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Teil 22 - Sanierungsvorhaben 2012-2022 am Klausenerplatz

 
Inzwischen sind nach der letzten Modernisierungsankündigung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG fast zwei Jahre vergangen.

Kurz vor Weihnachten 2012 erhielten die Mieter in der Danckelmannstraße 2 von der GEWOBAG die erste schriftliche Mitteilung zum geplanten Modernisierungsvorhaben. Angekündigt wurde ihnen darin, daß ein Verbleiben in ihrer Wohnung nicht möglich sein wird und die Wohnungen zwecks Schaffung von Baufreiheit vollständig geräumt werden müssen. Für "Schnellentschlossene" wurde ein gestaffeltes Angebot bei frühzeitiger Kündigung und Rückgabe der Wohnung bis zum 28. Februar 2013 unterbreitet.

Am 7. Februar 2013 wurde den Mieterinnen und Mietern die offizielle Modernisierungsankündigung mit horrenden Mieterhöhungen zugestellt: eine bis zu 28-seitige "Ankündigung von Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten gemäß § 554 Abs. 1-5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)". (Siehe auch Beispiel Modernisierung 2012)  

Als gesamte Bauzeit wurde der Zeitraum vom 08.05.2013 bis zum 20.12.2013 angegeben und für die Arbeiten an den Wohnungen vom 10.06.2013 bis zum 19.07.2013. Der Berliner Kurier hatte am 19.03.2013 von den unsäglichen Vorgängen berichtet.


Modernisierungsvorhaben 2013 Danckelmannstraße 2

 

Wir schreiben nun mittlerweile den Dezember 2014 und passiert ist von den angekündigten Bauarbeiten immer noch nichts. Doch die Mieter sollten damals ganz schnell raus. Seit fast zwei Jahren stehen nun Wohnungen in diesem Haus leer und die Mieter, die auf eine Rückkehr in ihre alte Wohnung bestanden haben, warten weiterhin in ihren Umsetzwohnungen zwischen Umzugskisten auf eine Antwort, wie und wann es weitergehen soll. Ein Mieter ist sogar inzwischen verstorben.

Die seit Jahrzehnten mit stetiger Instandhaltung vernachlässigte Fassade des Hauses hätte in den letzten beiden Jahren zigmal gestrichen werden können.

Die Mieterinnen und Mieter könnten heute noch in dem Haus wohnen und ein weiteres Weihnachtsfest in ihren Wohnungen feiern. Aber das war ihnen von den Verantwortlichen nicht vergönnt.

 
Im Gegensatz zu sämtlichen desinteressierten Charlottenburg-Wilmersdorfer Bezirkspolitikern wie auch den hiesigen Mitgliedern im Abgeordnetenhaus, hat das unerträgliche Geschehen jetzt aber eine Politikerin aktiv werden lassen. Im Abgeordnetenhaus wurde eine schriftliche Anfrage an den Senat von Berlin gestellt. Die Antworten fallen teilweise unzureichend und typisch politisch-schwatzhaft aus. Man hätte ja auch einfach die betroffenen Mieter fragen können, um einen fairen und realen Eindruck beider Seiten zu erhalten. Aber warum sollten gerade jene Politiker, die für breite Bevölkerungsschichten eher "nicht so viel übrig haben", mit diesen Menschen reden. Allerdings sind in den Antworten einige weitere interessante Details enthalten. Die Antwort zeigt auch, daß wir mit unseren Vermutungen zu den Gründen der "Verzögerung" damals ziemlich richtig lagen. Auf jeden Fall ist es Dank des Einsatzes einer Abgeordneten die erste Antwort überhaupt, die die Mieter aus der Danckelmannstraße in der ganzen Zeit erhalten haben.

 

Drucksache 17 / 14 961
Schriftliche Anfrage
der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE)
vom 17. November 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. November 2014) und Antwort
"Verzögerungen bei Sanierungsmaßnahmen in Gebäuden der städtischen Wohnungsbaugesellschaften?"

   

Frage 1: Ist dem Senat bekannt, welche Gründe dazu geführt haben, dass in der Charlottenburger Danckelmannstraße 2 vor 1 ½ Jahren von der GEWOBAG Sanierungsmaßnahmen angekündigt wurden, die bis heute nicht begonnen worden sind, und wie bewertet er diesen Sachverhalt?

Frage 2: Wie bewertet der Senat die Situation der zehn Mietparteien, die aus dem Gebäude umgesiedelt wurden, obwohl bis heute nicht saniert wurde?

Frage 3: Hat der Senat davon Kenntnis, dass drei oder vier Mietparteien zurück in die zu sanierenden Wohnungen in der Danckelmannstraße 2 wollten und seitdem in Umsetzwohnungen verharren, ohne eine Antwort zu bekommen, wann und wie es weitergeht? Wenn ja, was sollte aus Sicht des Senates unternommen werden?

Frage 4: Wie soll nach Ansicht des Senates zukünftig verhindert werden, dass Mieterinnen und Mieter bei Sanierungsmaßnahmen städtischer Wohnungsbaugesellschaften aus ihrem sozial-räumlichen Umfeld gedrängt werden?

Frage 5: Kann sich der Senat vorstellen, den städtischen Wohnungsbaugesellschaften aufzuerlegen, dass sie in solchen Fällen und für die Folgen folgenloser Sanierungsankündigungen samt Umsiedelung der Mietparteien angemessene Entschädigungen an die betroffenen Mieterinnen und Mieter leisten und wenn nein, warum nicht?

Frage 6: Ist dem Senat bekannt, ob das seit nunmehr 1 ½ Jahren leerstehende Wohngebäude Danckelmannstraße 2 durch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf als Fall von Zweckentfremdung angesehen wird und welche Rechtsauffassung vertritt der Senat zu diesem Fall ungenehmigten Leerstands?

Frage 7: Wie viele Fälle von Leerstand wegen bevorstehender Sanierung bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind dem Senat bekannt (bitte nach Gesellschaften und Bezirken aufgliedern) und wie gedenkt er darauf hinzuwirken, dass beabsichtigte Sanierungsvorhaben zügig durchgeführt werden, um die Fristen gemäß Zweckentfremdungsgesetz zu unterschreiten?

 
Quelle: Komplette Schriftliche Anfrage mit den Antworten - Drucksache 17/14961 (als PDF).


  
Die Beantwortung der Fragen erfolgte im Auftrag des Senats durch den Staatssekretär bei der SPD-Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt , Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup. Der Staatssekretär sitzt gleichzeitig als stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat der GEWOBAG und stellt damit die direkte politische Hauptverantwortung des Berliner Senats auch in diesem Gremium in dieser Angelegenheit dar.

 
Man beachte beispielsweise die Antwort zu Punkt 6:

Ein Antrag auf Zweckentfremdungs- bzw. Leerstandsgenehmigung wurde von der Gewobag nicht gestellt, da diese Maßnahme ursprünglich weniger als 6 Monate andauern sollte und somit keiner Genehmigung bedurfte. Der Antrag wurde zwischenzeitlich in der 46. Kalenderwoche gestellt.

Der Antrag wurde also zwischenzeitlich in der 46. Kalenderwoche des Jahres 2014 (?) gestellt? Das hat also scheinbar weder den Senat noch den stellvertretenden Vorsitzenden im Aufsichtsrat der GEWOBAG und schon gar nicht das SPD-geführte Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf angeregt, sich fristgemäß an die von ihnen selbst erlassenen Regeln zu halten. Aber auch das ist uns ja schon von anderen Vorfällen bekannt. (siehe auch z.B. das Geschehen zum Künstlerhaus K19 am Klausenerplatz, ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) zu einem Bebauungsplan des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf, das Bauvorhaben in der Pulsstraße auf einem ehemals landeseigenen Grundstück, den Plan zum vom Bezirksamt "be-/geförderten" Projekt "ÖkoKiez")


 
Echte, aufrichtige und tatkräftige Hilfe und Unterstützung haben die Mieter, bis auf die hier erwähnte Anfrage an den Senat, sonst von keinen Bezirks- und Landespolitikern erhalten.

Es in der ganzen Zeit weder eine Reaktion, noch ist ein Eingreifen der zuständigen und hauptverantwortlichen SPD-Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erfolgt. Schon gar nicht hat sich der Charlottenburg-Wilmersdorfer Stadtentwicklungsstadtrat, Marc Schulte (SPD), für den Vorgang und die Behandlung der Bestandsmieter interessiert. Normalverdiener, Rentner und einfache Menschen sind dem SPD-geführten Bezirksamt nicht so besonders viel "wert", ihre Freunde und Begünstigten sind schließlich woanders ansässig und dort ist es mit seiner Zuarbeit auch gerne behilflich. Hier im Kiez praktizierte man dagegen noch freudige Parteiwerbung vor dem "entleerten" Haus. Von diesem Stadtrat und der hiesigen Bezirkspolitik dürfte auch weiterhin gar nichts zum Schutz der Mieterinnen und Mieter zu erwarten sein. Das wurde schon mit einer Vereinbarung vom 25. Juli 2013 zwischen dem Bezirksamt und der GEWOBAG deutlich. Die darin vertraglich vereinbarte Stadtteilkonferenz für das Jahr 2013 fand beispielsweise erst gar nicht statt. Die zweite vereinbarte Stadtteilkonferenz für das Jahr 2014 fand am 2. Dezember dieses Jahres statt. Aber genau der Themenbereich Mieten, Modernisierung und Sanierung war von Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte nicht vorgesehen, obwohl der Titel des Vertrags "öffentlich-rechtliche Vereinbarung zum sozialverträglichen Ablauf von geplanten Sanierungen" lautet und damit der zentrale Inhalt der Stadtteilkonferenzen klar und deutlich vorgegeben wurde. Entsprechende Antworten auf Fragen zum Fall Danckelmannstraße wurden auf der Stadtteilkonferenz schließlich verweigert. Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte schwieg komplett dazu. Die Mieter wurden damit vom Bezirksamt, unter Mißachtung des eigenen Vertrages, erneut ignoriert (hier zum Verlauf unser Bericht von Dezember 2013). Wie aufrichtig ihr Vorgehen zum kürzlich besprochenen Milieuschutz ausfallen wird, werden wir dann ja auch noch erfahren. 

 
Mieterinnen und Mieter werden also auch weiterhin beim Kampf um ihre berechtigten Interessen auf sich allein gestellt bleiben. Das kann allerdings mit den entsprechenden Vorbereitungen, mit Zusammenhalt und Solidarität, erfolgreich sein, wie es eine Hausgemeinschaft in der Seelingstraße ganz besonders bewiesen hat. Die Presse hatte darüber mit lobender Anerkennung berichtet.

Der Dank gebührt allein all den Mieterinnen und Mieter, die in den letzten drei Jahren mit ihrem Engagement den ersten Versuchen zu massiven, modernisierungsbedingten Mieterhöhungen und damit einer latenten Vertreibungsgefahr aus ihrem Wohngebiet erfolgreich getrotzt haben.

 
Zum Schluß noch eine halbwegs positive Nachricht. Das "Sanierungsvorhaben 2012-2022 am Klausenerplatz" der GEWOBAG wurde nach Mitteilung einer leitenden Mitarbeiterin vorerst - mittelfristig - ausgesetzt. Damit ist für das kommende Jahr 2015 erstmal, zumindest diesbezüglich, kein weiterer Schrecken für die Mieter der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft hier bei uns im Kiez vorgesehen.

 

Plakat auf der Demo zum Erhalt von Grünflächen und für eine soziale und lebenswerte Stadt (14. November 2014)

- Kiez, Menschen im Kiez - 15. Dezember 2014 - 00:02
Tags: ///////



zwei Kommentare

Nr. 1, maho, 15.12.2014 - 23:49
Nachtrag (Heute noch gefunden):

Auf der Tagesordnung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 11.12.2014 stand folgende mündliche Anfrage:

7. Mündliche Anfrage (Drucksache – 1077/4)
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Wohnraumzweckentfremdung?

“Ist dem Bezirksamt bekannt, dass das Wohnhaus Danckelmannstr. 2 seit ca. 2 Jahren leer steht unter dem Vorwand, dass die Eigentümerin Gesobau beabsichtigt, dort zu sanieren – und was gedenkt das Bezirksamt, gegen diese Zweckentfremdung zu unternehmen?

Wie genau und mit welchem zeitlichen Ablauf werden die durch das Bezirksamt eingeleiteten Schritte aussehen?”

Quelle:
http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-w..
Nr. 2, maho, 15.01.2015 - 18:52
Stadtrat Marc Schulte denkt anscheinend nicht daran, die Mündliche Anfrage einer BVV-Verordneten zu beantworten.
Es ist die einzige mündliche Anfrage, die bisher vom Bezirksamt nicht beantwortet wurde.

Frage:
Die Mieter interessieren ihn nicht?
Sind sie es nicht “wert”?
Gehören sie nach der aktuellen sozialdemokratischen Linie sowieso weg?
Stimmt etwas mit der Meldung einer Wohnraumzweckentfremdung nicht (Fristen)?
Hat das Bezirksamt etwa (wieder mal) eigene Gesetze mißachtet?

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