„NICHT ALLES IST SO, WIE ES SCHEINT“, ist der zentrale Satz im Kinderbuch -DIE KLEINE MONDNASE - von Gudrun Wagner. Wie ist es dann? Stellt sich die Frage.
Um den Geheimnissen auf die Spur zu kommen, bedarf es mehr als nur Fakten und Wissen. So auch, wenn es um die scheinbar so einfach zu erklärenden Phasen des Mondes geht. Sie werden in dem Buch mit viel Liebe und Phantasie entdeckt.
[weiterlesen]
T. Wiese - Gastautoren, Kinder und Jugendliche -
Ins Leben jedes Menschen brechen immer wieder mal unvorhergesehene Ereignisse ein, schöne oder traurige, die dem Leben einen neuen Aspekt hinzufügen oder seine Richtung ein Stück verändern. Zu den schönen gehörte für mich, Frau und Herrn Sadji vor knapp einem Jahr kennenzulernen. Aus dem Kennenlernen wurde Zusammenarbeit an verschiedenen Publikationen und Freundschaft.
Das Besondere an Frau und Herrn Sadji war, wie sie über mehr als 40 Jahre hinweg ihr gemeinsames Ziel verfolgten: Goethe in Afrika heimisch zu machen. Das war für mich der Grund, im Juli das Kurzportrait Herr und Frau S. zu schreiben und Anfang Oktober außerdem eine Langfassung davon. Nur wenige Tage später, am 19. Oktober, starb Frau Sadji völlig überraschend.
Es folgt hier der Text des ausführlichen Portraits, das unversehens zu einem Nachruf auf Frau Sadji geworden ist.
[weiterlesen]
Michael R. - Gastautoren, Geschichte, Menschen im Kiez -
Abkürzungen sind praktisch, sie bändigen umständliche Bezeichnungen und verflüssigen dergestalt die Kommunikation. Das gilt erst recht für Akronyme, deren einzelne Buchstaben für genau ein Wort stehen. Wer wollte schon medizinisch korrekt vom Angenommenen Immun Defekt Syndrom sprechen, wenn eine chronische Immunschwäche gemeint ist, die seit fast 30 Jahren die von ihr befallenen Menschen nach (mittlerweile) langer Leidenszeit krepieren lässt? Da klingt doch Aids sehr viel schneidender, bar jeder Romantik und abschließend wie ein Urteil. Respektlose Jugendliche haben die vier Buchstaben kalauernd aufgelöst zu Ab in den Sarg; der Dichter Detlev Meyer, der der Krankheit nach langem Kampf schließlich selbst erlag, entschied sich für den Aufbruch in die Schönheit. Aids mitsamt seinem Elend mit seiner Antithese, der Schönheit, zusammen zu spannen, ist dreist und verzweifelt. Aber es passt zu Meyers Habitus, der sich Zeit seines Leben und Schreibens als Bewohner eines sexuellen Paradieses gesehen hat, aus dem er vertrieben wurde – erhobenen Hauptes und sprachlich unanfechtbar.
[weiterlesen]
Andrea Bronstering - Gastautoren, Kunst und Kultur -
Jeden Mittwoch von 16 bis 17 Uhr
Am Mittwochnachmittag ist immer besonders viel los in der Bücherei in der Nehringstraße. Nach und nach kommen Eltern und richten sich auf den Bänken am Gang nach hinten zum Kinderbereich mit ihren kleineren Kinder ein, während die größeren sich unterhalten, herumrennen oder etwas zum Ausleihen aussuchen. Manche blättern auch schon mal in den Büchern herum, bevor das Vorlesen beginnt.
[weiterlesen]
Michael R. - Gastautoren, Kinder und Jugendliche -
HUNGER UND MILITÄRAUSGABEN IN DER WELT - USA und andere, z. B. Deutschland, 2008
Eine Milliarde Menschen hungern weltweit. Das sind 1000 000 000 Menschen. Alle sechs Sekunden verhungert ein Kind, statistisch gesehen. Der Westen lebt im Überfluss. Es wurden/werden vollmundige Absichtserklärungen abgegeben, den Hunger in der Welt beseitigen zu wollen.
Allein, was geschieht? Die Militärausgaben wurden/werden drastisch erhöht.
[weiterlesen]
T. Wiese - Gastautoren, Gesellschaft, Politik, ZeitZeichen -
Der kommende Dienstag, der 1. Dezember 2009, ist der Weltaidstag. An diesem Tag erinnern sich auf der ganzen Welt zahlreiche Menschen ihrer Freunde, Liebhaber, Frauen, Kinder und Kollegen, die in den vergangenen 30 Jahren an der Immunschwäche gestorben sind. An so manchem Revers wird in diesen Tagen die schmucke rote Schleife leuchten und weithin signalisieren: ich erinnere mich, ich vergesse nicht, ich schaue nicht weg. Dieses Memento Mori ist lebenswichtig, bleibt doch Aids, ausgelöst durch das Humane Infekt Virus HIV, eine chronische Krankheit zum Tode, allen neuen Medikamenten und Behandlungen zum Trotz. Jene sind ohnehin nur in den Industrienationen verfügbar, in den Ländern Afrikas und Südasiens ist Aids eine alltäglich gewordene und gebliebene Todesursache, gerade unter den jungen Menschen.
Die aufwändig inszenierten Aidsgalas, die alljährlich in der Deutschen Oper und im Theater des Westens gegeben werden, sind zu einem gesellschaftlichen Event geworden. Auf eine leise und kontinuierliche Art hingegen erinnert in Berlin die ökumenische Aids-Initiative „Kirche positHIV“ an die Menschen, die an Aids verstorben sind und nimmt sich derer an, die heute mit HIV und Aids leben. Einmal im Monat gestaltet diese Gruppe einen Gottesdienst, was angesichts des reservierten Umgangs der Amtskirchen, vor allem der katholischen, mit der Erkrankung bereits eine Provokation für so manchen Amtsträger und auch Kirchgänger darstellen kann. Wurde und wird Aids doch allzu leichtfertig verkürzt auf eine medizinische Strafe für ein ungezügeltes Sexualleben jenseits der konventionellen Monogamie. Prominente Unterstützung bekommt die Initiative von Hanna-Renate Laurien – die ehemalige Berliner Schulsenatorin ist Schirmherrin von Kirche positHIV.
Am Sonntag, den 29. November feiert Kirche positHIV anlässlich des Weltaidstages den nächsten Gottesdienst in der Evangelischen Kirche am Lietzensee. Das markante Gebäude mit dem Giebeldach und der wandhohen Fensterfront liegt in der Herbarthstraße 4-6 am südwestlichen Ufer des Lietzensees, Beginn des Gottesdienstes ist um 18:30. Für die musikalische Umrahmung zeichnen Martin L. Carl an der Orgel und der einschlägig bekannte schwule Chor der RosaCavaliere verantwortlich. Die liturgische Leitung des Gottesdienstes liegt in den Händen der Gemeindepfarrerin Dorothea Strauß, die im Jahr 1993 die konfessionsübergreifende Initiative Kirche positHIV ins Leben rief und bis heute begleitet. Ihr Credo lautet, dass die Kirche auch Schwulen und Infizierten Heimat und Geborgenheit bieten kann und soll, Zuwendungen, die sie keineswegs umstandslos in ihren Heimatgemeinden erfahren. Zu dem ökumenischen Gottesdienst sind alle Interessierten herzlich willkommen.
www.kirche-posithiv.de
Andrea Bronstering - Gastautoren, Gesellschaft -
Im europäischen Vergleich ist Berlin eine junge Stadt. Urkundlich nachweisbar zwar seit 1237, hat sich die Stadt auf märkischem Sand aber erst mit der Reichgründung zu einer politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Metropole entwickelt. Bis 1871 war Berlin eine deutsche Residenzstadt neben anderen, vor allem bekannt als Zentrum der Verwaltung und des Militärs Preußens. Doch reicht die kulturelle Tradition des Hauses Hohenzollern bis an den Beginn der Neuzeit zurück. Im Zuge der Reformation trat Kurfürst Joachim I. zum protestantischen Glauben über, sein Sohn Joachim II. ließ von 1538 an das Stadtschloss auf der Spreeinsel ausbauen. Diese politische Aufwertung Berlins fand ihre repräsentative Begleitung in vermehrten Aufträgen an bildende Künstler. Der kursächsische Hofmaler Lucas Cranach d. Ä. schuf in seiner Werkstatt zahlreiche Altäre, Tafeln und Portraits, die zum Sockel der preußischen Kunstsammlungen wurden. Vermittelt über Cranach, kam die Renaissance gut 200 Jahre nach ihrem Einsetzen in den norditalienischen Stadtstaaten in künstlerischen Ausläufern in Brandenburg an. In einer üppigen Schau im Schloss Charlottenburg präsentiert die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) nach umfangreicher Restaurierung die malerischen Werke Cranachs, die dieser für die Brandenburger Regenten in Berlin schuf.
[weiterlesen]
Andrea Bronstering - Gastautoren, Kunst und Kultur -
Ein Artikel zum Afghanistan-Konflikt unseres Gastautors Michael (MichaelR) war bereits im September dieses Jahres nachträglich in einer ausführlicheren Fassung bei der Tageszeitung "junge Welt" erschienen.
Inzwischen wurde in der Tageszeitung "Neues Deutschland" nach seinem Beitrag "Herr und Frau S." hier im Kiezer Weblog über 40 Jahre Leben und Arbeiten in Senegal ebenfalls eine ausführlichere Schilderung veröffentlicht:
* "Wieso lebt Goethe in Afrika?" - Neues Deutschland vom 10.10.2009
- Gastautoren, Geschichte -
Schweinegrippe
So gebe, ach oh lieber Gott,
dass all der Zorn der Schweine
gerechterweis auch jene trifft
die da sind des Volkes Gift.
Ob Regenten, Amtmann oder Geldessack,
ob elitär Politikganovenpack,
- feg hinweg den ganzen Dreck.
Am Ende Deiner Ruhmestat
leg in die Erde neue Saat,
auf dass das Schwein regiere,
Eines dieser fried'gen Biester,
aber ohne all, ich bitt Dich sehr,
ohne all die Schweinepriester.
Denn ohne all die Priesterschweine
schwindt geflugs das Schweingemeine.
* Sankt Christianikus, gegeben zu Basel 1456 *
[weiterlesen]
Christian B. - Gastautoren, Satire -
„Berlin müßte Stadt der Intellektuellen und der Elite sein, aber die Stadt in ihren politischen Strömungen ist nicht elitär aufgestellt, sondern in ihrer Gesinnung eher plebejisch und kleinbürgerlich.“ Dieses müde Lamento stammt von Thilo Sarrazin, seines Zeichens von 2002 bis 2009 Finanzsenator Berlins und seit Mai dieses Jahres Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank in Frankfurt am Main. In einem langen Gespräch mit der Zeitschrift „Lettre International“ äußert sich der spröde Technokrat, der schon mit zynischen Vorschlägen zur Ernährung von Hartz-IV-EmpfängerInnen unangenehm auffiel, zu den kulturellen, politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Perspektiven der Hauptstadt. Das Interview sorgt seit Tagen für Wirbel in den deutschen Medien, da Sarrazin sich wegwerfend über Unterschicht und Prekariat auslässt und speziell den arabisch- und türkischstämmigen BerlinerInnen den Willen zur Integration in die deutsche Gesellschaft abspricht. Die Publizität, die das aktuelle Heft von „Lettre International“ im Zuge des Interviews erhält, ist zweischneidig, droht doch der Rummel um die Positionen Sarrazins das brillante Ganze in den Schatten zu stellen. Dabei hat die Redaktion einen wahrlich großen Wurf vollbracht. Auf gut 250 Seiten entblättert sie ein Panorama der Stadt 20 Jahre nach dem Mauerfall aus der Perspektive der Sinnierenden und Schöpferischen.
[weiterlesen]
Andrea Bronstering - Gastautoren, Geschichte, Kunst und Kultur -
In diesem September war Afghanistan wieder ein wichtiges Thema in Deutschland (Stichworte: Tanklasterbombardierung, Al-Qaida-Drohungen). Die Entwicklung läßt sich knapp so zusammenfassen: Die SPD-Grünen-Regierung schickte im Dezember 2001 die Bundeswehr nach Afghanistan, um - wie es hieß - "Deutschlands Sicherheit am Hindukusch zu verteidigen"; acht Jahre später führen deutsche Sodaten den Tod einer Vielzahl von afghanischen Zivilisten herbei, um "erheblichen Gefahren für die eigene Sicherheit zuvorzukommen" (4.9.), und kurz darauf bedroht Al Qaida die Sicherheit in Deutschland, falls die Bundeswehr nicht nach den Bundestagswahlen abgezogen wird (19.9.). Natürlich verlangen jetzt verschiedene Politiker, Militärs und Journalisten eine Aufstockung der Bundeswehr in Afghanistan, um mehr Sicherheit zu schaffen, wie sie sagen.
[weiterlesen]
Michael R. - Gastautoren, Gesellschaft, Politik -
"FEIGHEIT- GEILHEIT- LIEDERLICHKEIT", so hatten wir die satirische Aktion hier im Blog genannt. Wie damals versprochen, haben wir Frau Merkel und den Herren Schäuble, Westerwelle, Seehofer und
Steinmeier ein T-Shirt davon zugesandt.
Einzig das Büro der CDU hat bisher darauf geantwortet:
Sehr geehrter Herr Wiese,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 13. September 2009.
Die Vorsitzende der CDU Deutschlands, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel erreichen täglich Hunderte an Zuschriften und Anfragen. Es ist ihr daher nicht möglich, auf diese stets persönlich einzugehen. Seien Sie aber versichert, dass wir stets bemüht sind, die Bundeskanzlerin über den Stand der Zuschriften auf dem Laufenden zu halten und in ihrem Sinne die Anfragen beantworten. Ihre Nachricht bezüglich des T-Shirts haben wir erhalten.
Angela Merkel muss Bundeskanzlerin bleiben. Sie hat am Sonntag wieder einmal eindrucksvoll gezeigt, dass sie bereit ist, vier weitere Jahre Verantwortung für Deutschland zu übernehmen. Unsichere politische Experimente und fehlende Glaubwürdigkeit, dafür steht Frank-Walter Steinmeier. Wer Stabilität, wirtschaftliche Vernunft und soziale Verantwortung will, der wählt am 27. September die Union.
Mit freundlichen Grüßen
Team Bürgerservice der CDU-Bundesgeschäftsstelle
Eine Antwort ist es schon. Vorgefertigt und sicher vorwiegend automatisiert - leider. Nach platter Wahlwerbung hatten wir gar nicht gefragt. Leider fehlt jeder einzig entscheidende Hinweis, ob sie das T-Shirt auch wirklich, zumindest gelegentlich trägt. Sollte jemand Frau Merkel (oder Herrn Schäuble) mit dem T-Shirt gesehen haben, bitten wir um Nachricht.
T. Wiese - Gastautoren, Satire -
Unser Gastautor Michael hatte hier im Kiezer Weblog unter dem Titel "Was hat Deutschland eigentlich mit Afghanistan zu schaffen?" über geschichtliche Hintergründe zum aktuellen Afghanistankonflikt geschrieben. Weiter folgten mit "Afghanistan, Iran, Nordkorea: immer gut für eine Einmischung" in drei Teilen weitere Artikel.
Aufmerksam geworden und von dort nachgefragt, hat nun die Tageszeitung "junge Welt" eine noch ausführlichere Fassung von MichaelR in der Ausgabe vom 11. September 2009 veröffentlicht:
* "Brückenkopf Afghanistan" - junge Welt vom 11.09.2009
Update: der vollständige Artikel aus der Tageszeitung "junge Welt" jetzt auch hier:
[weiterlesen]
- Gastautoren, Gesellschaft, Politik -
Dieses Bilderbuch für Kinder von 3 bis 5 Jahren ist eine ausdrückliche Kampfansage gegen die kinderbuchmäßige Verherrlichung "von Häschen, Bärchen und Mäuschen" - mit dem Ziel, für die Ratten eine Lanze zu brechen und sie sozusagen kinderzimmerfähig zu machen. Keine einfache Aufgabe, werden doch die Ratten (v.a. Haus- und Wanderratte) von den einschlägigen Tierbüchern als gefährliche Seuchenverbreiter und große Schädlinge verunglimpft. (Kann es aber auch sein, daß die Verfasserin eher an die positiven Eigenschaften der Ratten gedacht hat: lebenstüchtig durch Härte gegen Außenseiter in den eigenen Reihen und dabei lernfähig - was man eben so rat race nennt?)
Der selbstgestellte Auftrag wird nicht ungeschickt realisiert: glitzernde Buchstaben im Titel; eine ausklappbare Doppelseite; possierlich anmutende Rattenbilder in kräftigen Farben; Vorsatzblätter am Anfang und Ende, wo in der Art von Zeitungsseiten geschildert wird, was vor und nach der Geschichte passiert, in der es um drei Ratten geht, die eine Band gründen wollen und noch eine/n Sänger/in brauchen. Dies gibt Gelegenheit, ein Handy, ein Casting, Pommes und ein starkes Mädchen ("ICH WILL, ICH WILL, ICH WILL") einzubauen, also alles voll auf der Höhe der Zeit.
Aber offensichtlich glaubt die Verfasserin selbst nicht so ganz an einen Erfolg ihrer Mission, denn sie geht dann doch mehr als halbherzig vor: gibt den Ratten behaarte Schwänze, obwohl die eigentlich nackt und eklig sind, und - und das ist der eigentliche Skandal - die schließlich gefundene Sängerin ist eine Maus.
Fazit: Vielleicht das richtige Buch für Liebhaber rattengeiler Storys?
Kerstin M. Schuld, Pommes & Majo - Gemeinsam sind wir rattenstark, Coppenrath (Münster) 2008, 12,95 Eu; 3-5 Jahre
MichaelR
Michael R. - Gastautoren, Kinder und Jugendliche -
Im laufenden Jahr 2009 reihen sich Schlag auf Schlag die runden Gedenktage: Vor 70 Jahren begann der II. Weltkrieg, vor 60 Jahren wurden das Grundgesetz erlassen und die Bundesrepublik Deutschland und die DDR gegründet, vor 40 Jahren legalisierte der Bundestag Homosexualität unter Erwachsenen, vor 20 Jahren fiel die Berliner Mauer. Diese Jubiläen gemahnen an Daten deutscher Geschichte, die in Erinnerung zu halten die bundesrepublikanische Identität stützt. Inmitten dieser Gedenk- und Feiertage gerät leicht in Vergessenheit, dass im Zuge der deutschen Einheit auch eine politische Kuriosität der Nachkriegszeit sowie des Kalten Krieges ihr Ende fand: Das alte West-Berlin ging am 3. Oktober 1990 im wieder vereinten Deutschland auf und verlor seinen Sonderstatus, der über 40 Jahre lang in Stadt, Land und Kontinent präsent war. In seinem neuen Buch „Die Insel“ schreibt Wilfried Rott eine Geschichte West-Berlins von 1948 bis 1990. Er macht es sich zum Ziel, „einen Mikrokosmos lebendig werden zu lassen, in dem sich banale Stadt- mit dramatischer Weltgeschichte mischte und das Erhabene neben dem Peinlichen bestand.“ Damit sind konkret gemeint: Der pragmatische Wiederaufbau der zerbombten Stadt, das zähe Ringen um eine neue Ostpolitik nach dem Motto „Wandel durch Annäherung“, ein grotesk aufgeblähter öffentlicher Dienst nebst einer alternativen Projektelandschaft im Windschatten des Kapitalismus, unterfüttert durch die Standhaftigkeit der mehrheitlich plebejischen Insulaner, deren Alltag der Senat als Zirkus inszeniert.
[weiterlesen]
Andrea Bronstering - Gastautoren, Geschichte -