Verfehlte Wohnungspolitik - damals und heute
Ein Wochenende im Regenbogenhaus
Am Freitag hatte die Initiative vom Regenbogenhaus, wie angekündigt, zur Diskussionsveranstaltung "Charlottenburg-Kiez Klausenerplatz - Nur noch für Reiche?" eingeladen. Herr Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft stellte die Entwicklung der Wohnungssituation in Berlin und die Wohnungspolitik des Senats dar. Eine Wohnungsspolitik, die man nur als verfehlt bezeichnen kann, die im eigentlichen Sinne gar nicht stattgefunden hat.
Ich habe für den Mieterbeirat Klausenerplatz die Probleme im Kiez dargestellt. In Kürze: Dazu gehören insbesondere die stetigen Mietpreistreibereien ausgerechnet der GEWOBAG mit maximaler Ausnutzung der rechtlichen Möglichkeiten, drastischen Aufschlägen bei Neuvermietungen und der insgesamt völlig pervertierten Lage im Sozialen Wohnungsbau mit dem ganzen speziellen Irrsinn der sog. §17-Häuser. Durch den übermäßigen Aufschlag bei Neuvermietung entfällt immer mehr preiswerter Wohnraum im Kiez, gerade auch als Alternative für langjährige Anwohner, denen der Kiez Zuhause und soziales Lebensumfeld geworden ist (z.B. Mieter mit geringem Einkommen, Hartz4-Empfänger oder mit ähnlichen Sozialleistungen, Umzug in eine kleinere Wohnung nach Auszug oder Tod eines Partners, Umzug in eine kleinere Wohnung von Eltern nach Auszug der erwachsenen Kinder, Wohnungen für ausziehende Kinder die gern im Kiez in Familiennähe bleiben möchten, usw.). So werden Mieter aus den genannten Beispielen, auch wenn sie schon Jahrzehnte hier bei der GEWOBAG wohnen und immer brav ihre Miete gezahlt haben, bei Umzug wie Neumieter mit den entsprechenden Aufschlägen behandelt, was immer mehr Betroffene einfach nicht bezahlen können. Alles menschliche Belange, die dem derzeitigen Senat offensichtlich am Arsch vorbeigehen (wohlgemerkt: die GEWOBAG ist eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, wie hier beschrieben). Angekündigte energetische Modernisierungen ohne Berücksichtigung der sozialen Lage jedes einzelnen Bestandsmieters, könnten schließlich den schleichenden Verdrängungsprozess endgültig beschleunigen.
Schiri, eine Bewohnerin aus dem Hausprojekt Willibald-Alexis-Strasse 34 in Kreuzberg berichtete zutiefst bewegend über ihre Lage. Ein Haus, das unter diesem Senat von der GEWOBAG im Jahr 2004/2005 an irgendwelche Spekulanten verhökert wurde.
Da hat 2004/2005 ein Immo I das Haus für etwa 600.000 € günstig von der GEWOBAG gekauft und reicht es nach etwa 5 Jahren für mehr als das Doppelte weiter an Immo II. Der hierbei erzielte bzw. entrichtete Preis von noch unter 1.000 €/m2 soll durch Umwandlung in Einzeleigentum laut Internetangebot nun um das 2- bis 2 ½ -fache gesteigert werden.
Es gleicht dem Fall des Verkaufs des Hauses Danckelmannstraße 14 bei uns im Kiez in vielen Dingen. (Wir hatten dazu mehrfach berichtet und auch der Hauptstadtblog). Aus heutiger Sicht sehe ich das so: Häuser mit Sanierungsbedarf und entsprechend geringer Rendite wurden einfach, egal an wen, wie krank auch immer, verkauft, um sich nicht selbst die Hände schmutzig zu machen. Was für eine schäbige Politik.
Schiri hat uns alle eingeladen zum Haus- und Hoffest der WAX 34:
Das Thema Verdrängung betrifft unser Haus, unseren Kiez, unsere ganze Stadt!
Darum halten wir zusammen!
Wir bleiben alle! Und das ist auch gut so!
Also lasst uns feiern - Wir freuen uns auf Euch!
Samstag, 17. September 2011 von 15:00 bis 19:00 Uhr
Willibald-Alexis-Strasse 34
Diese Veranstaltung war angebracht und wird weiter zur Vernetzung und Zusammenarbeit beitragen, Dank an die Initiatoren und Veranstalter.
Kommen wir zum Sonntag, der sich der Geschichte der Hausbesetzerbewegung widmete. Zum Tag des offenen Denkmals hatte das Regenbogenhaus die Pforten geöffnet. Jo van der Linde führte durch Haus und Hof und beschrieb die Geschichte. Andreas Schmidt erläuterte mit vielen Fotos und alten Besetzerschriften umfassend das damalige Geschehen rund um die besetzten Häuser im Kiez. Insgesamt eine tolle Aktion, die auch viele Besucher von außerhalb des Kiezes anlockte.
Mit diesem erfreulichen Aspekt wollen wir schließen. Dazu noch einige, hoffentlich ebenso erfreuliche Fotos davon, wie sich Anwohner engagieren, wenn Nachbarn von nah und weiter weg, Jung und Alt zusammenkommen.
- Geschichte, Gesellschaft, Kiez - 12. September 2011 - 00:24
Tags: berlin/gentrifizierung/hausbesetzerbewegung/kiez/mieten/sanierung/verdrängung
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Mietexplosion im Hausbesetzer-Kiez
“Die Abwanderung aus bestimmten Kiezen ist Realität”, sagt der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. Wer umziehen möchte oder müsse, finde oft nichts Bezahlbares mehr in seinem Quartier – und muss wegziehen.
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/18/0..