„Parteiübergreifende“ Verschiebung des Gedenkens in eine ferne Zukunft
Der offiziellen Senioren-Bezirksversammlung am 13. April im Rathaus Charlottenburg lag dieser Antrag vor:
„Die Senioren-BV fordert das Bezirksamt auf, nunmehr seine historische Verantwortung wahrzunehmen und am Ort des Zwangsarbeiterlagers seiner Vorgänger in der Wilhelmsaue 40 noch vor Ablauf der Wahlperiode im September 2016 für ein Gedenken zu sorgen.“
Der Bezirksbürgermeister (SPD) nahm dazu Stellung unter dem Motto „Seriosität vor Schnelligkeit“ (1): Um der Seriosität willen werde das Bezirksamt an das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit der Stiftung Topographie des Terrors oder an die Geschichtswerkstatt Schöneberg (2) den Auftrag erteilen, die Zwangsarbeit in Wilmersdorf und Charlottenburg „umfassend zu erforschen“. Erst dann solle das Gedenken im einzelnen geplant und realisiert werden. Und im übrigen habe man sich „parteiübergreifend“ darauf verständigt, daß „die Gedenktafelkommission (GTK) federführend“ sei; daher werde das Bezirksamt am Zwangsarbeiterlager seiner Vorgänger in der Wilhelmsaus 40 nicht von sich aus aktiv werden.
Es ist zu begrüßen, daß die Bezirksgremien nunmehr die Beschäftigung mit Zwangsarbeit als ihre Aufgabe erkannt haben – aber warum erst 1 ¼ Jahre nach dem ersten Anstoß?
Ebenfalls zu begrüßen ist, daß das Bezirksamt sich endlich an die Wehrmachtsauskunftsstelle (WASt) gewandt hat, um bestimmte Dokumente zur Wilhelmsaue 40 einsehen zu können (zwecks nochmaliger Bestätigung von Lage und Insassen) – aber warum erst 2 Monate nach der Auftragserteilung durch die GTK im Februar?
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Reise in ein Land, wo Töne der kostbarste Rohstoff sind.
Es herrscht die reine Willkür. Zum Schluß stellt sich dennoch heraus, daß alles seine rechtliche Ordnung hat.
Die Besucher des jüngsten Musiktheaterprojektes der Deutschen Oper - „Neuland“ - stehen erst einmal vor der Tür und dürfen zweifeln, ob sie überhaupt hereingelassen werden. Sie wissen nicht, ob sie willkommen oder gar unerwünscht sind oder nur geduldet werden. Unter ihnen sind zahlreiche auffällig gekleidete Personen. Es kann sein, daß die Deutsche Oper mit diesem Projekt besonders schrullige Modenarren anzieht oder aber ihre Darsteller schon vor der Oper unters Publikum mischt.
Die beiden Regisseure Martin G. Berger und Jonas Egloff steigen auf den Tresen der Garderobe, um die Besucher vor den fremden kulturellen Gegebenheiten in Blomagal, wie jenes Neuland heißt, daß sie gleich in der früheren Tischlerei der Oper betreten werden, zu warnen und ihnen zu raten, sich möglichst rasch anzupassen. Pärchenbildung ist beispielsweise in Blomagal ungeheurer obszön, denn hier geht man Dreierverbindungen ein. Wer das Glück hat, nicht gleich unvorbereitet in diese neue Welt gestoßen zu werden, erhält möglicherweise vorher einen kurzen Integrationskurs, wo er zumindest die sechs wichtigsten Worte des fremden Landes lernt: „Ja“, „nein“, „danke“, „bitte“, „Entschuldigung“ und „Scheiße“.
In einem Blomagalkurs werden die Besucher mit den wichtigsten
Vokabeln in der neuen Heimat vertraut gemacht.
Foto: Wecker
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FW - Gastautoren, Kunst und Kultur -
Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann und seine öffentliche Journalisten-Schelte
Nein, damit da ja keine Missverständnisse aufkommen: Der Journalisten-Hasser aus Ankara wütet in einer ganz anderen Liga. Pascha Erdogan ist in seiner ichsüchtigen Grenzenlosigkeit selbstverständlich unerreicht! Aber einen Mini-Sultan hat Charlottenburg-Wilmersdorf auch zu bieten – jedenfalls in Sachen Presse-Schelte.
Es war schon bemerkenswert, wie Reinhard Naumann in der Charlottenburg-Wilmersdorfer BVV am 17. März im Tagesordnungspunkt „Das Wort hat der Bezirksbürgermeister“ ablederte – über rbb-Mitarbeiter der „Klartext“-Redaktion.
Bürgermeister Naumann sprach von „schlechter Recherche“, „persönlichen, durch nichts begründeten Vorhaltungen“ und dem „Versuch, die Erkrankung der Kollegin Jantzen in der Öffentlichkeit zu diskreditieren“.
Die rbb-Reporter wollten recherchieren, warum die Grünen-Stadträtin Elfi Jantzen (Ressorts: Jugend, Familie, Sport, Umwelt) bereits seit einem Jahr krank ist, ihre Aufgaben ebenso lange durch die vier übrigen Bezirksamtsmitglieder - unter ihnen auch Reinhard Naumann - mit übernommen werden müssen, ohne dass noch immer ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Jantzen in Sicht ist. Der Beitrag erschien am 16. März.
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Holger J. - Gastautoren, Politik -
Gespräch mit Suse Raabe, Vorsitzende der Kolonie Friedrichshall in Schmargendorf
Die Kleingartenkolonie Oeynhausen besteht jetzt gewissermaßen aus drei Teilen: Oeynhausen Nord, das der Groth-Gruppe gehört und unterteilt ist in die im Januar von den Kleingärtnern geräumte westliche Hälfte und die noch als Kolonie bestehende östliche – im folgenden genannt Oeynhausen Nordwest bzw. Nordost –, sowie das im Senatsbesitz befindliche Oeynhausen Süd. Neben Oeynhausen Süd liegt Friedrichshall.
Umrandung schwarz: Oeynhausen Nordwest, Nordost und Entenschnabel;
blau: Oeynhausen Süd; gelb: Friedrichshall
Karte: Vermessungsamt Charlottenburg-Wilmersdorf
Frage: Wenn man heutzutage über den Zaun nach Oeynhausen Nordwest schaut, ist das ein trauriger Anblick, wie die 147 Parzellen (1) zerstört daliegen, obwohl es noch nicht einmal eine Baugenehmigung gibt. Und jetzt sollen dort also 700 Wohnungen, fast ausschließlich Eigentumswohnungen, entstehen?
Suse Raabe: Der Bürgerentscheid vom Mai 2014 mit fast 85.000 Stimmen für den vollständigen Erhalt der Kolonie wurde vom Bezirksamt ignoriert mit dem Argument „Kostenrisiko“ und er habe sowieso nur Empfehlungscharakter, genauso wie irgendein BVV-Beschluß. Übrigens: 700 Wohnungen stimmt nicht mehr. Groth darf jetzt dort sogar 900 bauen. Ich zitiere mal (2): „Jedes Zugeständnis, das der Bezirk der Groth-Gruppe mit Blick auf die städtebauliche Situation und die Folgen der Wohnbebauung abgerungen hat (Stadtplatz, Ausgleich für zusätzliche Schulplätze, Bau einer Kita und eines Vereinsheimes), hat sich die Groth-Gruppe mit Geschossflächenerhöhungen ausgleichen lassen.“ Das bedeutet jetzt im Ergebnis 90.000 m² Geschoßfläche (3) bei sechs Stockwerken und engerer Bebauung. Die Groth-Gruppe konnte dem Bezirksamt in wesentlichen Teilen hier die Planungshoheit aus der Hand nehmen.
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MichaelR - Gastautoren, Politik -
Die MieterWerkStadt-Charlottenburg lädt herzlich zum nächsten Treffen ein.
Der Senator für Stadtentwicklung, Andreas Geisel, hatte zum vierten Stadtforum eingeladen. Das Bezirksamt Pankow lädt zum 3. Forum über die Angemessenheit energetischer Sanierung ein. Der Pankower Mieterprotest wird dabei sein. In der ganzen Stadt beschäftigen sich zahlreiche Mieterinitiativen und auch einige engagierte Politiker mit den Themen Wohnen und Mieten.
Und was unternimmt das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf? Bisher waren der verantwortlichen Bezirkspolitik die Mieter nicht so besonders viel wert.
Nichts, rein gar nichts hat das Bezirksamt in den 5 Jahren seit der letzten Wahl für den Mieterschutz und für bezahlbare Mieten im Bezirk unternommen.
Mitglieder der Mieterwerkstadt-Charlottenburg haben zur nächsten Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf (BVV) am 21. April 2016 Einwohnerfragen an Stadtentwicklungstadtrat Marc Schulte (SPD) und alle in der BVV vertretenenen Fraktionen/Parteien/Fraktionlosen zu den "Aktivitäten im Bezirk zur Vorbereitung der Ausweisung von Milieuschutzgebieten" eingereicht.
Mittwoch, 6. April 2016 um 18:30 Uhr
Neue Christstr. 8 (MieterClub)
14059 Berlin-Charlottenburg
In der MieterWerkStadt-Charlottenburg haben sich Mieterinnen und Mieter
aus Charlottenburg und auch aus Wilmersdorf zusammengetan weil die
Mieten ständig übermäßig steigen, weil es für Menschen mit geringeren
oder mittleren Einkommen immer schwieriger wird eine Wohnung zu finden
und weil viele bereits akut von Verdrängung bedroht sind.
Wir beteiligen uns an der
Diskussion über die Perspektiven von mietenpolitischen Initiativen im
Bezirk und der Mieterbewegung in Berlin. Themen sind z.B. soziale
Erhaltungssatzungen (Milieuschutz), Zweckentfremdungsverbot,
Mietpreisbremse, (energetische) Sanierungen und Modernisierungen mit
erheblichen Mietsteigerungen, usw. Aber wir wollen auch einen ersten
Anlaufpunkt und Unterstützung für alle Mieter in der Nachbarschaft anbieten. Die Treffen
finden in den Räumen des Mieterclubs statt, die der Mieterbeirat Klausenerplatz
freundlicherweise zur Verfügung stellt. Alle Interessierten, bereits
betroffene Mieter und weitere Mitstreiter sind immer herzlich
eingeladen.
Treffen: jeden 1. Mittwoch im Monat um 18:30 Uhr
Mieterclub, Neue Christstr. 8
Kontakt: mieter-werk-stadt@web.de
MieterWerkStadt-Charlottenburg - Gastautoren, Kiez, Politik -
Sonntag schließt die 35. „Fortuna“
Am 8. Oktober vorigen Jahres wurde ein Charlottenburger Bürger zu Grabe getragen, der mit der Weekend Gallery in der Schloßstraße 62 Charlottenburg zum Anziehungspunkt und zum Impulsgeber für zahlreiche Künstler von internationalem Ruf machte: Jaques Naoum. Alles in allem waren es über 1000 Künstler von Japan bis Finnland über Frankreich, die USA und Lateinamerika, die er in der Weekend Gallery präsentierte. Heute erweist sich, daß seine Strahlkraft über den Tod hinaus reicht.
Höhepunkt im Leben der Weekend Gallery war die „Fortuna“. Sie ist Ausstellung und Jahresfest der Galerie, auf dem noch einmal Werke all jener Künstler gezeigt werden, die in der vergangenen Saison in der Galerie ausgestellt worden waren, zugleich. Jaques Naoum ist tot und auch seine Galerie ist schon längst aus dem Gewölbe verschwunden. Dennoch findet die 35. „Fortuna“ statt. Vorübergehend hat die Weekend Gallery eine Unterkunft in der Toscana-Kunsthalle im ECC-Atelierhaus in Weißensee gefunden und virtuell existiert sie dank Yair Meshoulam auf Facebook als „Weekend Gallery London-Berlin“ weiter: www.facebook.com/WeekendGalleryLondonBerlin.
Auf dieser Seite sind detaillierte Berichte und Kommentare zur 35. „Fortuna“ zu finden, die nunmehr am Sonntag, 3. April, ab 16 Uhr mit dem traditionellen Abschiedsfest bei Musik, Lesungen und einem Buffet in der Neumagener Straße 27 in 13088 Berlin ausklingt. Die „Fortuna“ wurde auch dank der Versteigerungen zu einer Legende. Immer wieder sicherte der Charlottenburger Maler Wilhelm Schläger der sich ohne staatliche Zuwendungen über Wasser haltenden Galerie das Überleben, indem er seine Arbeiten für die Versteigerungen zur Verfügung stellte. Der 1990 verstorbene Künstler war Mentor der Weekend Gallery und der entscheidende Förderer von Jaques Naoum. In seinen ausliegenden Skizzenmappen sind immer noch Kostbarkeiten zu entdecken.
Hanna Mauermann und ihre Installation: „Oskars Vision einer neuen Welt“.
Foto: Wecker
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FW - Gastautoren, Kunst und Kultur -
Ende Oktober 2016 will die Kaiserdamm IG – „die Interessengemeinschaft der Fachgeschäfte, dienstleistenden Unternehmen und Handwerksbetriebe am Kaiserdamm“ – zusammen mit uns allen den eigentlich erst im Dezember fälligen 110. Geburtstag des Kaiserdamms feiern, und dabei will man „eine der wichtigsten Trumpfkarten spielen: die Geschichte“. Schauen wir also auf die Geschichte dieser Straße, zumal deren heutige Trumpfkarten nicht so recht zu stechen scheinen – ist die einstige Prachtstraße doch als Straße der Kategorie I in erster Linie eine 1600 Meter lange, stark frequentierte Bundesstraße mit vier Fahrspuren in jeder Richtung sowie Autobahnanschluß und daher für den menschlichen Aufenthalt nicht wirklich geeignet (1).
Der Kaiserdamm als Bundesstraße 2 und 5
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Zum bisherigen Stand:
Dreizehn Monate, nachdem öffentlich bekannt wurde, daß es in der Wilhelmsaue in Wilmersdorf ein Zwangsarbeiterlager des Bezirksamtes gab, hat nunmehr auch die Gedenktafelkommission (GTK) auf ihrer Sitzung vom 16.2.2016 akzeptiert, daß sich dort eines befand – aber wo nur? Und wer betrieb
es? (1)
Wo: Um ganz sicher zu gehen, daß die bisher bekannte Hausnummer 40 wirklich stimmt, beauftragte die GTK das Bezirksamt (= Leiterin des Kunstamtes, selbst Mitglied der GTK), bei der Wehrmachtsauskunftsstelle (WASt) nachzufragen.
Allerdings ist dort auch nach über drei Wochen ihre Anfrage nicht eingegangen. Der Grund dafür ist wahlweise a) daß der Beauftragten dies wegen sonstiger Aufgaben bisher einfach noch nicht gelungen ist – Überlastung! – oder b) weil man im Bezirksamt (= Kulturstadträtin) etwas falsch verstanden (?) hat (so ihre Auskunft auf der Sitzung des Kulturausschusses am 2.3.2016) – Mißverständnis! Um diese inneren Reibungsverluste behördlicher Tätigkeit zu mildern, habe ich lieber selbst angefragt. Das Ergebnis:
Die Liste des Polizeireviers 151 vom 11.1.1946 aus der Akte „Ausländer, die in Berlin polizeilich gemeldet waren“, enthält tatsächlich eine Vielzahl von Eintragungen für Wilhelmsaue 39/40.
Die mir vorliegende (nicht zur Veröffentlichung freigegebene) Kopie habe ich an die Mitglieder der GTK und das Bezirksamt (= Bürgermeister) weitergeleitet. Damit wäre wenigstens dieses Verifizierungsproblem gelöst. (Falls die GTK sich außerdem noch Kopien von der WASt zuschicken lassen möchte, bedarf es jedoch „einer offiziellen Anfrage einer Behördeneinrichtung mit Angabe des Verwendungszwecks“ (Email der WASt an Verf.). Mein Vorschlag: dies am besten gleich umgehend zu machen, ehe böse Zungen den Vorwurf der Verschleppung erheben könnten.)
Betreiber: Bleibt also noch die Frage nach dem Betreiber. Gut, daß es zwei Dokumente (2) gibt, die für jedermann erkennbar belegen, daß das Bezirksamt Wilmersdorf nicht nur 1. sich selbst als Betreiber bezeichnete, sondern 2. selbst den Arbeitseinsatz der Zwangsarbeiter gemäß seinen eigenen Verwaltungsinteressen regelte – und niemand anders.
Ausschnitt aus einem Schreiben des Bezirksbürgermeisters des Verwaltungsbezirks Wilmersdorf
der Reichshauptstadt Berlin vom 30. April 1944 an die Herren Dienststellenleiter
(Archiv Museum Charlottenburg-Wilmersdorf, 3962-1)
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Die mitgebrachten Protestplakate blieben am Boden.
Im Nachbarbezirk Schöneberg verhandelte die BVV mit einer Großen Anfrage und einer Dringlichen Willensbekundung den Entzug der Arbeitsgrundlage für einen gemeinnützigen Verein, der sich seit Jahrzehnten sehr erfolgreich einem der vordringlichsten Probleme widmet: der Integration.
Dieser Vorgang ist politisch nicht gewollt, jedoch steht die Politik abermals machtlos vor den Verhältnissen. Die werden diesmal vom Immobilienmarkt diktiert.
Der Verein „Harmonie“ hat seinen Sitz in der Katzlerstraße, die schon seit nahezu einem Jahr mit Transparenten des Mieterprotestes der Interessengemeinschaft „Großgörschen & Katzler“ geschmückt ist. An der Einmündung zur Großgörschenstraße befinden sich die Häuser im Bundesbesitz. Von der zuständigen Bundesbehörde, der BIMA, werden sie meistbietend angepriesen, was, wie die Bürgermeisterin feststellt, zur Folge hat, „daß der Erwerber bereits beginnt, für das Gebiet wertvolle Einrichtungen zu vertreiben“. Dieser Ausverkauf hat bereits Wellen bis in den Bundestag geschlagen. Nunmehr hat es nicht nur Mieter getroffen, sondern auch jenen Verein „Harmonie“ mit seiner wichtigen Integrationsarbeit. Er hat die Kündigung erhalten und ist aufgefordert, bis Ende des Monats seine Räume zu verlassen. Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) hat in der Beantwortung der Großen Anfrage das Vorgehen der BIMA „aufs schärfste mißbilligt“ aber gleichzeitig auch eingeräumt, das das Bezirksamt „keine wehrfähige Rechtsposition“ habe, die es ihm ermöglichen würde, die Kündigung zu revidieren. Dieser Mißbilligung schlossen sich alle Parteien an. In der einstimmig – auch ohne jegliche Enthaltung – beschlossenen Willensbekundung heißt es: „“Harmonie leistet seit vielen Jahren beständig eine engagierte Arbeit. Die Bezirksverordnetenversammlung hat keinerlei Verständnis dafür, daß die BIMA vor der gerichtlichen Klärung Fakten schaffen wolle, Fakten die eindeutig gegen die Interessen des Bezirkes gerichtet sind“.
Dem Verein Harmonie ist es bislang nicht gelungen, auf dem angespannten Immobilienmarkt neue bezahlbare Räume zu finden. Die juristische Auseinandersetzung wird sich wahrscheinlich länger hinziehen, als es der Verein mit seinen beschränkten Mitteln durchstehen kann.
Solches Vorgehen ist in ganz Berlin und auch am Klausenerplatz bekannt. Doch dieser Fall hat noch einen weiteren Aspekt, der selbst über die bundespolitische Bedeutung hinausreicht. Der Verein „Harmonie“ hat seine Wurzeln in Spandau. Dort gründete er sich 1998 aus einer Selbsthilfegruppe von rußlanddeutschen Spätaussiedlern. Heute steht dieser Verein allen Nationalitäten offen und hat dank seiner arabischstämmigen Mitglieder auch aktuell beachtliche Erfolge bei der Integration von Flüchtlingen aufzuweisen. Nach wie vor bilden jedoch die Rußlanddeutschen den Kern des Vereins. Gerade mit dieser Volksgruppe wollen russische Politiker derzeit demonstrieren, daß sie in der Lage wären, auch in Berlin eine Art Maidan zu inszenieren. Sie mobilisierten nahezu 1000 „empörte“ Bürger, die vor dem Kanzleramt krakelten. Hintergrund bildete eine vom russischen Fernsehen verbreitete Mär, daß ein rußlanddeutsches Mädchen vergewaltigt worden sei und die deutschen Behörden dieses Verbrechen vertuschen wollten. Die Kündigung von „Harmonie“ ist dagegen keine erlogene Geschichte. Hier werden wirklich Rußlanddeutsche gegen Flüchttlinge ausgespielt, denn in die Räume soll ein Verein einziehen, der sich um syrische Flüchtlinge kümmert. Dieser Verein soll ursprünglich die Räume kostenlos nunmehr aber zu einem deutlich geförderten Mietzins erhalten. Hier arbeitet die Bundesrepublik Putin direkt in die Hände.
Auf den Zuschauerbänken im Rathaus Schöneberg waren nur die rußlanddeutschen Mitglieder von „Harmonie“ vertreten. Angesichts der uneingeschränkten Unterstützung ihres Anliegen durch den Bezirk verzichteten sie auf jeglich Demonstration mit den vorbereiteten Plakaten.
FW
Letztlich verzichteten die Mitglieder von Harmonie auf den im Rathaus geplanten Protest.
Foto: Wecker
FW - Gastautoren, Gesellschaft -
Dreimal Thalbach in der „Glasmenagerie“
„Die Glasmenagerie“ von Tennessee Williams gehörte zu jenen Stücken, die den Theaterhunger des Berliner Publikums unmittelbar nach dem II. Weltkrieg stillten. „Wir sind noch einmal davongekommen“ von Thornton Wilder brachte schon im Titel die Stimmung und den Lebenshunger in der Trümmerstadt Berlin auf dem Punkt.
Es waren Stücke, die in jener Zeit entstanden, als das deutsche Theaterpublikum von den neuen Produktionen im „Feindesland“ abgeschnitten war. Die Besatzungsmächte kamen im Rahmen eines „Umerziehungsprogramms“ dem Nachholebedarf der Deutschen, die nach langer Zeit der Isolation die moderne Literatur förmlich aufsogen, entgegen.
Dieses Sensationelle haftet dem Stück „Die Glasmenagerie“ heute nicht mehr, das in der Komödie am Kurfürstendamm noch bis zum 17. April auf dem Spielplan steht, an. Dennoch hat die Regisseurin in ihrer Inszenierung Akzente gesetzt, die erneut aufhorchen lassen.
Nellie und Anna Thalbach sind in „Die Glasmenagerie“ wie im wahren Leben Mutter und Tochter.
Nellie und Anna Thalbach sehnen sich in „Die Glasmenagerie“ nach einer lebenswerten Zukunft.
Fotos: Wecker
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FW - Gastautoren, Kunst und Kultur -
In Erinnerung an G. und H. G.
Bis in die ersten Monate des Jahres 1933 hinein konnten zwei Mädchen aus ihrem Kinderzimmer am Südende der Straße direkt gegenüber ins Wohnzimmer des Hellsehers Erik Jan Hanussen schauen, der sich in dem Eckhaus Lietzenburger Straße 16 (jetzt: 100) und Bleibtreustraße 28 einen „Palast des Okkultismus“ eingerichtet hatte. Dann wurde er Ende März von der SA verschleppt und ermordet. „Offenbar wusste der Hellseher zu viel über die Vorgänge hinter den Kulissen der SA, hatte sich zudem ausgerechnet als Jude bei Hitlers Schergen einzuschmeicheln versucht. Dass man zugleich einen Gläubiger los wurde, kam den Mördern sicher gelegen.“
Am anderen Ende der Straße, auf Nr. 2, gleich neben der Jazzkneipe A-Trane, liegt das einzige unbebaute Grundstück der Straße. Dort befand sich ein Wohnhaus, in dessen Keller 1926/27 ein jüdisches Tauchbad zur rituellen Reinigung eingerichtet worden war. Ab 1939 wurde das Gebäude als „Judenhaus” genutzt, um dort Menschen zwangsweise einzuquartieren, bevor sie im Konzentrationslager landeten und ermordet wurden. Heutzutage ist dort ein Spielplatz. Die umfangreichen Informationstafeln an der linken Wand wurden Ende 2015 entfernt, nachdem sie wiederholt beschädigt worden waren.
Bleibtreustraße 2
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Gern wird – je näher der Wahltag kommt (hier: der 18. September), desto mehr – von Parteien wie SPD, Grüner Partei und CDU von „Bürgerbeteiligung“ geredet. Ebenfalls gern werden von diesen Parteien auch Modelle für mehr Bürgerbeteiligung entwickelt und in Seminaren und öffentlichen Veranstaltungen unter die Wähler gebracht.
Das zutiefst Komische daran ist, daß es letztlich immer darum geht, daß dieselben Parteifunktionäre, die unter der Bezeichnung „Volksvertreter“ das alleinige Sagen über das Volk haben, dabei vorschlagen, wie das von ihnen vertretene Volk gegen eben diese selben Parteifunktionäre etwas durchsetzen könnte.
Aber wenden wir uns von dieser Art höherer Politikkomik ab und schauen auf den Alltag, und zwar nach ganz unten, auf die banalsten Formen der Bürgerbeteiligung, eher: deren Vor-Formen oder zwingende Voraussetzungen – schauen wir also auf den Umgang von Politikern dieser drei Parteien mit Bürgern und Öffentlichkeit. Als Illustration für die Handhabung dieser Primitivformen von Bürgerbeteiligung sollen einige Ereignisse rund um die letzte Sitzung der Gedenktafelkommission (16.2.2016) dienen.
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MichaelR - Gastautoren, Politik -
„Die Sache Makropulos“ an der Deutschen Oper
„Das Ewigweibliche zieht uns hinan“, mit diesen Worten läßt Goethe das große deutsche Nationalepo „Faust“ ausklingen. Dem schon greisen Dichterfürsten führte die gleiche Triebfeder die Hand, die auch Leos Janacek zu seinen bedeutenden nationalen Musikwerken der Tschechen inspiriert hatte.
Was dem Goethe seine Ulrike von Levetzow war Leos Janacek die Kamila Stösslová, der die Nachwelt etliche musikalische Meisterwerke unter anderem die Oper „Das schlaue Füchslein“ zu verdanken hat, die an der Deutschen Oper 2000 Premiere hatte. Jetzt wird der Janacek-Schwerpunkt an der Deutschen Oper mit der Premiere von „Die Sache Makropulos“ fortgeführt, die wie schon das „schlaue Füchslein“ von der unerfüllten Liebe des Komponisten zu der wesentlich jüngeren Kamila Stösslová inspiriert ist. Für Janacek war die Melodik seiner Muttersprache von großer Bedeutung. In seinen Kompositionen geht deshalb der Text eine enge Verbindung mit der Musik ein. Deshalb hat sich die Deutsche Oper entschlossen, diese Verbindung nicht durch eine Übersetzung aufzubrechen und die Oper in tschechischer Sprache aufzuführen. Die Dialoge werden deutsch und englisch übertitelt.
Mit den Regisseuren Katharina Thalbach und David Hermann sowie der musikalischen Leitung von Donald Runnicles wird dieser Janacek-Schwerpunkt herausragenden Künstlern anvertraut, die dem Haus zur Verfügung stehen.
Wichtiger noch als diese Kontinuität ist die Linie der Frauenfiguren von der „Lady Macbeth von Mzensk“ über „Salome“ bis zur jüngsten Premiere weitergeführt wird. Es sind Frauen, die die gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit aufsprengen und bis zur letzten Konsequenz kompromißlos ihre Lebensansprüche durchsetzen. Für die Verkörperung solcher Frauen setzt Evely Herlitzius an der Deutschen Oper mittlerweile Maßstäbe, was sie erst kürzlich in der Titelrolle der „Lady Macbeth von Mzensk“ zeigte.
Erstaunt fragen sich die Anwälte, woher Emilia Marty (sitzend) die
Kentniss
von über 100 Jahren zurückliegender Vorgänge hat.
Foto: Wecker
Emilia Marty sucht die Rezeptur des lebenverlängernden Elixiers.
Foto: Wecker
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FW - Gastautoren, Kunst und Kultur -
Der Bezirksbürgermeister (SPD) in der Gedenktafelkommission
Bei der Sitzung der Gedenktafelkommission am 16. Februar war zum ersten Mal der Bezirksbürgermeister anwesend. Warum? Suchte er wenigstens hier das Gespräch mit den Befürwortern eines Gedenkens am Ort des Zwangsarbeiterlagers seiner Vorgänger in Wilhelmsaue 40? Denn im November 2015 hatte er ein zugesagtes Treffen abgelehnt und dafür seine Teilnahme an dieser Sitzung angekündigt. Aber auch hier sprach er kein Wort mit den Befürwortern, stellte ihnen keine einzige klärende Frage, obwohl er doch betont hatte, „die Fakten müssen klar sein“.
Warum also verbrachte der Bezirksbürgermeister, der keine Zeit für das zugesagte Gespräch gehabt hatte, jetzt 45 Minuten seiner knappen Zeit in dieser Sitzung?
Die Antwort findet sich in seinen beiden Redebeiträgen.
Im ersten Beitrag gab er die Linie der Sitzung vor, indem er die
Notwendigkeit, sorgfältig zu forschen, betonte, denn „nichts ist
abträglicher als ein Schnellschuß, der später korrigiert werden müßte“. –
Richtig, aber sorgfältige Recherche ist doch eine
Selbstverständlichkeit, wird aber gern von denjenigen besonders
eindringlich gefordert, denen es eigentlich um Verzögerung oder
Verhinderung geht. Daß dies auch hier zutrifft, ergibt sich schon
daraus, daß die Beschäftigung mit den Zwangsarbeitern bereits seit einem
Jahr in den Gremien dieses Bezirkes (BVV, Kulturausschuß,
Gedenktafelkommission, Bezirksbürgermeister und Bezirksamtskollegium)
auf der Stelle tritt. Daher erweist sich seine Feststellung, daß er die
Erinnerung an sie für „notwendig“ und „überfällig“ halte (Email vom
16.11.2015 an den Verf.), als eine bloße Floskel. (Im Laufe der Sitzung
sprang das CDU-Mitglied der Kommission ihm bei, „ damit nicht jemand
kommt und sagt, die Gedenktafelkommission hat nicht sorgfältig
gearbeitet, die Tafel ist am falschen Ort. Daher arbeiten wir in aller
Ruhe.“ Das war im übrigen ihr einziger Redebeitrag in über einer Stunde
Sitzung.)
In seinem zweiten Beitrag – gefragt, ob das Bezirksamt zu seiner
Geschichte stehe und historische Verantwortung für die Taten seiner
Vorgänger übernehme – verwies der Bezirksbürgermeister auf
„demokratische Arbeitsteilung“, woraus folge, daß „alle Bezirksgremien
gemeinsam eine Entscheidung treffen. Die Federführung liegt bei der
Gedenktafelkommission, ihr zugeordnet ist das Kunstamt, nicht der
Bezirksbürgermeister.“ Auch verwies er darauf, daß seine Amtsvorgänger
damals nur „der verlängerte Arm der Gauleitung“ gewesen seien – wollte
er damit sagen, daß sie nur Marionetten waren und es folglich keine
historische Verantwortung für das Bezirksamtskollegium (SPD & CDU)
zu übernehmen gäbe? (1)
Der Bezirksbürgermeister und die übrigen Mitglieder des
Bezirksamtskollegium wollen also nicht selbst zur Geschichte des
Bezirksamtes Wilmersdorf stehen und daraus praktische Konsequenzen
ziehen, sondern dies lieber anderen überlassen, und zwar irgendwann in
der Zukunft, möglichst aber nicht vor der nächsten Wahl Ende September.
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MichaelR - Gastautoren, Geschichte -
Initiativen wollen Volksgesetz
71 Initiativen haben im ersten Anlauf den Aufruf „Hände weg vom Volksentscheid“ unterzeichnet, darunter auch das Kiez-Web-Team Klausenerplatz.
Der Aufruf wurde von einigen Berliner Initiativen darunter dem Berliner Wassertisch, der den ersten Berliner Volksentscheid zum Erfolg geführt hat, „Berliner Mieten Volksentscheid“, dem Berliner Energietisch und „100% Tempelhofer Feld“ entworfen und in Umlauf gebracht. Am 11. Februar luden diese Initiativen erneut zu einer Pressekonferenz, weil mit einer Gesetzesinitiative des Senats die direkte demokratische Einflußnahme zu Fall gebracht oder zumindest künftig arg behindert werden sollte. Ein Alarmzeichen setzt die Entscheidung über die Bebauung des Tempelhofer Feldes. Per Volksentscheid hatten 740 000 Berliner durchgesetzt, daß das Tempelhofer Feld nicht bebaut werden darf. Mit der Arroganz der Macht hat das Abgeordnetenhaus beschlossen, daß dieser von den Bürgern zum Gesetz erhobene Wille nicht mehr gilt.
Pressekonferenz der Initiativen „Hände weg vom Volksentscheid“:
Rouzbeh
Taheri von Mietenvolksentscheid e. V., Dr. Michael Efler vom Berliner
Energietisch
und Dorothea Härlin vom Berliner Wassertisch.
Foto: Wecker
Am Montag, 15. Februar, verhandelt nun der Innenausschuß des Abgeordnetenhauses einen Gesetzentwurf, der die direkte Demokratie erschweren soll, um solche offensichtlichen Rechtsbrüche künftig zu vermeiden. Beim Quorum soll die Höhe der ungültigen Einträge dadurch gesteigert werden, daß die formellen Anforderungen an die Bürger bei ihrer Zeichnung in den Listen erhöht werden. Schließlich will sich das Abgeordnetenhaus künftig seine Kampagnen gegen die Volksentscheide in unbegrenzter Höhe aus Steuermitteln finanzieren lassen. Viele törichte formelle Anforderungen an die Listeneinträge wurden nach den ersten Protesten im neuen Gesetzesentwurf bereits zurückgenommen. Nunmehr richtet sich der Widerstand der Initiativen gegen die Finanzierung der Senatskampagnen, für die bisher ein unbegrenzter Finanzierungstopf vorgesehen ist.
Mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgen die Vertreter der Initiativen die Pressekonferenz.
Foto: Wecker
Um sich gegen solche Attacken zu wehren, erwägen die Initiatoren, einen Volksentscheid für ein demokratischeres Volksgesetz herbeizuführen. Angelpunkt ist, daß die Abgeordneten derzeit mit einer einfachen Parlamentsmehrheit den Volkswillen kippen können, obwohl sie teilweise weit weniger Bürger repräsentieren, als die Initiativen für die Bürgeranliegen mobilisieren können. Oftmals sind es die gleichen Bürger, die den Repräsentanten der Parteien zur Wahl ihr Vertrauen geschenkt haben, aber dann hinterher aus „Sachzwängen“ von ihnen verraten und verkauft werden.
Frank Wecker
FW - Gastautoren, Gesellschaft -