Im Sumpf von Charlottenburg: Das nasse Dreieck
Anfang der 70er Jahre herrschte noch reger Verkehr auf der Tankstelle an der Ecke Schloßstraße zur Zillestraße, als dann plötzlich nebenan weitere Häuser große Risse bekamen. Rücksichtlose Baulöwen gab es halt auch schon zur Jahrhundertwende. So wurden damals die Häuser einfach in das sumpfige Gebiet eines früheren Karpfenteiches gebaut. Schließlich ging es um Geld. 1972 erfolgte dann der Abriss der letzten einsturzgefährdeten Häuser am Charlottenburger “Nassen Dreieck”.
Bis vor einigen Wochen war auf dem Gelände der einstigen Tankstelle noch eine Autoreparaturwerkstatt in Betrieb. Jetzt hat auch diese Werkstatt geschlossen.
Ob wohl bereits ein neuer Spekulant in den Startlöchern steht? Haben Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) und Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) schon einen Baulöwen informiert? Hier läßt sich doch was Neues anstellen - im Herzen des Sumpfes von Charlottenburg ......
- Geschichte, Kiez, Politik -
- Lesung in der Kulturwerkstadt
25 Jahre Mauerfall
Lesung aus dem Buch "Meine Freiheit"
Eintritt Frei.
Freitag, 7. November 2014 um 20:30 Uhr
Kulturwerkstadt (in der ehemaligen Engelhardt-Brauerei)
Danckelmannstraße 9 A
14059 Berlin-Charlottenburg
- Lesung im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf
25 Jahre Mauerfall
Lesung und Diskussion: Marianne Suhr "Roter Milan"
Um Anmeldung wird gebeten unter Tel. 9029 24106
Sonntag, 9. November 2014 um 14:00 Uhr
Museum Charlottenburg-Wilmersdorf
in der Villa Oppenheim
Schloßstraße 55
14059 Berlin-Charlottenburg
Weitere Veranstaltungen immer auch
auf der Terminseite vom
Klausenerplatz.
Weitere KurzInfos zu Veranstaltungen und Themen rund um den Klausenerplatz-Kiez jetzt immer auch bei Twitter. (ohne Anmeldung einsehbar!)
Weitere Termine auch stets im StadtteilKalender für Charlottenburg-Wilmersdorf des Nachbarschaftshauses am Lietzensee.
- Geschichte, Kunst und Kultur -
Das Auto war in der Zeit von 1895 bis zum Ende der Zwischenkriegszeit aus einem Luxusgegenstand, dessen Betrieb hohes technisches Geschick und große finanzielle Mittel erforderte, in gewissem Maße zu einem Gebrauchsgegenstand geworden, wie sich an den zugelassenen Fahrzeugen in Groß-Berlin ablesen läßt: 1909 waren es knapp unter 3.000, 1933 etwas über 50.000, 1937 bereits 100.000 (1). Aber immer noch waren Autos teuer und damit entweder ein Privileg der Reichen oder sie wurden aus beruflichen Gründen angeschafft. Und immer noch waren sie kompliziert, unzuverlässig und witterungsempfindlich: oftmals offen oder ohne Seitenfenster, mit Holzrahmen und Stoffdach, dazu mit einer anfälligen Ölfarblackierung versehen. Mit anderen Worten: sie brauchten Unterstellmöglichkeiten, Pflege, Wartung, Reparatur, außerdem Kraftstoff usw. Wenn hier also von Garagen gesprochen wird, geht es immer um dieses umfassende Angebot.
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Sitz von Weisheit, Demokratie und Transparenz
Die Bürger waren einst so stolz auf ihr Charlottenburg , daß
sie in den Jahren 1899 bis 1905 ein Rathaus mit einem höheren Turm als dem vom Schloß
Charlottenburg erbauen ließen. Damals soll Kaiser Wilhelm II deshalb sauer gewesen sein.
Heute sollten die im Rathaus sitzenden Teile des Bezirksamts mit dem
Bezirksbürgermeister und die Bezirksverordnetenversammlung (BVV)
Charlottenburg-Wilmersdorf ein Musterbeispiel für
zeitgemäße Bürgernähe sein. Heute sind jedoch immer öfter die Bürger sauer.
- Geschichte, Politik -
- Die Charlottenburger Kulturwerkstadt präsentiert:
- Lichttheater in der Kulturwerkstadt
Eine neue Geschichte aus Licht.
Lichtskulpturen-Theater und Musik mit Daniela, Javi und Fernando.
Freitag 10. Oktober um 20:00 Uhr
- Brasilianische Musik mit "Vatapa de Fruta Pao"
In Berlin sind "Vatapa de Fruta Pao" seit Jahren mit ihrem Mix aus Bossa Nova, Samba, Reggae, Funk und Jazz fester Bestandteil der afro-brasilianischen Musikszene.
Samstag 11. Oktober um 20:30 Uhr
Kulturwerkstadt (in der ehemaligen Engelhardt-Brauerei)
Danckelmannstraße 9 A
14059 Berlin-Charlottenburg
- Galerientour I in Schöneberg - Neue Kunstorte in historischen Räumen
Die Museen Tempelhof-Schöneberg und der Literatur-Salon Potsdamer Straße laden im Rahmen der Jubiläumsreihe 750 Jahre Schöneberg zum ersten Galerienrundgang im Herbst ein.
Besucht werden die Werkstattgalerie und die Galerie „mianki“ nahe
Nollendorfplatz und die Galerie „Haus am Lützowplatz“. Der Verein
Fördererkreis Kulturzentrum Berlin e.V. eröffnete sie 1963 in einem 1873
erbauten Gebäude. Die Galerie hat große Ausstellungsräume und eine
Studiogalerie, in die man durch den schönen Garten gelangt. Ein Rundgang mit Sibylle Nägele und Joy Markert vom Literatur-Salon Potsdamer Straße.
Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung beim Museum Schöneberg wäre schön: Tel. 030-90277 6163 oder mail@museentempelhof-schoeneberg.de.
Samstag, 11. Oktober 2014 um 15:00 Uhr
Treffpunkt: Werkstattgalerie, Eisenacher Straße 6, 10777 Berlin-Schöneberg
- „Kant und Kartoffelsalat“: Salons und Musenhöfe in Berlin und Brandenburg um 1800
Der KDFB-Berlin mit Sitz am Lietzensee lädt ein:
Die Zeit um 1800 war eine Epoche des Umbruchs: Die Aufklärung und die
französische Revolution brachten neue Ideale von Gleichheit und
Mitsprache. Kriege veränderten das Bild Europas und auch im privaten
Bereich kam es zu Umwälzungen des Gewohnten, unter anderem entwickelte
sich das Ideal der "freien Geselligkeit". Salons und Musenhöfe sind
Namen für Orte in Stadt und Land, an denen es gelang, Menschen
verschiedener Stände, Geschlechter, Nationen und Konfessionen um einen
Tisch zu versammeln, zum gemeinsamen Gespräch. Der Vortrag widmet sich
den Frauen, die diese Mischung ermöglichten.
Referentin: Dr. Hannah Lotte Lund, Historikerin
Teilnahmebeitrag: 5,00 €; KDFB-Mitglieder 3,00 €
Um Anmeldung wird gebeten: Tel. 030-321 50 21 oder johanna.dietrich@kdfb-berlin.de
Montag, 13. Oktober 2014 um 19:00 Uhr
Haus Helene Weber
Wundtstr. 40-44, 14057 Berlin-Charlottenburg
- Geschichte, Kunst und Kultur -
Die Saldernstraße ist benannt nach Friedrich Wilhelm Hermann Ludwig Alfred von Saldern-Damerow (1829 - 1904), seinerzeit Mitglied der konservativen Fraktion des Preußischen Abgeordnetenhauses und von 1875 bis 1899 Polizeidirektor von Charlottenburg.
Schon bald nach seinem Tod wurde ihm am 8.12.1906 die bisherige Straße 27a gewidmet. Diese Straße führte damals vom Kaiserdamm in nördlicher Richtung entlang dem Bahndamm über die Knobelsdorffstraße bis in Höhe der Seelingstraße (damals Potsdamer Straße), wo sie nach rechts abbog und neben Nr. 35 in die Sophie-Charlotten-Straße mündete (heute noch erkennbar).
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Der Bruch
Als am 18. Juli 1944 die italienische Hafenstadt Ancona aufgegeben werden musste und sich meine Einheit, die 8. Kompanie des 993. Infanterie-Regiments, hinter den Esino-Fluss bei Chiaravalle (1) zurückgezogen hatte, sah ich mich nach einer günstigen Fluchtmöglichkeit um. Am folgenden Morgen erschien ich zur Verpflegungsausgabe und konnte feststellen, dass meine nächtliche Abwesenheit nicht aufgefallen war. Daraufhin entschloss ich mich, die Wehrmacht endgültig und für immer zu verlassen.
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G. Gumpel - Gastautoren, Geschichte -
Die Tage werden kürzer, die Straßenbeleuchtung geht früher an – und immer seltener sind es Gaslaternen, die da die Straßen beleuchten. Denn seit dem Beschluß des Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 2012 hat die zuständige Senatsverwaltung – SenStadtUm Abt. X – unter Führung von Herrn Müller (SPD) nicht gerastet und geruht und ihre Abrißtätigkeit im Namen von Ökologie und Ökonomie unbeirrt fortgesetzt. Dabei assistierte dem Senator von Anfang an Stadtentwicklungsstadtrat Schulte (SPD), der dem Tagesspiegel bereits am 4.4.2012 anvertraute: „Das Thema wurde zu genüge diskutiert, der Bezirk steht zur Umrüstung“; die jährlichen Einsparungen „haben auch den Bezirk überzeugt“.
„Umrüstung“? „Einsparungen“? „Bezirk“?
Zum ersten: es handelt sich um Abriß der alten und Aufstellung von neuen Lampen, genannt „Jessica“. Oder hat man je davon gehört, daß z.B. ein Gasherd zu einem Elektroherd „umgerüstet“ wurde? Und zweitens:
„Die Kosten für die Umrüstung auf Kompaktleuchtstofflampen mit Quecksilberanteil sollen in Berlin
laut Schätzungen mindesten bei 170 Millionen Euro liegen. Das heißt, die
vorgesehenen Einsparungen, unter Berücksichtigung von Zins- und
Tilgungszahlungen, stellen sich erst nach 80 bis 100 Jahren ein“,
sagt
die bezirkliche CDU dazu (1).
Und apropos „Bezirk“: Damit können auf keinen Fall die Bürger gemeint sein; die waren nämlich überhaupt nicht „überzeugt“. Erinnert sei an den Aufruf des Heimatvereins Charlottenburg an den Bezirksbürgermeister vom 20.3.2012; an den Einwohnerantrag, der am 25.10.2012 ohne Änderung von der BVV beschlossen wurde (2); an die Benefizveranstaltung am 29.10.2012 in der Komödie am Kurfürstendamm; und an die Kundgebung und Menschenkette vor und um das Amtsgericht Charlottenburg am 17.11.2012. Ganz zu schweigen von der Petition zur Erhaltung der Berliner Gas-Straßenbeleuchtung April-September 2012 mit 20.759 Unterstützern, davon 17.375 aus Berlin.
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
„Alles ist Leben“
Der KDFB-Berlin mit Sitz am Lietzensee lädt herzlich zu einer Lesung „Alles ist Leben“ von Texten der Journalistin Milena Jesenská mit musikalischer Begleitung ein.
Der Name der Tschechin Milena Jesenskà ist vielen bekannt durch die berühmten Liebesbriefe Franz Kafkas an sie. Nur wenige wissen, was sie für eine interessante, politisch engagierte und vielseitig aktive Frau war. Vor 70 Jahren, am 17. Mai 1944, starb die 1896 geborene Journalistin und Schriftstellerin im Konzentrationslager Ravensbrück.
Die Schauspielerin Elisabeth Richter-Kubbutat und die Akkordeonistin Susanne Stock gestalten einen Abend mit Texten, die den wachen Blick dieser Zeitzeugin zwischen den Weltkriegen ebenso spiegeln, als auch ihre warmherzige Anteilnahme. Es erklingen musikalische Werke von Johann Sebastian Bach und Francis Poulenc.
Mittwoch, 17. September 2014 um 19:00 Uhr
Haus Helene Weber
Wundtstr. 40-44, 14057 Berlin-Charlottenburg
- Geschichte, Kunst und Kultur -
Mein Vater Wilhelm Neef war, wie meine Mutter auch, Nazi-Gegner von Anfang an. 1914 geboren, wurde er im 2. Weltkrieg eingezogen und fungierte als Nachrichten-Offizier in Frankreich. Meine Mutter, als Nachrichten-Helferin dienstverpflichtet, lernte ihn 1941 in Paris kennen, wo sie beide stationiert waren.
Nach seiner Versetzung an die Ostfront 1944 (meine Geburt 1943 verhinderte, dass er schon vorher an die Ostfront kam) sollte er Anfang 1945 zur Infanterie versetzt werden, um in der Tschechei bei der kämpfenden Truppe eingesetzt zu werden. Vorher hatte er in Polen – nach seinem eigenen Zeugnis, Unterlagen darüber gibt es nicht – als Musiker für polnische Partisanen Klavier gespielt, meist bei nächtlichen „Ausflügen“.
Um den Einsatz bei der Infanterie zu vermeiden, organisierte er zusammen mit einem Freund, der Arzt war, in Kattowitz ein Krankenzeugnis. Im März 1945 konnte er mit meiner Mutter, die in Tübingen bei meiner Großmutter untergekommen war, telefonieren und ihr mitteilen, dass er sich zusammen mit diesem Freund Zivil-Kleidung besorgen und bei Nacht in Richtung Westen aufbrechen wird. Zwei Tage vor dem 8. Mai kamen die beiden dann in Tübingen an, das inzwischen nach Übergabe der Stadt ohne Kampfhandlungen die Franzosen besetzt hatten. Der Freund, der aus Bremen stammte, reiste sofort in Richtung Norden ab; er kam zwei Wochen später wohlbehalten in Bremen an. Mein Vater wurde in der Tübinger Medizinischen Klinik als angeblich Kranker untergebracht, weil die Franzosen jeden Mann, der keinen Sonderausweis hatte, verhafteten. In der Wohnung meiner Mutter und Großmutter konnte er nicht untergebracht werden, weil sie befürchteten, er werde von einer im selben Haus lebenden Nachbarin denunziert.
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W. Neef - Gastautoren, Geschichte -
Jemandem, der die Wilhelmsaue entlanggeht, könnte das Haus 111a wegen seiner vielgestaltigen Fassade aufgefallen sein. Und wenn man die Anker-Steinbaukästen kennt, dabei auch eine gewisse Parallele zwischen Elementen seiner Fassade und Steinen aus diesen Baukästen. Kein Wunder, sind beide doch aus derselben Zeit: die Bausteine von 1882, das Haus gut ein Dutzend Jahre später. Und dann ist da noch als sehr augenfälliger Kontrast Haus 111 mit seiner Schachbrettfassade.
Ursprünglich (siehe Bild 1) umfaßte das Grundstück der Familie Chr. Brandt die Häuser 111 und 111a. Jedoch wurde das Grundstück vor 1891 geteilt zwischen Albert (1), der 111a erhielt, und Ludwig (Louis) Brandt, beide Rentiers.
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
- Avantgarde! Spurensuche III - Herwarth Walden und Paul Cassirer
Die Kunstbibliothek Staatliche Museen zu Berlin und der Literatur-Salon Potsdamer Straße laden ein:
Die großen Kunstförderer Paul Cassirer und Herwarth Walden residierten nicht weit voneinander entfernt. Cassirers Kunsthandlung war in der Victoriastraße, Waldens „Sturm“ in der Potsdamer Straße. In der heutigen Bissingzeile war Paul Cassirers Pan-Presse. Cassirer war einer der wichtigsten Galeristen der Moderne und Avantgarde. Walden förderte Expressionismus und Futurismus und veranstaltete 1913 den „Ersten Deutschen Herbstsalon“. Beim „Sturm“ arbeiteten Künstlerinnen und Künstler aus Literatur und Bildender Kunst der europäischen Avantgarde mit.
Der Rundgang führt zu Orten, an denen Walden und Cassirer lebten und arbeiteten.
Eine Führung mit Sibylle Nägele und Joy Markert vom Literatur-Salon
Potsdamer Straße im Rahmen der Ausstellung "AVANTGARDE!". Die Teilnahme
ist kostenfrei. Anschließend kann noch die Ausstellung „AVANTGARDE!“
besichtigt werden (der Besuch der Ausstellung ist entgeltpflichtig).
Samstag, 30. August 2014 um 15:00 Uhr
Treffpunkt: Potsdamer Straße 180/Ecke Pallasstraße vor dem Eingang Drugstore
10785 Berlin-Schöneberg
- Konzert in der Kulturwerkstadt
Christine Münsberg ”STEINBRECHER”
Eintritt frei
Samstag, 30. August 2014
Konzertbeginn 20:30 / Einlass 19:30 Uhr
Kulturwerkstadt (in der ehemaligen Engelhardt-Brauerei)
Danckelmannstraße 9 A
14059 Berlin-Charlottenburg
- Jazz im Eiscafé Fedora
Corinna Reich - vocals, piano
Michael Gechter, guitars
HD Lorenz, bass
special guest: Maria Reich, violin
Eintritt frei
Samstag, 30. August 2014 um 20:00 Uhr
Eiscafé Fedora
Nehringstraße 21
14059 Berlin-Charlottenburg
- Jubiläum: 5 Jahre "Cityboutique"
Am 1. September 2009 hatte die Berliner Stadtmission den Laden "Komm und Sieh" in der Neuen Christstraße (früherer Manns-Laden) im Kiez am Klausenerplatz eröffnet.
Das wird gefeiert mit Würstchen vom Grill, Spielen für Kinder und mehr. Sie sind herzlich eingeladen - Feiern Sie mit!
Montag, 1. September 2014 von 11:00 bis 18:00 Uhr
Neue Christstraße 5 / Ecke Nehringstraße
14059 Berlin-Charlottenburg
- Geschichte, Gewerbe im Kiez, Kunst und Kultur -
Prof. Wolfgang Benz, der Verfasser dieses Artikels, ist Historiker mit Schwerpunkt NS-Forschung. Er lehrte bis 2011 an der Technischen Universität Berlin und leitete von 1990 bis zu seiner Emeritierung dessen Zentrum für Antisemitismusforschung.
Warum tun sich die Zuständigen so schwer, ein Erinnerungszeichen zu setzen, das sinnvoll und womöglich notwendiger wäre als andere? Es geht um den unbekannten 17-Jährigen, den SS-Leute in den letzten Apriltagen 1945 aus dem Keller eines Hauses in der Berliner Straße, zwischen Uhland- und Fechnerstraße, herausholten. Der Junge hatte sich dort versteckt, weil er im sinnlosen Schrecken der letzten Kriegstage sein Leben retten wollte. Er war ein Deserteur. Der oberste Befehlshaber Hitler, der sich im Bunker unter der Reichskanzlei verkrochen hatte und sich ein paar Tage später durch Selbstmord der Verantwortung für viele Millionen Tote entzog, hatte angeordnet, „Verräter“ augenblicklich zu erschießen oder zu erhängen.
Fanatiker vollstreckten, wo sie nur konnten, den verbrecherischen Befehl. Auch an dem 17-Jährigen in Wilmersdorf. Dazu wurde im Haus Berliner Straße 33 eine Wäscheleine beschafft, mit der der junge Mann an Ort und Stelle aufgehängt wurde, mit einem Schild um den Hals „Ich war zu feige, für Deutschland zu kämpfen“. Das war den Mördern noch nicht genug der Barbarei: „Zur Abschreckung“ musste die Leiche tagelang hängen bleiben.
Jahrelang gedachten die Anwohner am Jahrestag des sinnlosen Verbrechens und legten an der Stelle Blumen nieder. Dann schien die Tat vergessen. Seit zwanzig Jahren mühen sich Bürger um ein Zeichen der Erinnerung. Bisher ohne Erfolg. Zwar hat der Deutsche Bundestag 1998 ein Gesetz beschlossen, das die Urteile der Standgerichte aufhob und damit alle, die den Dienst mit der Waffe für das nationalsozialistische Unrechtsregime verweigerten, rehabilitierte. Das Bundessozialgericht hatte schon davor festgestellt, dass die als „Deserteure“ oder „Fahnenflüchtige“ geschmähten Männer Widerstand geleistet hatten, weil sie sich dem NS-Regime verweigerten. Aber dem unbekannten 17-Jährigen in der Berliner Straße, von dem man nur weiß, dass er eine Jacke der Waffen-SS trug, wird das Gedenken verweigert. Die Jacke, die keine Mitgliedschaft in der SS beweist, war für das Bezirksamt Wilmersdorf 1995 Ablehnungsgrund für eine Erinnerungstafel. Später lautete der Einwand, einen anonymen 17-Jährigen zu ehren, würde einen Präzedenzfall schaffen und ihn unangemessen hervorheben.
Das Gegenteil ist richtig. Mit dem überfälligen Zeichen der Erinnerung würden viele geehrt, die vergessen sind, weil sie nicht prominent waren – wie Anne Frank oder die Geschwister Scholl. Eine Gedenktafel würde nicht nur an einen Unbekannten, sondern an viele Opfer des NS-Regimes erinnern, denen wir Respekt schulden für ihre Weigerung, an Unrecht, Massenmord und sinnlosen Opfern mitzuwirken.
Wolfgang Benz, August 2014
Wolfgang Benz - Gastautoren, Geschichte -
Am letzten Sonnabend vor den Sommerferien, am 5. Juli, hatte das Goethe-Gymnasium sein diesjähriges Sommerfest durchgeführt. Dort präsentierten drei Schülerinnen und Schüler einer 10. Klasse einen Text mit der Forderung „Für eine Gedenktafel in der Uhlandstraße!“. Wir geben ihn im folgenden wieder, zusammen mit dem Begleittext eines ihrer Lehrer.
"Wer Geschichte vergisst,
muss sie nochmal durchleben."
George Santayana
Dies gilt auch für die grausamen Zeiten des SS-Regimes. Darunter litt ebenfalls der 17-Jährige Unbekannte. Gezwungen weiter zu kämpfen, obwohl es bereits keine Hoffnung auf Sieg mehr gab und dazu getrieben weiterhin Menschen zu töten, entschied er sich, seine Waffen niederzulegen und dem SS-Regime den Rücken zu kehren, ob aus Mut, Tapferkeit, Feigheit oder Angst. Für dieses „Vergehen“ wurde er verurteilt und von seinen „Kameraden“ der Waffen-SS verachtet. Um seiner gegenläufigen Haltung und der besagten Grausamkeit zu gedenken und auf dass sowas nie wieder geschehen möge, setzen wir uns für eine Gedenktafel an der Uhlandstraße 103 ein, wo der 17-Jährige seinem Schicksal unterlag. Um ein Gegenargument für die Gedenktafel zu entkräften: Er trug zwar eine Jacke der Waffen-SS und war Angehöriger des Regimes, jedoch kann man davon ausgehen, dass er dies notgedrungen tat. Die Soldaten der Waffen-SS hatten zwar eine höhere Chance den Krieg zu überleben, aber dennoch entschied er zu desertieren. Außerdem fungiert eine Gedenktafel als Mahnmal. Es soll zukünftige Generationen an diesen tragischen Abschnitt der Geschichte erinnern, wobei der Unbekannte 17-Jährige für jeden von uns stehen könne.
Nihade Pamuk, Philip Steinskamp, Jenissa Terzic
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Jeden Tag gehen wir in unsere Schule. Wir lernen, unterrichten, lachen, strengen uns an, treffen uns in der Pause. Genauso, wie alle Schülerinnen und Schüler das in ihrem Leben kennen. Und genauso muss es wohl auch dieser siebzehnjährige Junge erlebt haben. Auch er muss einmal ein ganz normaler Schüler gewesen sein. Unsere Schülerinnen und Schüler haben es ganz treffend ausgedrückt: Es hätte jeder von uns sein können.
Wir haben von diesem Jungen nicht gewusst. Wie muss die Stelle im Frühjahr 1945 ausgesehen haben, an der er umgebracht wurde? Eine Stelle in Sichtweite des Goethe-Gymnasiums, eine Stelle, an der wir jeden Tag auf unserem Schulweg vorbeigehen.
Den Menschen damals war das Schicksal des Jungen offenbar nicht gleichgültig und sie haben, so hören wir, noch lange mit einem Pappschild an ihn erinnert. Und wenn spätere Zeiten ihn vergessen haben, für unsere Schülerinnen und Schüler, ja, auch für das Selbstverständnis unserer Schule wäre es wichtig, dass diese Erinnerung nicht verlorengeht, sondern fortgeführt wird, damit wir wachsam bleiben, wenn vor unseren Augen Unrecht geschieht.
Deshalb danken wir Lehrerinnen und Lehrer des Goethe-Gymnasiums Herrn Michael Roeder und seinen Unterstützern sehr für ihre engagierte Initiative und unterstützen die Forderung nach der Errichtung der Gedenktafel für den ermordeten siebzehnjährigen Jungen in besonderem Maße.
Christian Hahn, Geschichts-Lehrer am Goethe-Gymnasium
In einem Schreiben vom 4. August an die Gedenktafelkommission hat sich der Bezirksvorstand DIE LINKE Charlottenburg-Wilmersdorf ebenfalls für die Gedenktafel ausgesprochen und gefragt, „warum und an welcher Stelle Hinderungen auftreten und das Projekt nicht zu einem würdigen Ende ... geführt werden kann“.
MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Helmut Meyer kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken: Drittes Reich, Zweiter Weltkrieg, Westberlin, Ostberlin, schließlich BRD. Er war schon früh künstlerisch aktiv und ist es immer noch – siehe seine Ausstellung im September 2011 in der Taverna Karagiosis am Klausenerplatz. Und er hat, ebenfalls schon früh, am Beispiel seines Vaters erlebt, was es bedeutete, Gegner des Nationalsozialismus zu sein. 2011, als sein Vater zusammen mit weiteren 70 Charlottenburgern für seinen Widerstand geehrt wurde, hatte er uns von ihm erzählt.
Helmut Meyer verbrachte seine ersten vierzehn Lebensjahre in der Kamminer Straße, in dem Viertel, das heute nach einem Platz benannt wird, der damals nach Gustav Adolf hieß und seit 1950 den Namen des Widerstandskämpfers Carlo Mierendorff trägt. Sehr plastisch und voller Details schildert er das Leben dort vor 75 Jahren: Wie die Straße der Spielplatz für die Kinder war, wo sie den größten Teil des Tages verbrachten: das Pflaster diente als Malgrund, die Ladenschwellen als Sitzplätze, die Gaslaternen als Ausguck. In der ganzen Straße gab es nur drei Autos, dafür jede Menge Fuhrwerke: die der Müllkutscher, der Brauereien, des Eismannes und der Meierei Bolle. Außerdem traf man dort Lumpen- und Kartoffelschalensammler, Leierkastenmänner und Moritatensänger.
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -