerplatz) und das südliche Wilmersdorf gehen.
Tatsächlich scheinen sich inzwischen Bezirkspolitiker damit zu beschäftigen. So stellen die Grünen, man will es gar nicht so recht glauben, die Frage: „Wem gehört die Stadt?“ Weiter vermelden sie dazu:
Darüber hinaus wird preiswerter Wohnraum durch Umwandlung und Luxusmodernisierung noch knapper. Deshalb hat die Bündnisgrüne BVV-Fraktion einen Antrag gestellt, Gebiete zu benennen, in denen durch Milieuschutz eine Verdrängung der BewohnerInnen verhindert werden könnte. Der Bezirk hat nun zwei großräumige Gebiete vorgeschlagen, die näher auf ihre Milieuschutzeignung hin untersucht werden sollen. Innerhalb dieser zunächst großräumig gefassten Grenzen befinden sich u.a. der Klausenerplatz-Kiez und die Mierendorff-Insel sowie Bereiche von Wilmersdorf. In weiteren Verfahren ist eine stärkere Binnendifferenzierung zu erwarten.
Die Linke hat sich mit Themen und Projekten 2015 beschäftigt, darunter u.a.: "Rückeroberung des Stadtraums" – ein Projekt zur Gentrifizierung im Klausenerplatz-Kiez.
Zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 16.10.2014 gab es eine interessante Bürgeranfrage an die SPD-Fraktion (7. Einwohnerfrage / Drucksache 1027/4). Ganze vier Wochen (und noch ein paar Tage mehr) hat die SPD-Fraktion für eine Antwort gebraucht
(Beantwortung der Einwohnerfrage erfolgte am 17.11.2014). Muß wohl bei der heutigen "sozialdemokratischen" Linie schwer
gefallen sein, Formulierungen zur Beantwortung sozialer Fragen zu finden. Von Punkt 4 wissen sie schon mal überhaupt nichts -
aber natürlich auch nur, weil sie darüber keine Statistik führen.
Immerhin kam dann doch was zu den restlichen Fragen:
1. Sie wollen, wo es möglich und sinnvoll ist, Milieuschutz- und Erhaltungssatzungen zur Sicherung bezahlbaren Wohnraums nutzen. Nach welchen Kriterien wählen Sie diese Gebiete aus?
Die Gebiete wählt nicht die SPD, sondern die gesamte BVV aus.
Es wurde eine umfangreiche Untersuchung zur Ermittlung möglicher Verdachtsgebiete für die Umsetzung einer sozialen Erhaltungssatzung durch eine Mitarbeiterin der Verwaltung durchgeführt, die dem Stadtentwicklungsausschuss am 17.9.2014 vorgestellt wurde.
Hier wurde dem Ausschuss dargestellt, dass nach verschiedenen Indikatoren 17 Gebiete untersucht wurden. Indikatoren, die der Untersuchung zugrunde lagen, waren:
- Wanderungssaldo von Kindern unter 6 Jahren 2006-2012
- Kinderarmut 2008-2012
- Anteil der unter 18-jährigen an der Bevölkerung 2006-2012
- Langzeitarbeitslosigkeit 2012
- Wohndauer über 5 Jahre 2012
Es wurden zwei räumliche Schwerpunkte für den weiteren Untersuchungsbedarf festgestellt. Dies soll in der nächsten Zeit geschehen.
2. Für welche Stellen im Bezirk haben Sie derartige Satzungen beschlossen, an welchen Stellen ist dies künftig geplant und bis wann wird die Planung umgesetzt sein?
Wir haben noch keine Satzung beschlossen, da die Untersuchung noch nicht abgeschlossen ist. Untersucht werden sollen zwei größere Gebiete.
Im Ortsteil Charlottenburg umfasst dieses die Gegend rund um den Lietzensee, die Königin-Elisabeth-Straße, den Klausenerplatz, den Mierendorfplatz, Alt-Lietzow, die Spreestadt, den Richard-Wagener-Platz, den Karl-August-Platz und den Savignyplatz.
Im Ortsteil Wilmersdorf die Schlangenbader Straße, die Binger Straße, den Leon-Jesse-Platz und die Hildegardstraße.
Je nachdem was eine Untersuchung der Gebiete ergibt, werden wir hier die Erhaltungssatzung festsetzen. Einen Zeitrahmen können wir nicht angeben, da wir noch keine Erfahrungswerte darüber haben, wie schnell solche Untersuchungen durchgeführt werden können.
3. Welche weiteren Instrumente sehen Sie, um im Bestand die Anzahl der Wohnungen in allen Preiskategorien beizubehalten?
Als Bezirk haben wir wenige Instrumente die wir einsetzen können. Deshalb ist es wichtig, die wenigen die wir haben zu nutzen. Ein weiteres Instrument ist die Zweckentfremdungsverbotsverordnung. Weitere Instrumente hat der Bezirk zurzeit nicht.
4. Wie viele barrierefreie Wohnungen haben Sie seitdem durchsetzen können?
Darüber führt die SPD-Fraktion keine Statistik.
Dann schauen wir mal, ob wirklich ein Gutachten in Auftrag gegeben wird, an wen dieses Gutachten vergeben und welches Ergebnis dabei herauskommen wird.
Aus dem Archiv
Neues aus der BVV (27. November 2013):
Bezahlbares Wohnen im Bezirk
Antrag: Milieuschutzgebiete benennen (Drucksache 0718/4)
Zum Vergleich ein Beispiel aus dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Dort wurden bereits mehrere Gebiete unter Milieuschutz gestellt, fünf neue sind gerade dazugekommen. Ein weiterer Antrag "Wohnungsbaufonds auch für bezirkliches Vorkaufsrecht nutzen" liegt vor.
Neues aus Kiez und Bezirk (6. Februar 2014):
Milieuschutz für den Klausenerplatz-Kiez?
Die Charlottenburg-Wilmersdorfer Grünen wollen nach einem Bericht der
Berliner Zeitung die Quartiere am Klausenerplatz und nördlich vom
Ernst-Reuter-Platz mit einem Milieuschutz besser schützen. Tatkräftig
und ernsthaft für Bürger engagierte Lokalpolitiker in anderen Bezirken
sind da weit voraus, zumindest ansatzweise an echtem Mieterschutz
interessiert und schließen auch ehrlich gemeinte öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zum sozialverträglichen Ablauf von geplanten Sanierungen ab.
* Berliner Zeitung vom 04.02.2014
Infos zur Erhaltungsverordnung (Milieuschutz):
* Berliner Mietergemeinschaft "Es geht auch anders"
* Berliner Mietergemeinschaft "Ein scharfes Schwert – Milieuschutz in Hamburg"
* Berliner Mietergemeinschaft "Ein zahnloser Tiger"
Mietervertreibungen in Charlottenburg-Wilmersdorf (4. März 2014):
Auf der Tagesordnung der letzten Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom 20.02.2014 stand ein Antrag (Drucksache 0829/4) des Kinder- und Jugendparlaments vom 15.11.2013 zu Mietpreissteigerungen und Luxussanierungen in Charlottenburg-Wilmersdorf....
Rot-Grüne Stadtvernichtungspolitik in Charlottenburg-Wilmersdorf geht weiter (28. März 2014):
Mieter sind keinen Mieterschutz wert .....
- Kiez, Politik - 18. November 2014 - 00:24
Tags: mieten/milieuschutz/moderinsierung/sanierungsvorhaben/wohnen
ein Kommentar
Kein Trackback
Trackback link:
“Die Gebiete wählt nicht die SPD, sondern die gesamte BVV aus.”
Richtig und falsch zugleich.Denn vor/oder hinter der BVV stehen die parteien.Und ohne die SPD als die größte der “regierungsparteien” geht gar nichts und daher werden und müssen die sozen eine meinung haben.Oder auch nicht.